Wie Bildung die Gesellschaften der Welt für das 21. Jahrhundert fit machen kann
Berlin-Institut legt Diskussionspapier »Mehr Humankapital wagen! Wie Bildung die Gesellschaften der Welt für das 21. Jahrhundert fit machen kann« vor
Wie können entwickelte Länder wie Österreich und Deutschland den demografischen Aufgaben alternder Bevölkerungen begegnen? Und wie können die ärmsten Länder der Erde ihre größten Probleme angehen? Bildung ist die zentrale Stellschraube bei der Lösung dieser Fragen, schreibt das Berlin-Institut in einem neuen Discussion Paper und erklärt, mit welcher Strategie sich die großen Herausforderungen unserer Zeit beantworten lassen.
Die Lebensbedingungen vieler Menschen haben sich in den letzten Jahrzehnten immer weiter verbessert. Mehr Kinder als je zuvor besuchen heute weltweit eine Schule. Doch seit etwa 2008 stagniert der Anteil von Kindern, die Primarschulen besuchen, bei rund 91 Prozent. Dem Rest der Kinder bleibt der Zugang zu Bildung dauerhaft versperrt. Auch die finanziellen Mittel für Bildung weisen in den letzten Jahren eine sinkende Tendenz auf. Kurzfristig haben diese Entwicklungen nur wenige Folgen, langfristig aber verheerende Konsequenzen. »Bildung ist ein langfristiger Prozess, der erst nach Jahrzehnten seine volle Wirkung entfaltet. Umgekehrt zeigen sich auch die politischen Versäumnisse mit erheblicher Verzögerung« sagt Reiner Klingholz, Direktor des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung.
In den armen Ländern, deren Bevölkerungen schnell wachsen, kommt Bildung eine besonders wichtige Funktion zu. Vor allem südlich der Sahara ist die Versorgung der Menschen mit lebensnotwendigen Gütern und Dienstleitungen schon heute schwierig. Und bis 2050 steht noch einmal eine Verdoppelung der Bevölkerungszahlen an. Eine gute Bildung für möglichst viele Menschen, insbesondere für Mädchen, kann dieses Bevölkerungswachstum bremsen. Denn Bildung führt dazu, dass Frauen später und weniger Kinder bekommen und seltener ungewollt schwanger werden. »Besser gebildete Frauen haben andere Optionen ihr Leben zu gestalten, ihr Wissen über Sexualität und Familienplanung ist größer und sie können sich leichter gegenüber ihren Partnern durchsetzen, die häufig mehr Kinder wollen«, sagt Reiner Klingholz.
In den weiter entwickelten Ländern stellt sich die Frage, wie Arbeit und Leben organisiert werden können, wenn die geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer schon bald aus dem Erwerbsleben ausscheiden und damit der Druck auf die Sozialsysteme steigt. Eine gute Bildung hilft den Menschen auch im höheren Alter aktiv an der Gesellschaft teilhaben zu können, denn je besser die Menschen gebildet sind, desto gesünder leben sie auch.
Gute Bildung führt aber nicht nur zu individuellen, sondern auch zu gesamtgesellschaftlichen Vorteilen. Sie erhöht die Anpassungsfähigkeit der Menschen an jegliche Art von Wandel, auch auf dem Arbeitsmarkt, und sie fördert technologische und soziale Innovationen. Wollen alternde Gesellschaften wettbewerbsfähig bleiben, müssen sie mehr in Fort- und Weiterbildung investieren – in »lebenslanges Lernen«.
Bildung ist die Voraussetzung für das Wohlergehen der Menschen im 21. Jahrhundert und kann die Grundlage für eine gerechtere, friedlichere und nachhaltigere Welt legen, so das Fazit der Studie. Indem sie das Humanvermögen stärkt, also die Fähigkeiten und Fertigkeiten, die ein Individuum zur Gestaltung seines Lebens besitzt, fördert sie auch das kritisch-analytische Denken. »Den derzeit erstarkenden Ideologien von religiösem Fundamentalismus bis zum Nationalismus gilt es aufgeklärt entgegenzutreten. Bildung kann dazu einen wichtigen Beitrag leisten« betont Reiner Klingholz.
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