Digitalisierung braucht Engagement
Als Bundeskanzlerin Angela Merkel im Jahr 2013 das Internet als »Neuland« bezeichnete, war die Aufregung groß. Die sozialen Netzwerke Facebook und Twitter waren voll belustigter, teils hämischer Kommentare. Schließlich erweckte der Begriff den Eindruck, die Politik würde das Internet gerade erst entdecken, während es für die allermeisten Menschen schon zum Alltag zählte.
Auch wenn an vielen Stellen noch immer die notwendigen politischen Antworten auf neue Technologien fehlen, zu kurz greifen oder aus der Sicht von Experten in die falsche Richtung gehen: Regierung und Parteien nehmen die Netz- und Digitalisierungspolitik mittlerweile als wichtiges Handlungsfeld wahr und an. Das erscheint umso mehr geboten, je deutlicher sich abzeichnet, wie grundlegend die Digitalisierung unsere Gesellschaft, unsere Leben und Arbeiten verändert und wie tiefgreifend die damit einhergehenden Herausforderungen sind. Mit der Digitalisierung waren von Beginn an große Hoffnungen und echte Chancen für mehr Vielfalt, Teilhabe, und Chancengerechtigkeit verknüpft. Mittlerweile zeigt sich, dass dies kein Selbstläufer ist. Ob der digitale Wandel tatsächlich der ganzen Gesellschaft zugutekommt, hängt ganz entscheidend davon ab, wie er vom Gemeinwesen gestaltet wird.
Gerade deswegen ist es notwendig, dass sich auch die breite Zivilgesellschaft, die sich für langfristige gesamtgesellschaftliche Interessen einsetzt und das Gemeinwohl im Blick hat, stärker in den Diskurs über den digitalen Wandel einbringt. Die gesellschaftliche Debatte darüber ist zu wichtig, um sie nur wenigen primär privatwirtschaftlichen Stimmen zu überlassen, die bisher oft den Ton angeben. Es scheint jedoch gerade die Zivilgesellschaft zu sein, die hier Neuland betritt, denn noch halten sich weite Teile des Dritten Sektors vornehm zurück. Es sind vor allem kleinere netzpolitische Initiativen und Vereine, die hier trotz beschränkter finanzieller und personeller Mittel wichtige Arbeit leisten. Etablierte gemeinnützige Organisationen, die über mehr Ressourcen verfügen, öffnen sich dem Thema nur langsam. Wenn sie sich mit der Digitalisierung befassen, betrachten sie digitale Technologien zudem in erster Linie instrumentell als Hilfsmittel, etwa um ehrenamtliches Engagement zu organisieren oder wirksamer über ihre Arbeit zu kommunizieren. Als strategische Gestaltungsaufgabe begreift der gemeinnützige Sektor in Deutschland den digitalen Wandel bislang kaum.
Noch fehlen wichtige Stimmen aus der Zivilgesellschaft in einer Debatte, deren Ergebnis unser Zusammenleben zukünftig maßgeblich prägen wird. Der Dritte Sektor sollte sich schnell eines Besseren besinnen und als starker Verfechter des Gemeinwohls den digitalen Wandel der Gesellschaft mitgestalten. Dazu bedarf es nicht nur eines mutigeren Auftretens nach außen, sondern vor allem gezielter Maßnahmen der internen Organisationsentwicklung. Das Thema Digitalisierung darf keinesfalls länger zivilgesellschaftliches Neuland bleiben.
Die »Stiftung neue Verantwortung« hat zu diesem Thema ein Papier veröffentlicht, das hier heruntergeladen werden kann.
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