BKK-Gesundheitsreport 2015: Langzeiterkrankungen auf dem Vormarsch
BKK-Plädoyer für Masterplan »Chronische und Langzeiterkrankungen«, um den Anstieg von Langzeiterkrankungen künftig einzudämmen
Der aktuelle BKK-Gesundheitsreport »Langzeiterkrankungen« (erschienen im November 2015) zeigt, dass fast die Hälfte aller Fehltage bei den beschäftigten BKK-Mitgliedern auf das Konto von Langzeiterkrankungen mit einer Dauer von mehr als sechs Wochen geht. Vor zehn Jahren lag dieser Anteil noch fünf Prozentpunkte niedriger. Ändert sich grundsätzlich nichts bei der Versorgung dieser Patienten, ist zu erwarten, dass mit fortschreitendem demographischen Wandel lang andauernde und meist auch chronische Krankheiten immer weiter zunehmen.
Franz Knieps, Vorstand des BKK-Dachverbandes stellt mit Blick auf die Datenlage fest: »Das deutsche Gesundheitswesen ist erstarrt in seinen Strukturen. Es ist nicht am Krankheitsverlauf eines Patienten orientiert, was bei Langzeit-Patienten bitter nötig wäre, sondern agiert in Zeiten globaler Informationsvernetzung noch mit Abgrenzung und Abschottung: So zwischen ambulanter und stationärer Behandlung, zwischen Ärzten und anderen Gesundheitsberufen und auch zwischen privater und gesetzlicher Krankenversicherung«.
Masterplan »Chronische und Langzeiterkrankungen« bitter nötig
Knieps fordert deshalb, dass endlich gehandelt werden muss. Ähnlich dem nationalen Krebsplan ist nun ein Masterplan für langwierige und chronische Leiden zu erarbeiten: »Oberste Priorität müssen dabei die Bedarfe und Bedürfnisse von Langzeitpatienten haben. Um erfolgreich zu sein, sollten alle Akteure am Plan und dessen Umsetzung mitwirken - ohne auf tradierte Hierarchien und Privilegien zu pochen. Ich bin davon überzeugt, dass die junge Medizinergeneration, die gut ausgebildeten jungen Pflegefachkräfte und weitere zukunftsorientierte Akteure aus dem Gesundheitswesen mit Dynamik und Beharrlichkeit erstarrte Strukturen kritisch hinterfragen«.
Was sind »Langzeiterkrankungen«?
Das gesamte Krankheitsspektrum hat sich verschoben: Es sind nicht die akuten Fälle wie Verletzungen oder Infektionen, die Patienten und Gesundheitssystem mehrheitlich belasten. Vielmehr dominieren langwierige, oft auch chronische Krankheiten: Hypertonie, Diabetes, Krebs, psychische Krankheiten sowie Muskel-Skeletterkrankungen.
Langzeitfälle: Individuelle und gesellschaftliche Folgen
Die Folgen für Arbeitnehmer, die krankheitsbedingt lange ausfallen und die sozialen Sicherungssysteme schildert Prof. Holger Pfaff: »Die Unsicherheit des Einzelnen, ob er trotz oder mit seiner Krankheit seinen Beruf perspektivisch weiter ausüben kann ist eine große Belastung für den Kranken selbst, seine Familie und sein Arbeitsumfeld«.
Der Patient ist zwar in der Gesetzlichen Krankenversicherung abgesichert, weil ihm diese (nach den meist sechs Wochen Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber) Krankengeld zahlt. Der maximale Krankengeld-Zeitraum: 78 Wochen. Gesundet ein Langzeitpatient in dieser Zeit nicht, wird er in der Regel verrentet.
»Steigende Krankengeldzahlungen, immer eher verrentete Beschäftigte – besonders dramatisch bei psychisch Kranken – sind kein unabänderliches Schicksal. Weder für die Kranken noch die deutschen Sozialsysteme. Entscheidend ist, Häufigkeit und Schwere der Langzeiterkrankungen durch Prävention zu verringern. Zu den effektiven Lösungsansätzen gehört für die Reduzierung von Langzeitkrankheiten und der oft damit einhergehenden Multimorbidität durch konsequentes, effektives und vor allem sektorenübergreifendes Versorgungsmanagement. Wir können uns die berühmt-berüchtigte sogenannte Schnittstellenproblematik im
deutschen Gesundheitswesen einfach nicht länger leisten«, resümiert Pfaff.
Hintergrund
Neben den Fehlzeiten sind im Report 2015 detaillierte Analysen zur ambulanten Versorgung und den Arzneimittelverordnungen zu finden. Neu sind Kennzahlen zur stationären Versorgung.