Niedriglohnbeschäftigung weiter hoch

(Geschätzte Lesezeit: 1 - 2 Minuten)
IAQ2

Obwohl die Löhne deutlich gestiegen sind, bleibt der Anteil der Geringverdienenden auf hohem Niveau: 22,7 Prozent aller abhängig Beschäftigten in Deutschland arbeiteten im Jahr 2016 für einen Niedriglohn. Der lag zwar im Durchschnitt fast 1 Euro (13,8 Prozent) über dem von 2013, aber noch 48 Cent unter dem gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 €.

Das zeigen aktuelle Auswertungen des Instituts Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen (UDE).

Im neuen IAQ-Report berechnen Dr. Thorsten Kalina und Dr. Claudia Weinkopf die Niedriglohnschwelle für 2016. Dafür legten sie zwei Drittel des mittleren Stundenlohns (Median) und die tatsächlichen Arbeitszeiten zugrunde und kommen so auf 10,44 € pro Stunde – vor drei Jahren waren es 9,60 €. Verwendeten sie die vertragliche Arbeitszeit, liegt die Niedriglohnschwelle sogar bei 10,73 €.

Besonders stark ist das Niedriglohnrisiko der unter 25-Jährigen gestiegen (von 53,1% im Jahr 2014 auf 58,6% im Jahr 2016). Auffällig ist es auch bei den Minijobbern: Es erhöhte sich von 78,5% auf 83,6% – und das, obwohl ihre Verdienste im Durchschnitt um mehr als 9 % wuchsen. »Möglicherweise spielt hierbei eine Rolle, dass die Niedriglohnschwelle 2016 mit 10,44 € über den für viele Minijobs ‚marktüblichen’ Stundenlöhnen lag«, vermuten Kalina und Weinkopf. Der gesetzliche Mindestlohn habe die Bezahlung im unteren Bereich zwar komprimiert und das weitere »Ausfransen« gebremst. Diese erfreuliche Entwicklung habe allerdings offenbar nicht ausgereicht, um den Umfang des Niedriglohnsektors in Deutschland zu verringern.

Die internationale Forschung legt nahe, dass nicht nur eine gesetzliche Untergrenze, sondern auch eine hohe Tarifbindung wichtig ist, um Niedriglöhne einzudämmen. Denn in tarifgebundenen Branchen verschiebt sich meist das gesamte Tarifgitter nach oben, wenn der Mindestlohn angehoben wird. Bei dessen Niveau liegt Deutschland im europäischen Vergleich deutlich zurück: Aktuell gibt es hierzulande 8,84 € pro Stunde, während in Luxemburg (11,55 €), Frankreich (9,88 €), den Niederlanden (9,68 €), Irland (9,55 €) und Belgien (9,47 €) wesentlich mehr gezahlt wird.

 

  LINKS  

 

Verringerung der Lohnspreizung in Deutschland durch Mindestlohnerhöhung
Zwischen April 2022 und April 2023 hat sich der Verdienstabstand zwischen Gering- und Besserverdienenden in Deutschland deutlich verringert. Wie das Statistische Bundesamt mitteilt, sank das Verhältnis des Bruttostundenverdienstes von...
Niedriglohnbeschäftigung 2021: Langfristiger Rückgang nur in Ostdeutschland
Jede*r fünfte Beschäftigte in Deutschland war 2021 im Niedriglohnsektor tätig. Das zeigt eine aktuelle Auswertung des Instituts Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen. Damit ist das Niedriglohnrisiko langfristig betrachtet...
Kaufkraft des Mindestlohns ist längerfristig stärker gestiegen als die der Tariflöhne
Mit der Erhöhung auf 12 Euro liegt die Entwicklung des gesetzlichen Mindestlohns über der Tariflohn- und Preisentwicklung Der Anstieg des gesetzlichen Mindestlohns lag seit der Einführung im Januar 2015 insgesamt deutlich über dem Aufwuchs der...

 

 

Die fünf meistgelesenen Artikel der letzten 30 Tage in dieser Kategorie.

 

.