Die weltweite Lohnentwicklung sinkt auf tiefsten Stand seit vier Jahren

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In einigen Industrieländern wie Deutschland und den USA zeigt sich eine Stabilisierung des Lohnwachstums – allerdings ist dieser Trend nicht stark genug, um das negative Lohnwachstum in Entwicklungs- und Schwellenländern auszugleichen    

Die ILO-»Global Wage Reports« zeigen, dass sich das weltweite Lohnwachstum seit 2012 verlangsamt und von 2,5 Prozent auf 1,7 Prozent in 2015 gesunken ist, der Tiefpunkt der letzten vier Jahre. Würde man China nicht in die Statistik mit einbeziehen, das Land mit dem stärksten Lohnwachstum weltweit, würden die Zahlen von 1,6 Prozent auf 0,9 Prozent sinken.

Seit der Finanzkrise 2008-2009 waren Löhne gerade in Entwicklungsländern stark gestiegen. In letzter Zeit hat sich dieser Trend allerdings umgekehrt.

In den Schwellen- und Entwicklungsländern der G20 Staaten ist das Wachstum der Reallöhne von 6,6 Prozent im Jahr 2012 auf 2,5 Prozent im Jahr 2015 zurückgegangen. Dagegen ist das Lohnniveau in Industriestaaten der G20 von 0,2 Prozent im Jahr 2012 auf 1,7 Prozent im Jahr 2015 angestiegen, die höchste Wachstumsbilanz seit zehn Jahren. Reallöhne wuchsen im Durchschnitt um 2,2 Prozent in den USA und 1,5 Prozent in Nord -, Süd - und West - Europa. Die EU-Mitgliedstaaten verzeichneten einen Anstieg von 1,9 Prozent.

»Die positive Lohnentwicklung in Deutschland und den USA erklärt einen Großteil des bestehenden Trends. Es ist allerdings noch nicht geklärt, ob dieses Wachstum auch andauert, da Industriestaaten mit wachsenden volkswirtschaftlichen, sozialen und politischen Unsicherheiten konfrontiert sind«, sagt Deborah Greenfield, stellvertretende Generalsekretärin der ILO: »In einem Umfeld, in dem eine geringe Nachfrage zu sinkenden Preisen und damit einer Deflation führt, ist ein negatives Lohnwachstum ein Problem, denn es erhöht den Druck auf die schon bestehende Deflation«.

Der Report »Lohnungerechtigkeit am Arbeitsplatz« zeigt wie große die Unterschiede zwischen den verschiedenen Regionen sind. Zum Beispiel blieb das Lohnwachstum in Asien und der Pazifikregion bei 4,0 Prozent relativ stabil, sank jedoch in Südostasien auf 3,4 Prozent und wird in den Golfstaaten und Afrika auf etwa 2 Prozent geschätzt. Reallöhne sind währenddessen in Lateinamerika und der Karibik um 1,3 Prozent gefallen, in Osteuropa sogar um 5,2 Prozent.

Ungleichheiten der Löhne finden sich vor allem an der Spitze der Lohnpyramide

Der Bericht schaut weiterhin auf die Lohnverteilung in den einzelnen Ländern. In den meisten Ländern wächst der Lohn gleichmäßig über die gesamte Lohnverteilung und steigt am Ende für die letzten 10 Prozent exponentiell an, noch stärker sogar für die Spitzenverdiener. In Europa verdienen die die Top 10 Prozent der Bevölkerung 25 Prozent der gesamten Löhne, die in ihren Ländern ausgezahlt werden. Dies entspricht in etwa dem Lohn der 50 Prozent am anderen Ende der Lohnverteilung zusammen (29,1 Prozent). Wie das Beispiel Südafrika zeigt, verdienen die Top 10 Prozent in manchen Schwellenländern insgesamt sogar knapp die Hälfte der gesamten Löhne. Die Unterschiede sind bezogen auf die Verteilung zwischen Frauen und Männern sogar noch größer. Während geschlechterspezifische Lohnunterschiede in Europa bei durchschnittlich 20 Prozent liegen, ist die Lohndifferenz bei den Top 10 Prozent der Verdiener bei 45 Prozent, bei den Top 1 Prozent gar 50 Prozent.

Rolle von Lohnunterschieden in und zwischen Unternehmen

Zum ersten Mal schaut sich der ILO Bericht auch die Lohnverteilung in Unternehmen an. Analysiert wurden Lohnunterschiede in der Bevölkerung in Bezug auf Lohnunterschiede in und zwischen Unternehmen.

Lohnungleichheit zwischen Unternehmen ist in Entwicklungsländern größer als in den Industriestaaten. Während in Entwicklungsländern die Durchschnittslöhne der Top 10 Prozent der Unternehmen zwei bis fünfmal so hoch sind wie die Löhne der untersten 10 Prozent der Unternehmen, beträgt das Größenverhältnis in Vietnam 8:1 und in Süd Afrika sogar 12:1.

Ein Blick auf die Daten aus 22 europäischen Ländern zeigt, dass Ungleichheit in Unternehmen bis zu 42 Prozent der generellen Lohnungleichheit im Land ausmacht, während der Rest auf Ungleichheiten zwischen Unternehmen zurückzuführen ist.

Vergleicht man die Löhne der individuellen Arbeitnehmer mit den Durchschnittslöhnen der Unternehmen zeigt sich, dass in Europa 80 Prozent der Arbeitnehmer unter dem durchschnittlichen Lohn des Unternehmens bezahlt werden. In den Unternehmen mit dem höchsten Durchschnittslohn verdienen Arbeitnehmer des untersten 1 Prozent der Lohnverteilung sieben Euro die Stunde während die obersten 1 Prozent der selbigen Lohnverteilung 844 Euro pro Stunde bekommen.

»Das Ausmaß von Lohnungleichheit in Unternehmen – und seine Auswirkung auf die Lohnungleichheit in einem Land – ist sehr groß, und zeigt, wie wichtig es ist, die Lohnpolitik der Unternehmen ins Auge zu fassen, um Lohnungerechtigkeiten zu beseitigen«, erklärt Deborah Greenfield.

Der »Global Wage Report« nennt als zentrale Instrumente zur Reduzierung von Lohnungleichheit Mindestlöhne und Kollektivverhandlungen. Andere Maßnahmen beinhalten die Regulierung oder Selbstregulierung von Vorstandsvergütung, die Förderung von Produktivität nachhaltiger Unternehmen und die Bekämpfung von Faktoren, die zu ungleichen Löhnen zwischen Gruppen von Arbeitern führen.

 

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