Ausbildungschancen junger MigrantInnen sinken wieder
BIBB-Analyse zur Entwicklung 2004 bis 2016
Die Suche nach einem Ausbildungsplatz ist für junge Migrantinnen und Migranten in den Jahren 2004 bis 2016 deutlich weniger erfolgreich gewesen als für Jugendliche ohne Migrationshintergrund. Nur 29% der AusbildungsstellenbewerberInnen mit Migrationshintergrund sind 2016 in eine duale Berufsausbildung eingemündet, gegenüber 47% der BewerberInnen ohne Migrationshintergrund. In den Jahren 2010 und 2012 lagen die Einmündungsquoten der jungen Migranten und Migrantinnen mit 35% noch deutlich höher. 2016 sind sie auf den sehr niedrigen Stand von 2004 zurückgefallen.
Dies zeigt eine aktuelle Analyse des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) auf Basis von Befragungen ausbildungsreifer Jugendlicher, die bei der BA als BewerberInnen um einen Ausbildungsplatz gemeldet waren (BA/BIBB-Bewerberbefragungen 2004 bis 2016).
BewerberInnen mit Migrationshintergrund wiesen in den Jahren 2004 bis 2016 im Vergleich zu denjenigen ohne Migrationshintergrund zwar auch immer deutlich niedrigere allgemeinbildende Schulabschlüsse auf. Ihre schlechteren Einmündungschancen können jedoch keinesfalls allein auf ihre geringeren schulischen Qualifikationen zurückgeführt werden. So sind junge Migrantinnen und Migranten selbst bei gleichem Schulabschluss immer viel seltener in eine duale Ausbildung eingemündet. Im Jahr 2016 haben sie sogar bei Vorliegen einer Studienberechtigung nicht so häufig einen Ausbildungsplatz gefunden wie Jugendliche ohne Migrationshintergrund mit Hauptschulabschluss.
Innerhalb der Gruppe der BewerberInnen mit Migrationshintergrund gibt es nochmals große Unterschiede je nach ihrer Herkunftsregion: So ist es insbesondere für Jugendliche, deren Familien aus der Türkei oder arabischen Staaten stammen, besonders schwer, eine Ausbildungsstelle zu finden. Im Jahr 2016 mündeten nur 22% der BewerberInnen türkisch-arabischer Herkunft in eine duale Ausbildung ein. Demgegenüber waren 30% der Jugendlichen mit Herkunft aus osteuropäischen Staaten beziehungsweise der Gemeinschaft unabhängiger Staaten (GUS) und 27% derjenigen mit südeuropäischer Herkunft bei der Ausbildungssuche erfolgreich.
Im Jahr 2016 bemühten sich die BewerberInnen mit Migrationshintergrund größtenteils sehr intensiv um einen Ausbildungsplatz. Sie erkundigten sich häufig bei Betrieben nach Ausbildungsangeboten, verschickten viele schriftliche Bewerbungen, oft für eine Reihe unterschiedlicher Berufe. Jedoch wurden sie deutlich seltener zu Vorstellungsgesprächen oder betrieblichen Einstellungstests eingeladen als Jugendliche ohne Migrationshintergrund.
Insgesamt hat sich Gruppe der BewerberInnen mit Migrationshintergrund im Zeitraum von 2004 bis 2016 deutlich verändert. Zunehmend sind die jungen Migrantinnen und Migranten bereits in Deutschland geboren, im Jahr 2016 traf dies auf 65% zu. Immer häufiger haben sie Deutsch als erste Sprache im Kindesalter gelernt, 2016 war für 67% der Jugendlichen mit Migrationshintergrund Deutsch eine Muttersprache. Auch besitzen sie zunehmend die deutsche Staatsangehörigkeit, 2016 zu 60%.
Der Anteil der BewerberInnen mit Migrationshintergrund an allen gemeldeten Bewerberinnen und Bewerbern ist von 20% im Jahr 2004 auf 29% in 2016 gestiegen. Von der großen Zahl der 2015 und 2016 nach Deutschland geflüchteten jungen Menschen waren im Jahr 2016 erst sehr wenige als AusbildungsstellenbewerberInnen bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) gemeldet. Diese Gruppe ist daher in den Befragungsdaten, die der BIBB-Analyse zugrunde liegen, noch so gut wie nicht repräsentiert.
In den kommenden Jahren, so das Fazit des BIBB-Beitrags, bedarf es nicht nur im Hinblick auf die berufliche Qualifizierung junger geflüchteter Menschen großer Anstrengungen. Insbesondere müssen auch die Ausbildungsmöglichkeiten im dualen System für die große Zahl junger Migranten und Migrantinnen, die schon in Deutschland geboren sind oder bereits längere Zeit hier leben, wesentlich verbessert werden.