Gesundheit von Beschäftigten fördern, statt Krankheit bestrafen
Für den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens sind die 96 Prozent der Beschäftigten, die täglich zur Arbeit kommen, wichtiger als die vier Prozent, die laut Krankenstandsdaten im Durchschnitt fehlen. Die Techniker Krankenkasse wirbt dafür, dass sich Gesundheitsförderung im Betrieb auch um gesunde Beschäftigte kümmert und erklärt, warum Prämien für Beschäftigte, die sich nicht krankmelden, wenig sinnvoll sind.
Jeden Tag sind 96 Prozent der Beschäftigten in Deutschland bei der Arbeit. Warum ist das eine Nachricht? Mit dieser Zahl aus ihrem Gesundheitsreport möchte die Techniker Krankenkasse (TK) die aktuelle Debatte um Krankenstände, Gesundheitsprämien und die Gesundheitsförderung in Unternehmen versachlichen. Dr. Sabine Voermans, Leiterin des Gesundheitsmanagements bei der TK: »In jedem Frühjahr diskutieren wir über den Krankenstand, der seit Jahren knapp über oder unter der Vier-Prozent-Marke liegt. Wir hinterfragen Ursachen und Maßnahmen und derzeit sogar, ob es sinnvoll ist, Mitarbeitern eine Prämie zu zahlen, wenn sie nicht fehlen. Dabei vernachlässigen Unternehmen oft die 96 Prozent ihrer Belegschaft, die jeden Tag da sind und Leistung bringen«.
Gesundheitsförderung heißt auch Gesunde zu fördern
Laut TK müsse es bei der Betrieblichen Gesundheitsförderung viel mehr darum gehen, die Ressourcen der Gesunden zu fördern. Dabei spiele gesunde Führung eine große Rolle. »Viele Führungskräfte fokussieren auf die krankheitsbedingt fehlenden Mitarbeiter und vernachlässigen dabei diejenigen, die jeden Tag erscheinen, motiviert sind und einen guten Job machen«, so Dr. Voermans. Dabei gehe es um Themen wie Wertschätzung, Kollegialität die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie die Gestaltung von Arbeitsinhalten. »Das Engagement der Beschäftigten erhalten und innere Kündigung verhindern ist die beste Grundlage für ein gesundes Arbeitsumfeld«, erklärt die Expertin. Finanzielle Anreize würden dagegen nur kurzfristig wirken.
Die Hälfte der Beschäftigten fehlt gar nicht
Zwar entfallen auf jeden Beschäftigten statistisch gesehen gut 15 Fehltage im Jahr. Allerdings war die Hälfte der Erwerbspersonen (49,7 Prozent) in 2016 überhaupt nicht krankgeschrieben. Führungskräfte sollten deshalb anerkennen, wenn ihre Mitarbeiter täglich motiviert ihren Job machen, für kranke Kollegen einspringen und so den Unternehmenserfolg ermöglichen. Oftmals werden aber gerade sie nicht gesehen, weil die Vorgesetzten so mit dem Lösen von Problemen beschäftigt sind, dass sie nicht wahrnehmen, wer den Betrieb am Laufen hält.
Prämien wirken eher auf krankes Klima als auf Krankenstand
Laut der TK-Gesundheitsberichterstattung dauerte eine Krankschreibung 2016 durchschnittlich 12,6 Tage. Dies ist allerdings tatsächlich nur ein Mittelwert. Vier von zehn Krankschreibungen, die bei der TK eingehen, dauern höchstens drei Tage. Ihr Anteil an den Gesamtfehlzeiten beträgt nur sechs Prozent. Im Gegenzug dauern nur knapp fünf Prozent der Fälle länger als sechs Wochen. Diese langwierigen Erkrankungen machen aber etwa die Hälfte der Fehlzeiten aus und betreffen vor allem ältere Beschäftigte. »Prämienmodelle, die honorieren, wenn Beschäftigte weniger Fehltage haben, können Präsentismus fördern. Das heißt: Beschäftigte kommen trotz Krankheit und stecken Kollegen an. Sie sind weniger produktiv, die Qualität der Arbeit leidet und das Risiko für Fehler und Unfälle steigt. Im Bereich längerer Erkrankungen sind Prämien wirkungslos, diskriminieren ältere oder chronisch kranke Beschäftigte und können negativ auf das Teamklima wirken«, erklärt die TK-Expertin. Studien zufolge ist Präsentismus kein seltenes Phänomen. Zwei von drei Beschäftigen geben an, auch schon krank zur Arbeit gegangen zu sein.
Krankenstände eignen sich daher nur bedingt für die Analyse der gesundheitlichen Situation einer Belegschaft. Wichtiger sei, eine individuelle Analyse der Belastungen im Betrieb, aber auch der gesundheitlichen Ressourcen der Beschäftigten. Denn je mehr eigene Ressourcen die Beschäftigten besitzen, desto widerstandsfähiger sind sie gegenüber den Belastungen an ihrem Arbeitsplatz.
Verhalten und Verhältnisse
Betriebliches Gesundheitsmanagement müsse sich deshalb immer sowohl dem Verhalten des Einzelnen als auch den Verhältnissen widmen. Ein Drittel des Tages verbringen Beschäftigte bei der Arbeit. Deshalb haben gesunde Arbeitsbedingungen großen Einfluss auf ihre Gesundheit. Dabei geht es längst nicht mehr nur um Ergonomie und gesundes Kantinenessen. Die Themen im Betrieblichen Gesundheitsmanagement verändern sich stetig - nicht zuletzt durch die Digitalisierung in der Arbeitswelt. Sabine Voermans: »Mit einem Rückentag oder einem Raucherentwöhnungskurs ist es nicht getan. Bei einem nachhaltigen Gesundheitsmanagement geht es darum, Strukturen und Prozesse nachhaltig gesund zu gestalten. Deshalb stehen auch Themen wie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Diversity, Digital Leadership oder Lebenslanges Lernen auf der Agenda von Arbeit 4.0«.
Welche BGM-Themen in Zukunft relevant sein werden, untersucht die Trendstudie »#whatsnext - Gesund arbeiten in der digitalen Arbeitswelt«, die die TK derzeit mit dem Institut für Betriebliche Gesundheitsförderung (IFBG) und der Haufe Gruppe durchgeführt hat. Die Ergebnisse der Umfrage, für die Personaler, Führungskräfte und BGM-Verantwortliche aus 900 Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen befragt wurden, werden am 10. Mai 2017 in Berlin vorgestellt.
Hintergrund
Die Daten stammen aus den Gesundheitsberichten der TK. Die aktuellen Fehlzeiten sowie die Berichte der Vorjahre sind unter www.tk.de/gesundheitsreport verfügbar. Der Gesundheitsreport 2017 erscheint im Juni.
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