Demografische Lage: Welche Zukunft Deutschlands Regionen zu erwarten haben

(Geschätzte Lesezeit: 2 - 4 Minuten)
Personen Silhouetten

Neue Studie »Die demografische Lage der Nation – Wie zukunftsfähig Deutschlands Regionen sind«    

Deutschland erlebt aktuell ein demografisches Zwischenhoch. Die Herausforderungen des demografischen Wandels sind damit aber nicht verschwunden, sondern stehen unmittelbar bevor: Weniger Arbeitskräfte, steigende Kosten in den Sozialsystemen und immer stärker zu Tage tretende regionale Verwerfungen verlangen nach neuen Antworten von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Das Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung hat die demografische Lage der Nation untersucht und erstmals eine eigene, regionale Bevölkerungsprognose für alle 401 Kreise und kreisfreien Städte berechnen lassen.

Dank Zuwanderung und leicht gestiegener Kinderzahlen ist die Einwohnerzahl entgegen früherer Voraussagen mit rund 83 Millionen auf eine neue Rekordmarke geklettert. Auch in den nächsten Jahren dürfte die Bevölkerung laut der neuen Prognose kaum schrumpfen und 2035 bei etwa 82,3 Millionen Menschen liegen. »Allerdings verschärfen sich in Deutschland die regionalen Verwerfungen zwischen den prosperierenden Großstädten und den entlegenen, strukturschwachen Regionen,« sagt Reiner Klingholz, Direktor des Berlin-Instituts.

In allen fünf ostdeutschen Flächenländern werden der Prognose zufolge die Bevölkerungszahlen bis 2035 zurückgehen – am stärksten mit fast 16 Prozent in Sachsen-Anhalt. Weite Regionen zwischen Rügen und dem Erzgebirge werden mehr als jeden fünften Einwohner verlieren. Die Alterung der Gesellschaft führt dazu, dass im brandenburgischen Landkreis Spree-Neiße 2035 auf eine Geburt vier Beerdigungen kommen dürften. Gleichzeitig liegt im Osten aber auch die am schnellsten wachsende Stadt der Republik: Leipzig muss bis 2035 ein weiteres Einwohnerplus von rund 16 Prozent verkraften. Zu den wenigen weiteren Leuchttürmen in den fünf ostdeutschen Flächenländern zählen Potsdam, Dresden, Erfurt, Jena, Rostock, Halle und Magdeburg.

»Wachstum und Schrumpfung liegen somit dicht beieinander und beides muss gestaltet werden. Keine leichte Aufgabe für die Politik,« meint Manuel Slupina, Mitautor der Studie. »In den Wachstumsregionen mangelt es an Wohnraum, Kitas und Schulen. Wo aber die Einwohnerzahlen massiv zurückgehen, sind neue, unkonventionelle Ideen zur Daseinsvorsorge nötig, um die stark gealterte Bevölkerung gut zu versorgen«.

Ein ähnliches Bild wie im Osten zeigt sich in den westlichen Bundesländern, allerdings deutlich weniger ausgeprägt. Die heute schon attraktiven Städte von Hamburg über Frankfurt am Main bis München können sich auf Zugewinne einstellen. Doch vielerorts im Ruhrgebiet und im Saarland, sowie in ländlichen Regionen entlang der früheren innerdeutschen Grenze, in der Südwestpfalz oder an den Küsten werden die Einwohnerzahlen weiter sinken.

 

Urbane Großräume

 

Bis zum Jahr 2035 dürfte sich die Gesamtbevölkerungszahl Deutschlands kaum verändern, aber die regionalen Unterschiede weiten sich aus. Rund 60 Prozent der Kreise und kreisfreien Städte werden der Prognose zufolge bis 2035 an Bevölkerung verlieren.

Welche Zukunft Deutschlands Regionen zu erwarten haben
Um die »Zukunftsfähigkeit« der Regionen vergleichbar zu bewerten, hat das Berlin-Institut 21 Indikatoren ausgewählt – aus den Bereichen Demografie, Wirtschaft, Bildung und Familienfreundlichkeit. »Die Politik wünscht sich zwar eine »Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse«, doch die Realität zeigt, dass wir es eher mit einer Vielfalt der Lebensbedingungen zu tun haben,« sagt Reiner Klingholz. Das zeigt sich auch in den Gesamtnoten des Index, die von 2,32 für die bayerische Landeshauptstadt München bis 4,71 für die Ruhrgebietsstadt Gelsenkirchen reichen.

Das Ranking offenbart ein bekanntes Nord-Süd-Gefälle, vorne liegen vor allem wirtschaftsstarke Städte mit ihren Umlandkreisen in Bayern und Baden-Württemberg. Am Ende finden sich Regionen in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und dem Saarland. Im Osten liegen zwar viele vom demografischen Wandel schwer gezeichnete Kreise, aber in den Problemzonen des Westens ist die Lage mittlerweile schwieriger. »Daran zeigen sich die punktuellen Erfolge des Aufbaus Ost und die Tatsache, dass die jahrzehntelange Abwanderung von Ost nach West gestoppt ist,« sagt Manuel Slupina. Mit Dresden hat sich sogar eine ostdeutsche Großstadt in die Gruppe der Top-20 vorgearbeitet.

 

  LINKS  

 

Erwerbstätigkeit unter Rentner*innen in Deutschland: Trends und Beweggründe
Eine aktuelle Erhebung des Statistischen Bundesamtes zeigt, dass im Jahr 2023 13 Prozent der Rentner*innen zwischen 65 und 74 Jahren erwerbstätig waren. Dieser Anteil verdeutlicht den zunehmenden Trend, dass viele Menschen auch nach Erreichen des...
Österreich: Lebenserwartung steigt mit höherem Bildungsgrad
Bildung und Demographie: Akademiker leben länger und bekommen weniger Kinder Eine aktuelle Analyse der Statistik Austria zeigt deutliche Zusammenhänge zwischen Bildungsniveau, Lebenserwartung und Fertilität in Österreich. Die Ergebnisse basieren...
Steigende Beschäftigungsquote bei über 55-Jährigen in Deutschland
Die Bundesagentur für Arbeit hat zum neuen Höchststand an sozialversicherungspflichtig beschäftigten Älteren eine Mitteilung herausgegeben. Babyboomer treiben Beschäftigungswachstum bei Älteren voran Seit mehr als einem Jahrzehnt verzeichnet...

 

 

Die fünf meistgelesenen Artikel der letzten 30 Tage in dieser Kategorie.

 

  • Migrationsgeschichte prägt zunehmend Schülerlandschaft in NRW

    Im Schuljahr 2023/24 hat der Anteil der Schüler*innen mit Zuwanderungsgeschichte in Nordrhein-Westfalen mit 43 Prozent einen neuen Höchststand erreicht. Insbesondere in städtischen Gebieten wie Wuppertal (58 %), Duisburg (56 %) und Gelsenkirchen...

.