Studie: Zuwanderung für Gering- bis Mittelqualifizierte in Kooperation mit Herkunftsländern steuern
Manche Asylbewerber und -bewerberinnen kommen aus wirtschaftlichen Gründen nach Deutschland und können im Verfahren keine Schutzgründe geltend machen. Welche Wege stehen Drittstaatsangehörigen offen, die zum Arbeiten oder zur Ausbildung nach Deutschland kommen wollen, dafür aber nicht ausreichend qualifiziert sind? Die neue Studie des SVR-Forschungsbereichs empfiehlt, im Sinne einer kohärenten Migrationspolitik arbeitsmarkt-, ordnungs-, entwicklungs- und außenpolitische Ziele in Einklang zu bringen. Dazu gehört, Kooperationen mit Drittstaaten auszubauen und mehr länderspezifische Angebote zu machen.
Deutschlands Zuwanderungspolitik setzt bislang vor allem auf akademisch und beruflich qualifizierte Fachkräfte. Welche Zuwanderungsmöglichkeiten Gering- und Mittelqualifizierte haben und in welchem Umfang sie diese nutzen, nimmt der Forschungsbereich beim Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) in seiner Studie »Alternativen zum Asylantrag? Legale Migrationswege nach Deutschland für Drittstaatsangehörige ohne Schutzperspektive« in den Blick.
Fazit: Bestehende ausbildungs- und erwerbsbezogene Optionen sollten ausgebaut bzw. neue geschaffen werden. Das dient drei Zielen: Erstens könnte das Asylsystem durch legale Zuwanderungsmöglichkeiten entlastet werden. Zweitens gibt es Anzeichen, dass auch für diese Qualifikationsgruppen ein wachsender Bedarf am Arbeitsmarkt herrscht. Drittens könnten passgenaue Lösungen auch entwicklungs- und außenpolitischen Zielen dienen, wenn die Interessen der Herkunftsländer berücksichtigt werden. Die Studie diskutiert Potenziale und Hürden länderspezifischer Maßnahmen wie der Westbalkanregelung und formuliert Handlungsempfehlungen, um die auswärtige Migrationspolitik weiterzuentwickeln.
Das Bundeskabinett hat gestern den Entwurf für ein Einwanderungsgesetz für Fachkräfte aus Drittstaaten beschlossen. Dr. Jan Schneider, Leiter des SVR-Forschungsbereichs, sieht in dem vorliegenden Referentenentwurf eine Verbesserung der Rahmenbedingungen: »Das geplante Fachkräfteeinwanderungsgesetz soll es Ausbildungsinteressierten und erstmals auch Personen mit informellen Kompetenzen und hinreichender Berufserfahrung ermöglichen, unter bestimmten Voraussetzungen nach Deutschland zuzuwandern. Davon können auch gering- bis mittelqualifizierte Drittstaatsangehörige profitieren«.
Allerdings weist Dr. Schneider darauf hin, dass die Hürden immer noch hoch liegen. Vorausgesetzt werde u. a., dass Zuwanderer und Zuwanderinnen ihren Lebensunterhalt sichern und im Berufsalltag auf Deutsch kommunizieren können. »Damit eine angemessene Zahl Zuwanderungswilliger die neuen Regelungen nutzen kann, brauchen wir Maßnahmen, mit denen der Rechtsrahmen auch praktisch anwendbar wird. Denkbar sind mehr Vermittlungsabsprachen zur Arbeits- und Ausbildungsaufnahme in Deutschland sowie neue Projekte, bei denen etwa ein gleichwertiger Berufsabschluss auf der Basis einer im Ausland erworbenen Qualifikation in maximal zwei Jahren zu erreichen ist«.
Die Studie betont, dass eine ganzheitliche Zuwanderungspolitik neben arbeitsmarktpolitischen Interessen auch ordnungs-, entwicklungs- und außenpolitische Motivlagen berücksichtigen und miteinander in Einklang bringen muss. Dabei sollte die Förderung von legaler Migration und Mobilität zum Nutzen Deutschlands sein und zugleich die Interessen der Herkunftsländer berücksichtigen. Als Plattform für einen interministeriellen Austausch über diese Interessen und daraus resultierende Ziele könnte ein regelmäßig tagendes Migrationskabinett dienen.
Winfried Kneip, Geschäftsführer der Stiftung Mercator, hebt die europäische Dimension der Studie hervor: »Die Herausforderungen, die sich durch die Migration nach Europa ergeben, sind groß und vielschichtig. Daher sollten sie auch auf europäischer Ebene bearbeitet werden und Deutschland seinen Beitrag dazu leisten«.
Hintergrund
Die Studie wurde im Rahmen des Projekts »Legale Migration zu Erwerbs- und Ausbildungszwecken: Mobilitätsoptionen nach Europa für Personen ohne Schutzperspektive” des Forschungsbereichs beim Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration in Kooperation mit dem Migration Policy Institute Europe erarbeitet, gefördert durch die Stiftung Mercator.
VERWEISE
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