Studie: Erfolgreicher Unterricht ist digital - aber nicht ausschließlich

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TU München

Schülerinnen und Schüler erzielen in Naturwissenschaften und Mathematik bessere Leistungen und sind motivierter, wenn im Unterricht digitale Medien eingesetzt werden. Allerdings hängt der Erfolg von der Gestaltung der Mediennutzung ab. Er ist größer, wenn Kinder und Jugendliche nicht allein lernen und wenn weiterhin auch traditionelles Lernmaterial verwendet wird.

Dies zeigt eine der größten Untersuchungen zum Thema, die rund 80 Einzelstudien ausgewertet hat. Damit die Erkenntnisse in den Schulen angewandt werden können, sind sie in einer Broschüre für die Praxis aufbereitet.

Die Digitalisierung des Schulunterrichts wird seit Jahren heiß diskutiert. Wann, wie oft und welche Programme sollen Lehrerinnen und Lehrer am Computer einsetzen? Dazu gibt es eine schwer zu überschauende Fülle an Forschungsprojekten. Das Zentrum für internationale Bildungsvergleichsstudien (ZIB) an der Technischen Universität München (TUM) hat nun im Auftrag der Kultusministerkonferenz 79 Studien ausgewertet, die seit 2000 weltweit erschienen sind. Die Metastudie wurde gestern auf der Tagung »Bildungsforschung, Politik und Schule im Diskurs« in Berlin vorgestellt.

Die Untersuchung zeigt: Schülerinnen und Schüler aus Klassen, in denen mit digitalen Unterrichtsmedien gearbeitet wird, erzielen bessere Leistungen als Kinder und Jugendliche aus Klassen, die traditionell unterrichtet werden. Außerdem sind sie motivierter für das jeweilige Fach. Dies gilt für alle Jahrgangsstufen höherer Schulen (Sekundarbereich) und für alle untersuchten Fächer, also Mathematik, Biologie, Chemie und Physik.

Allerdings garantieren digitale Materialien an sich noch keinen Erfolg. Ihre Wirkung auf Leistung und Motivation hängt davon ab, wie sie im Unterricht eingesetzt werden:

  • Kinder und Jugendliche profitieren von digitalen Unterrichtsmedien stärker, wenn sie nicht allein, sondern in Paaren arbeiten. Die Forscherinnen und Forscher gehen davon aus, dass Computerprogramme in besonderer Weise Gespräche zwischen ihnen anregen, die das Lernen fördern.
  • Schülerinnen und Schüler erzielen bessere Leistungen, wenn sie bei der Arbeit mit Digitalmaterial von Lehrkräften begleitet werden. Arbeiten sie vollkommen selbstständig mit Computerprogrammen, ist deren positiver Effekt gering.
  • Die erwünschte Wirkung digitaler Medien ist größer, wenn sie klassische Unterrichtsmaterialien nicht vollständig ersetzen. Erfolgversprechend ist, sie ergänzend zu analogen Methoden zu verwenden.
  • Digitale Medien steigern die Leistungen stärker, wenn sie von professionell geschulten Lehrerinnen und Lehrern in den Unterricht integriert werden.

Auch gut gemachte Programme können Lehrkräfte nicht ersetzen

»Digitale Medien sollten im Unterricht mit Augenmaß eingebaut werden«, sagt Prof. Kristina Reiss, Leiterin des ZIB und Dekanin der TUM School of Education. »Es würde über das Ziel hinaus schießen, bewährte analoge Formate zu verbannen. Außerdem sehen wir, dass auch sehr gut gemachte Lernprogramme nicht die Lehrerinnen und Lehrer ersetzen können«.

Bei einem durchdachten Einsatz könnten die Vorteile digitalen Materials gerade bei komplexen und abstrakten Inhalten in Naturwissenschaften und Mathematik voll zur Geltung kommen, beispielsweise mit der Visualisierung chemischer Verbindungen und geometrischer Formen.

»Wenn mit neuen Unterrichtsmethoden darüber hinaus die Motivation der Schülerinnen und Schüler erhöht wird, ist das eine große Chance für die MINT-Fächer«, betont Reiss. Die jüngste PISA-Studie hatte gezeigt, dass Jugendliche in Deutschland vergleichsweise wenig an Naturwissenschaften in Schule und Beruf interessiert sind.

Manche Digitalmedien nutzen mehr als andere

Die Metastudie zeigt auch, welche Typen digitaler Medien Erfolg versprechen. Die größte positive Wirkung haben sogenannte intelligente Tutorensysteme. Dabei handelt es sich um Programme, die Inhalte in kleinen Einheiten vermitteln und Übungen ermöglichen. Entscheidend ist, dass sie sich mit Geschwindigkeit, Schwierigkeitsgrad und Hilfestellungen an die Kompetenzen der Nutzerinnen und Nutzer anpassen. Vergleichsweise wenig wirksam sind Hypermediasysteme, die mit Video-, Audio- und Textmaterial auf ein freies Erkunden ausgelegt sind, ohne dass die Anwendungen ein Lernziel vorgeben.

Broschüre für die Schulpraxis
Der Auftrag für die Publikation geht auf die Gesamtstrategie der Kultusministerkonferenz zum Bildungsmonitoring zurück. In diesem Rahmen hat die KMK das ZIB beauftragt, eine Pilot-Forschungssynthese zum vorliegenden Thema zu erstellen. Darauf aufbauend werden in den nächsten Jahren weitere Forschungssynthesen erstellt, um auch zu anderen Themen wissenschaftliche Erkenntnisse für die Schulpraxis nutzbar zu machen.

Das ZIB hat die Metastudie in einer Broschüre für Schulpraktikerinnen und -praktiker aufbereitet. Neben einer übersichtlichen Darstellung der Ergebnisse werden Beispiele für den erfolgreichen Einsatz digitaler Medien geschildert. Außerdem kommen erfahrene Lehrerinnen und Lehrer zu Wort, die in Zusammenarbeit mit dem Institut für Schulqualität und Bildungsforschung (München) befragt wurden.

Hintergrund
Erkenntnisse der Bildungsforschung für die Schulpraxis nutzbar zu machen, ist ein wesentliches Ziel der ZIB-Partner, neben der TUM das Deutsche Institut für Internationale Pädagogische Forschung und das Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik. Vor wenigen Monaten ist das Clearing House Unterricht der TUM School of Education online gegangen, eine Plattform, die den aktuellen Forschungsstand zu konkreten Fragen aus dem Schulalltag verständlich zusammenfasst.

 

 

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