Wie machen wir berufliche Bildung zukunftsfest?

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Europa Universität Flensburg

Gravierender Nachwuchsmangel bei Lehrkräften der beruflichen Schulen erfordert neue Strategien 

Deutsche Berufsschulen haben gravierende Nachwuchsprobleme bei pädagogisch voll ausgebildeten Lehrkräften. Am größten ist die Not in den gewerblich-technischen Fächern wie Metall- oder Elektrotechnik. Dieses Lehramt kann in Schleswig-Holstein nur an der Europa-Universität Flensburg (EUF) studiert werden. Die Studiengänge sind allerdings gemäß dem bundesweiten Trend kaum nachgefragt: Mit nur 54 Studierenden belegt die EUF bei den Studierendenzahlen in Masterstudiengängen zum »Lehramt an berufsbildenden Schulen in den gewerblich-technischen Fachrichtungen« im bundesweiten Vergleich einen Spitzenplatz.

Der Mangel an Studierenden hat Konsequenzen: Der Lehrerinnen- und Lehrerbedarf an den beruflichen Schulen in Deutschland kann schon seit geraumer Zeit nicht einmal annähernd aus dem klassischen Lehramtsstudium gedeckt werden. Deshalb ist der Rückgriff auf Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger ohne pädagogische Qualifikation in den meisten Ländern gängige Praxis – insbesondere bei den gewerblich-technischen Fächern.

Das bedeutet, dass künftig nur noch wenige Lehrkräfte an den beruflichen Schulen in den gewerblich-technischen Berufsfeldern über eine adäquate Ausbildung für ihre Tätigkeit verfügen, meint am »Tag der Bildung« Reiner Schlausch, Professor für die Berufliche Fachrichtung Metalltechnik am Berufsbildungsinstitut Arbeit und Technik (biat) der EUF: »Die Qualität der dualen Ausbildung wird zunehmend durch eine strukturell bedingte Unterversorgung der beruflichen Schulen mit qualifizierten Lehrkräften bedroht«.

Die Nachwuchsprobleme an den beruflichen Schulen werden sich bundesweit in den kommenden Jahren durch eine Pensionierungswelle weiter verschärfen. Das gilt auch für Schleswig-Holstein, wo im Laufe der nächsten fünf Jahre nach Prognosen des Ministeriums rund 500 Pensionierungen anstehen.

Petra Schuberack, Personalentwicklung bei Bilfinger GreyLogix GmbH, findet diese Entwicklung beunruhigend: »Alle reden vom Fachkräftemangel und demografischem Wandel, wir versuchen dem mit einer großen Ausbildungswerkstatt mit entsprechender Besetzung, entgegen zu wirken. Doch gute Ausbildung funktioniert nur mit guten Partnern in den Schulen. Zurzeit haben wir sehr guten Kontakt zur Berufsschule, aber auch dort wird sich in Zukunft der Mangel bemerkbar machen, wenn nicht gegengesteuert wird«.

Handwerks- und Industrie- und Handelskammern, Unternehmen, Berufsschulen und Hochschulen sehen mittelfristig das hoch gelobte duale Ausbildungssystem in Gefahr. Auch Hans-Werner Frahm, Leiter der Abteilung Berufliche Bildung der Handwerkskammer Flensburg, betont die Bedeutung von engagiertem und qualifiziertem Lehrpersonal für die Berufliche Bildung: »Die Sicherung der Lehrkräfteversorgung an Berufsschulen und Regionalen Berufsbildungszentren - insbesondere im gewerblich-technischen Bereich - ist wesentlich für die hohe Qualität der dualen Berufsausbildung und auch für das Handwerk sehr wichtig«.

Michael Schack, Geschäftsbereichsleiter Aus- und Weiterbildung der IHK Flensburg, erkennt entsprechend Handlungsbedarf: »Eine hohe fachliche Qualität des Unterrichts kann in erster Linie durch ausgebildete Fachlehrerinnen und -lehrer gewährleistet werden. Hier gilt es, überzeugende Strategien zu entwickeln, um die Attraktivität des Berufsbildes zu steigern«.

Die Ursachen für den konstanten Lehrkräftemangel und die Probleme bei der Sicherstellung des Lehrkräftenachwuchses in den gewerblich-technischen Fächern lassen sich im Kern auf eine mangelnde Attraktivität und einen geringen Bekanntheitsgrad sowohl des betreffenden grundständigen Studiums als auch des Berufsbildes an sich zurückführen. Sven Mohr, Schulleiter und Geschäftsführer des RBZ Eckener Schule sowie Stellvertretender Bundesvorsitzender des Bundesverbandes der Lehrerinnen und Lehrer an berufsbildenden Schulen, skizziert Ansätze zu Lösungen: »Den hohen Bedarf an gewerblich-technischen Nachwuchslehrkräften werden wir nur dann gewinnen können, wenn das Studium attraktiv ist und der Beruf von den zukünftigen Lehrkräften als erstrebenswert angesehen wird. Dafür benötigen wir innovative Konzepte von dem ersten Kontakt potenzieller Bewerberinnen und Bewerber bis zur dritten Phase der Lehrerinnen- und Lehrerbildung sowie gut ausgestattete Schulen mit überdurchschnittlicher Lehrerinnen- und Lehrerbesoldung«.

Von der professionellen Imagekampagne für das Studium über Masterstudiengänge für Quereinsteiger bis hin zu einem bundesweiten Förderprogramm für innovative Studiengänge – es besteht dringender Handlungsbedarf, soll die berufliche Bildung als ein entscheidender Standortfaktor für die deutsche Wirtschaft und ihre Innovationskraft nicht in Gefahr geraten.

 

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