Digitalisierung: Mit alternsgerechtem Arbeiten die Produktivität sichern

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Digitalisierung und Demografie verändern die Arbeitswelt, gerade in der Industrie. Der Demografie-Fachtag des Thüringer Netzwerks Demografie und der vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales geförderten Initiative Neue Qualität der Arbeit diskutierte am 25. April in Erfurt wie Unternehmen auf eine älter werdende Belegschaft reagieren können und präsentierte Projekte aus der betrieblichen Praxis.

Den Fachtag eröffnete Heike Werner, Thüringer Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie: »Mit alternsgerechten Arbeitsbedingungen vermeiden Betriebe Ausfälle, sichern Fachkräfte und damit ihre Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit. Daher ist es wichtig, gute Beispiele in Thüringen auszuzeichnen, von denen andere lernen können«. Sie überreichte das Demografiesiegel an die Arbeiterwohlfahrt Saalfeld gGmbH, die Eisenacher Versorgungs-Betriebe GmbH und das Ingenieurbüro Uwe Neubauer, die bereits mit Projekten für alternsgerechtes Arbeiten mit gutem Beispiel vorangehen.

Roswitha Weitz, IWT - Institut der Wirtschaft Thüringens GmbH, veranstaltete den Fachtag: »Altern ist beeinflussbar: Damit Unternehmen so lange wie möglich von der Erfahrung Älterer profitieren, müssen sie u. a. belastungsarme und ergonomische Arbeitsplätze sowie altersgemischte Teams schaffen. Einige in der Region sind hier bereits auf einem guten Weg«.

Dr. Götz Richter, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin: »In der Produktion trifft die Digitalisierung auf ältere Belegschaften. Das erfordert Konzepte, die die Stärken und die Belastungshistorie der Beschäftigten berücksichtigen. Dabei unterstützt die Initiative Neue Qualität der Arbeit mit einem Demografie-Check und dem Beratungsprogramm unternehmensWert:Mensch«.

Richter ist Mitherausgeber des Handbuchs »Produktionsarbeit in Deutschland – mit alternden Belegschaften«, das in 40 Beiträgen Perspektiven von Arbeitgeberseite, Gewerkschaften, Forschung, Politik und Betrieben bündelt. Es beschreibt Chancen und Herausforderungen beim Einsatz älterer Beschäftigter in der Produktion und richtet sich an Führungs- und Fachkräfte für Arbeitssicherheit und Beschäftigte im Personalwesen. Es analysiert Arbeitsanforderungen sowie körperliche und psychische Belastungen und präsentiert aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse sowie Praxisbeispiele von Audi, Continental, Robert Bosch und Daimler. Sie zeigen, wie Betriebe Arbeitsplätze alternsgerecht gestalten können: von Entlastungen durch Assistenzsysteme bis zu organisatorischen Veränderungen wie flexible Arbeitszeiten, Jobrotation, gemischte Teams oder einem Betrieblichem Gesundheits- und Eingliederungsmanagement. Das Handbuch entstand unter dem Dach der Initiative Neue Qualität der Arbeit des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, die Unternehmen beim Demografiemanagement unterstützt.

Autor Dr.-Ing. Frank Lennings, Institut für angewandte Arbeitswissenschaft e.V., nennt beim Demografie-Fachtag auf die Frage »Wie können wir Produktionsarbeit in Deutschland halten?« folgende Handlungsfelder: Konzentration auf Wertschöpfung, systematische methodenbasierte Rationalisierung, geführte Gruppenarbeit, anforderungsgerechte Stellenbesetzung und Qualifikation, Personalentwicklung und Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit sowie Zeitorganisation. Christoph Bachmann, Bereichsleitung Arbeitssicherheit/ Umweltschutz/ Betriebliches Gesundheitsmanagement, ContiTech AG, stellte das Projekt "Fachkräftesicherung durch altersstabile Arbeitsgestaltung" von Continental vor, das ergonomische Arbeitsplätze und eine Gefährdungsbeurteilung per Ampelsystem umfasst. Impulse aus der betrieblichen Praxis gaben auch Sabine Voigt, Voigt electronic GmbH, und André Niemann, Peterseim Strickwaren GmbH. Bei einem Markt der Möglichkeiten stellten sich diverse Beratungsprojekte für den Mittelstand vor, unter anderen die Thüringer Agentur Für Fachkräftegewinnung, das Thüringer Netzwerk Demografie sowie unternehmensWert:Mensch und das Audit »Zukunftsfähige Unternehmenskultur« der vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales geförderten Initiative Neue Qualität der Arbeit.

Botschaften des Tages

Demografie und Digitalisierung revolutionieren die Arbeitswelt – gerade in der Produktion

Digitalisierung, Arbeit 4.0, Smart Factory – die Arbeitswelt verändert sich rasant: Anforderungen werden komplexer, die Verdichtung nimmt zu. Der demografische Wandel erhöht den Handlungsbedarf. Das Durchschnittsalter der Beschäftigten hat sich von 40 (2000) auf 45 Jahre (2013) erhöht und wird 2030 bei 47 Jahre liegen. Von 2005 bis 2016 stieg bei den 60- bis 64-Jährigen der Anteil der Erwerbstätigen von 28 auf 56%. Ende der 2020er Jahre wird ein Fünftel der Erwerbsfähigen zwischen 60 und 67 Jahre alt sein.

Psychische Belastungen werden zur neuen Volkskrankheit, physische Belastungen bestehen fort

Mit den Umbrüchen in der Arbeitswelt nehmen Stress und Überforderung durch Informationsflut, Zeitdruck und Multitasking und damit auch psychische Belastungen zu. Laut Fehlzeitenreport 2017 sind psychische Erkrankungen in den letzten zehn Jahren um 80 Prozent gestiegen. Mit 25,7 Tagen je Fall war die Ausfallzeit 2016 mehr als doppelt so lange wie der Durchschnitt mit 11,7 Tagen. Körperliche Belastungen durch langes Stehen, schweres Heben, verdrehte Körperhaltungen oder Lärm und schlechte Beleuchtung gefährden die Gesundheit und Leistungsfähigkeit. Unternehmen, vor allem KMU, berücksichtigen diese Belastungen und die Bedürfnisse älterer Beschäftigte noch zu wenig.

Altersgerechtes Arbeiten sichert Produktivität bis ins hohe Alter

Dabei macht die Alterung der Belegschaften Prävention umso notwendiger. Altern hat positive Effekte: Erfahrung gleicht die geringere Geschwindigkeit zur Informationsverarbeitung aus. Diese Kompetenzen gilt es durch lebenslanges Lernen zu nutzen und zu fördern. Altern ist beeinflussbar: Eine alter(n)sgerechte, belastungsarme, ergonomische und individuelle Arbeitsgestaltung sichern die Leistungsfähigkeit. Gefordert ist ein fairer Lastenausgleich, der auch gesundheitliche Risiken Jüngerer mindert. Prävention hält Beschäftigte nicht nur fit, sie macht sie auch zufriedener: Zwei Drittel der Mitarbeitenden mit mindestens einer gesundheitsfördernden Maßnahme im Betrieb würden dort gern bis zur Rente bleiben, bei Mitarbeitenden ohne solch eine Maßnahme sind es gut die Hälfte. Gerade Beschäftigte über 50 Jahre schätzen diese Angebote. Das zeigt der Monitor »Sozialer Wandel und mitarbeiterorientierte Unternehmensführung« einer repräsentativen Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.

Von betrieblicher Praxis lernen, um auch in Zukunft zu bestehen

Das Buch »Produktionsarbeit in Deutschland – mit alternden Gesellschaften« bündelt Analysen aus der Forschung und Erfahrungen aus produzierenden Unternehmen wie Audi und Continental, und zeigt wie älter werdende Beschäftigte gesünder, kompetenter und länger arbeiten, um die Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Es zeigt, dass es für Betriebe ein breites Handlungsspektrum für eine alternsgerechte Arbeitsgestaltung gibt: von Entlastungen durch Assistenzsysteme bis zu organisatorischen Veränderungen wie Belastungs- und Tätigkeitswechsel, Arbeitsplatzrotation oder ein Betriebliches Gesundheitsmangement (BGM) und Eingliederungsmanagement (BEM). Dabei unterstützt die Initiative Neue Qualität für Arbeit durch Angebote vom Demografie-Check bis zur Broschüre zu Altersstereotypen.

 

  VERWEISE  

 

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