Demokratien unter Druck: Ein Projekt gegen Desinformation stärkt den Bürgerdialog

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Bürgergutachten fordert Pflichtfach Medienkompetenz und klare Regeln für Social-Media-Plattformen

In einer Zeit, in der Desinformation zunehmend demokratische Prozesse gefährdet, haben verschiedene Organisationen gemeinsam das Projekt »Forum gegen Fakes - Gemeinsam für eine starke Demokratie« ins Leben gerufen.

Ziel der Initiative, die von der Bertelsmann Stiftung in Kooperation mit dem Bundesministerium des Innern (BMI), der Stiftung Mercator und der Michael Otto Foundation for Sustainability umgesetzt wird, ist es, eine breite gesellschaftliche Debatte über das Problem der Desinformation anzustoßen. Im Mittelpunkt stehen innovative Bürgerbeteiligungsformate, die den demokratischen Dialog fördern sollen.

Bürgerratschlag und Bürgergutachten

Im Rahmen des Projekts trafen sich am 12. September 2024 Bürgerinnen und Bürger auf Einladung des BMI, um mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser über den Umgang mit Desinformation zu diskutieren.

Dieser Dialog mündete in die Übergabe eines Bürgergutachtens mit konkreten Vorschlägen zur Bekämpfung von Desinformation. Das Bürgergutachten ist das Ergebnis einer intensiven Zusammenarbeit zwischen den Projektpartnern und der Zivilgesellschaft.

Bereits zwischen Januar und Juli 2024 hatten sich rund 424.000 Menschen aus ganz Deutschland an dem Projekt beteiligt. Über eine eigens eingerichtete Online-Plattform reichten die Bürgerinnen und Bürger mehr als 3.300 Vorschläge ein, wie der Verbreitung von Falschinformationen im Netz wirksam begegnet werden kann.

Ein eigens eingerichteter Bürgerrat, bestehend aus über 120 zufällig ausgewählten Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit unterschiedlichem geografischen und sozialen Hintergrund, sichtete diese Vorschläge und diskutierte sie in mehreren Runden. Begleitet von Expertinnen und Experten aus verschiedenen Fachbereichen erarbeitete der Bürgerrat fundierte Empfehlungen, die den Rahmen für das abschließende Bürgergutachten bildeten.

Maßnahmenvorschläge gegen Desinformation

Am Ende des Projekts steht nun ein Bürgergutachten mit 15 zentralen Empfehlungen und 28 konkreten Maßnahmen, die sich an verschiedene gesellschaftliche Akteure richten. Die Empfehlungen richten sich nicht nur an politische Entscheidungsträger, sondern auch an Medienunternehmen, die Wirtschaft, Bildungseinrichtungen und zivilgesellschaftliche Organisationen. Besonders hervorgehoben wird die Notwendigkeit, die Medienkompetenz der Bevölkerung zu stärken.

Der Bürgerrat schlägt vor, Medienkompetenz als Pflichtmodul in das Lehramtsstudium aufzunehmen, um angehende Lehrer gezielt auf die Vermittlung dieses Themas vorzubereiten.

Diese Maßnahme sollte alle Schularten umfassen, damit Schülerinnen und Schüler frühzeitig lernen, kritisch mit Informationen umzugehen und Desinformation zu erkennen. Die gezielte Förderung von Medienkompetenz wird als entscheidender Faktor im Kampf gegen die Verbreitung von Falschinformationen angesehen.

Darüber hinaus fordern die Bürgerinnen und Bürger eine bessere Nachvollziehbarkeit der Quellen von Online-Artikeln und Social-Media-Posts. Gerade in Zeiten von künstlich generierten Inhalten ist es wichtig, dass die Leserinnen und Leser klar erkennen können, wer hinter einer Information steht. Der Bürgerrat plädiert daher auch für eine klare Kennzeichnung von Inhalten, die von Künstlicher Intelligenz (KI) erstellt wurden.

Eine weitere zentrale Empfehlung betrifft die Einrichtung einer Anlaufstelle, bei der Bürgerinnen und Bürger sowie Journalistinnen und Journalisten Desinformationen melden, prüfen und korrigieren lassen können.

Diese Anlaufstelle soll auch beratend tätig sein und Hilfestellung im Umgang mit Desinformation geben. Darüber hinaus wird gefordert, Social-Media-Plattformen stärker in die Verantwortung zu nehmen. Plattformbetreiber sollten verpflichtet werden, Maßnahmen gegen die Verbreitung von Desinformation zu ergreifen und diese konsequent umzusetzen.

Diskussion zur Umsetzung: Herausforderungen und Chancen

Mit der Übergabe des Bürgergutachtens fand das Projekt »Forum gegen Fakes« seinen offiziellen Abschluss. Im Rahmen einer abschließenden Podiumsdiskussion diskutierten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Bürgergutachtens mit Bundesinnenministerin Faeser sowie Vertreterinnen und Vertretern der Zivilgesellschaft, von Online-Plattformen, Bildungseinrichtungen und der Wirtschaft über die vorgeschlagenen Maßnahmen und deren mögliche Umsetzung. Dabei wurde nicht nur über die Bedeutung der Bekämpfung von Desinformation diskutiert, sondern auch über die Herausforderungen bei der Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen.

Ein zentrales Thema war dabei die Frage, wie die vorgeschlagenen Maßnahmen in den politischen und gesellschaftlichen Alltag integriert werden können. Insbesondere die Rolle von Social Media Plattformen und die Verantwortung der Betreiber wurden intensiv diskutiert. Die Teilnehmenden betonten die Notwendigkeit einer stärkeren Regulierung dieser Plattformen und klarer Richtlinien, um der Verbreitung von Falschinformationen wirksam zu begegnen.

Hervorgehoben wurde auch die Bedeutung der Zusammenarbeit verschiedener gesellschaftlicher Akteure. Nur durch eine enge Kooperation von Politik, Wirtschaft, Medien, Bildungseinrichtungen und Zivilgesellschaft könne es gelingen, Desinformation nachhaltig zu bekämpfen und das Vertrauen in demokratische Prozesse zu stärken.


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