Digitalisierung: Jobwechsel und Strukturwandel beschleunigen sich
BIBB-Forschungsprojekt zur Digitalisierung stellt erste Ergebnisse vor
Die Digitalisierung der Arbeitswelt beschleunigt Jobwechsel und Strukturwandel in Deutschland. Die Zahl von Akademikerinnen und Akademikern nimmt zu, die Zahlen beruflich Qualifizierter und Geringqualifizierter nehmen ab, die Komplexität der auszuübenden Tätigkeiten steigt und die Bedeutung von Bildung und Weiterbildung wächst. Das sind erste zentrale Zwischenergebnisse des Forschungsprojekts »Polarisierung von Tätigkeiten in der Wirtschaft 4.0 - Fachkräftequalifikationen und Fachkräftebedarf in der digitalisierten Arbeit von morgen«. Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) führt dieses Projekt im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) durch.
»Zwei Entwicklungen lassen sich bereits jetzt festhalten: Der Berufs- und Tätigkeitswandel durch die Digitalisierung wird sich beschleunigen, und der Branchenwandel hin zu mehr technologiegestützten Dienstleistungen wird weiter an Fahrt aufnehmen«, betont BIBB-Präsident Esser. »Klar ist aber auch: Es gibt keine Alternative zu diesen Entwicklungen. Eine verzögerte oder gar verschleppte Umsetzung der Digitalisierung wird sich negativ auf den Wirtschaftsstandort Deutschland auswirken. Denn Deutschland würde dann weniger exportieren und müsste mehr neue Güter im Ausland nachfragen«. Es sei, so Esser weiter, auch eine deutliche Asymmetrie im Digitalisierungsniveau der unterschiedlichen Branchen innerhalb der deutschen Wirtschaft festzustellen.
Infolge des branchen- und berufsspezifischen Strukturwandels ergeben sich neue Qualifikationsanforderungen für die Beschäftigten an ihrem Arbeitsplatz. »So ist abzusehen, dass in Zukunft aufgrund der Digitalisierung weniger Tätigkeiten auf Fachkräfteebene, aber dafür mehr hochkomplexe Tätigkeiten nachgefragt werden. Zum Beispiel wird der Anteil von Tätigkeiten mit IT-Bezug oder zur Betreuung und Steuerung von Prozessen steigen«, so der BIBB-Präsident. »Diese Entwicklung sollten wir jedoch nicht als Risiko, sondern vielmehr als Chance verstehen«. Denn bereits heute würden mehr als 35 Prozent aller hochkomplexen Tätigkeiten von Personen ausgeübt, die keine akademische Ausbildung hätten. Trotz des weiter steigenden Anteils an Akademikerinnen und Akademikern werde es also auch langfristig Fachkräfte geben, die vermehrt hochkomplexe Tätigkeiten ausübten. »Voraussetzung hierfür ist, dass Fachkräfte ihre Kompetenzen auf Grundlage aktueller Aus- und Fortbildungsberufe und in einem durchlässigen Bildungssystem laufend weiterentwickeln«.
Ein weiteres Zwischenergebnis des Projekts unterstreicht: Der Wegfall von Arbeitsplätzen hängt nicht alleine vom Anteil der Routinetätigkeiten ab, deren Erledigung womöglich durch Maschinen ersetzt werden kann. Es kommt vielmehr auf den Mix von Tätigkeiten am Arbeitsplatz an. Konkret bedeutet das: Steigt der »Maschinenbezug«, also der Umfang von Tätigkeiten, die an und mit Maschinen erledigt werden, und steigen die kognitiven Anforderungen am Arbeitsplatz, dann steigen auch die Arbeitsmarktchancen – diese Beschäftigte sind »Gewinner« der Digitalisierung. Steigt der »Maschinenbezug« und sinken dagegen die kognitiven Anforderungen am Arbeitsplatz, dann sinken auch die Arbeitsmarktchancen – digitale »Verlierer« sind die Folge.
Eine Auswirkung von erhöhten kognitiven Anforderungen am Arbeitsplatz wird deshalb auch ein weiterer Bedeutungszuwachs von Bildung und Weiterbildung sein. Denn bei sich verändernden und steigenden Anforderungen am Arbeitsplatz kommt insbesondere der beruflichen Weiterbildung eine zentrale Rolle zu, um Kompetenzen laufend fortzuentwickeln und den Anforderungen einer digitalisierten Arbeitswelt zu entsprechen.
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