Arbeiten jenseits der Regelaltersgrenze
Fachkräftemangel und Rentenaufschubprämie: Chancen und Herausforderungen
Der zunehmende Fachkräftemangel in Deutschland verstärkt die Diskussion um eine Anhebung der Regelaltersgrenze über das 67. Eine der aktuell diskutierten Maßnahmen ist die Einführung eines so genannten Rentenaufschubbonus, der im Rahmen der Wachstumsinitiative der Bundesregierung vorgeschlagen wurde.
Das Team des Informationsportals Sozialpolitik-aktuell.de, ein Angebot des Instituts Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen, hat sich mit den Potenzialen und Grenzen dieser Idee auseinandergesetzt.
Anreize für ältere Arbeitnehmer*innen
Um die Potenziale älterer Arbeitnehmerinnen besser zu nutzen, werden zunehmend finanzielle Anreize wie der Zuschuss zum Renteneintritt diskutiert. Diese soll Arbeitnehmerinnen motivieren, über das gesetzliche Renteneintrittsalter hinaus erwerbstätig zu bleiben.
Dr. Dorothea Voss, Leiterin der Plattform Sozialpolitik-aktuell.de, und ihr Team haben das Thema »Arbeiten jenseits der Regelaltersgrenze« intensiv recherchiert und beleuchten sowohl die Möglichkeiten als auch die Grenzen solcher Ansätze.
Beschäftigung Älterer
Im Jahr 2023 werden in Deutschland rund 1,8 Millionen Menschen über 65 Jahre erwerbstätig sein. Dies entspricht einem Anstieg von 73 % gegenüber 2013. Allerdings handelt es sich bei rund 70 % dieser Gruppe um geringfügig Beschäftigte, die im Durchschnitt nur rund 10 Stunden pro Woche arbeiten und maximal 538 Euro im Monat verdienen.
Zudem zeigen Auswertungen der amtlichen Statistik, dass mehr als die Hälfte der Beschäftigten das Rentenalter erreicht, ohne weiterhin sozialversicherungspflichtig beschäftigt zu sein.
Grenzen des Zuschusses
Dr. Voss warnt jedoch davor, das Potenzial des Zuschusses zum Renteneintritt zu überschätzen. Dieses Instrument käme nur für jene Arbeitnehmer*innen in Frage, die aus einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung in die Altersrente übergehen. Dies trifft im Jahr 2022 aber nur auf rund 46 Prozent der Frauen und Männer zu.
Auch der seit langem bestehende Rentenzuschlag von 0,5 Prozent pro Monat des späteren Rentenbeginns würde nur von etwa 4,7 Prozent der Rentenzugänge in Anspruch genommen.
Arbeitsbelastung als Schlüsselfaktor
Ein zentrales Ergebnis aktueller Studien, darunter ein Forschungsbericht des IAQ im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, zeigt, dass finanzielle Anreize allein nicht ausreichen, um ältere Arbeitnehmerinnen im Erwerbsleben zu halten.
Vielmehr spielen die Arbeitsbelastungen eine wesentliche Rolle bei der Entscheidung, über die Regelaltersgrenze hinaus erwerbstätig zu bleiben. Hohe physische und psychische Belastungen werden von älteren Arbeitnehmerinnen häufig vermieden. Weitere wichtige Faktoren sind die Möglichkeit, die Arbeitszeit zu reduzieren, das Verhältnis zu den Vorgesetzten und das allgemeine Betriebsklima.
Bedarf an alternsgerechten Arbeitsbedingungen
Die Schaffung guter Arbeitsbedingungen ist entscheidend dafür, dass ältere Arbeitnehmer*innen ihre Tätigkeit über die Regelaltersgrenze hinaus fortsetzen. Der aktuelle Altersübergangsreport des IAQ zeigt jedoch, dass in vielen Unternehmen noch erheblicher Nachholbedarf bei der Gestaltung alternsgerechter Arbeitsbedingungen besteht.
Zusammenfassung
Auch wenn die Abwanderungsprämie ein wichtiger Baustein zur Bekämpfung des Fachkräftemangels sein kann, sind ihre Potenziale begrenzt. Finanzielle Anreize allein reichen nicht aus, um ältere Arbeitnehmer*innen langfristig im Arbeitsmarkt zu halten.
Eine nachhaltige Lösung erfordert eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen und eine Reduzierung der physischen und psychischen Belastungen.
VERWEISE
- Weiterführende Informationen im »Altersübergangs-Report« ...
- siehe auch: IAB-Sonderthema »Ältere am Arbeitsmarkt« ...