Für jeden achten Zuwanderer in Europa ist die mangelnde Anerkennung ausländischer Qualifikationen das größte Problem

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Mehr als jeder dritte hochqualifizierte Einwanderer übt eine Arbeit aus, für die er überqualifiziert ist, bei den Einheimischen ist es nur jeder vierte. Das geht aus dem neuen Bericht »Welche Verschwendung: Die Anerkennung von Qualifikationen und Vorerfahrungen von Zuwanderern und Geflüchteten« [Originaltitel: "What a waste: Ensure the recognition of migrants and refugees qualification and prior learning”] hervor, der am heutigen Internationalen Tag der Migranten von UNESCO’s Weltbildungsbericht, the Education Above All Stiftung und UNHCR veröffentlicht wird.

Trotz hohem Bedarf sind Verfahren zur Anerkennung ausländischer Qualifikationen und Vorerfahrungen unzureichend: für jeden achten Zuwanderer in Europa ist die mangelnde Anerkennung ausländischer Qualifikationen das größte Problem, weit vor Sprachschwierigkeiten, Diskriminierung oder Visumsbeschränkungen.

»Beispiele von zugewanderten Medizinern oder Lehrern, die Taxis fahren zeigen auf, wie viel Potenzial weltweit vergeudet wird. Für manche Zuwanderer und Flüchtlinge sind die Anerkennungsverfahren so komplex, dass sie gar keine Arbeit finden«, sagt Ita Sheehy, Senior Education Advisor beim UN Flüchtlingshilfswerk UNHCR. »Stellen wir uns vor, wie viel besser es für die Gesellschaft wäre, wenn diese Menschen Arbeit hätten, die ihren Fähigkeiten entspricht«.

Nicht einmal 15% derer mit Hochschulabschlüssen von außerhalb Europas oder Nordamerikas arbeiten in OECD-Ländern in einer Tätigkeit, die ihrer Qualifikation entspricht.

Hervorgehoben werden die Vereinigten Staaten, wo sich fast jeder vierte Zuwanderer mit postsekundärem Abschluss in niedrig-qualifizierter Arbeit findet oder arbeitslos ist. Dieser Zustand führt jährlich zu 39 Milliarden US$ an entgangenem Einkommen und 10.2 Milliarden US$ an verpassten Steuern.

Mehrere Abkommen und Gesetze wurden verabschiedet, die sich mit dem Problem befassen, aber die Herausforderungen sind groß. Der ASEAN Staatenbund in Südostasien hat mehrere gegenseitige Anerkennungsabkommen, aber 2017 profitierten gerade einmal sieben Ingenieure von dem Verfahren. Die Lissabon-Konvention zur Anerkennung von Studienleistungen und -abschlüssen aus dem Jahre 1997 legt Schritte fest zur Anerkennung der Qualifikationen von Flüchtlingen, die diese oftmals nicht dokumentieren können. Trotzdem haben mehr als zwei Drittel der unterzeichnenden Staaten bis 2016 kaum oder keine solche Schritte unternommen.

Nationale Anerkennungsverfahren sind oft auch fragmentiert: in Kanada umfasst das System nicht weniger als 400 Regulierungsstellen. Noch dazu sind Anerkennungsverfahren oft schlecht beworben, was zu mangelnder Inanspruchnahme führt: in Polen wurde ein neu eingeführtes Verfahren im ersten Jahr kein einziges Mal in Anspruch genommen.

»Auf der Flucht führen viele erst recht keine Qualifikationsnachweise mit sich«, sagt Manos Antoninis, Direktor des Weltbildungsberichts (Global Education Monitoring Report). »Auf der Flucht vor Gewalt denkt natürlich kaum einer daran, Zeugnisse mitzunehmen. Anerkennungsverfahren müssen vereinfacht und unbürokratischer werden«.

Manche Staaten unternehmen Schritte in die richtige Richtung. Eine deutsche Webseite zur Anerkennung ausländischer Qualifikationen, die in 9 verschiedenen Sprachen bereitsteht, wird jährlich eine Million Mal aufgerufen. In Flandern in Belgien wird Geflüchteten die Anerkennungsgebühr erlassen. Norwegen und andere Länder haben zusammen mit dem Europarat einen Europäischen Qualifikationspass entwickelt, der derzeit in Griechenland, Italien, Norwegen und dem Vereinigten Königreich getestet wird, mit dem Potenzial, weltweit zum Einsatz zu kommen.

Es ist schwer, undokumentierte Lernerfahrungen zu bewerten. Obwohl manche Staaten positive Erfahrungen gesammelt haben speziell mit der Bewertung bestehender Kenntnisse bei Zuwanderern und Flüchtlingen, einschließlich Norwegen, wo die Kompetenzen von Erwachsenen in Asylaufnahmezentren elektronisch erfasst werden, ist dies noch die Ausnahme. Nur in jedem dritten europäischen Land gibt es an Zuwanderer gerichtete Projekte zur Anerkennung bereits erworbener Kenntnisse. In Frankreich etwa besteht seit 2002 ein solches System, aber Zuwanderer gehören nicht zur Zielgruppe.

Anerkennungsverfahren sollten:

  1. Maßnahmen beinhalten, die sich an Zuwanderer und Geflüchtete richten
  2. vereinfacht, flexibilisiert und bezahlbarer werden
  3. klare, transparente und kohärente Bewertungsrahmen für die Anerkennung bestehender Kenntnisse bieten
  4. beworben und bekannter gemacht werden
  5. mit Serviceangeboten zur Arbeitssuche kombiniert werden
  6. die Kenntnisse und Fähigkeiten von Kindern bewerten, zur Einstufung in die angemessene Schulstufe innerhalb von spätestens Wochen ihrer Ankunft
  7. wo sinnvoll, moderne Technologien zum Einsatz bringen

  

 

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