Midijob-Reform: Pauschale Begünstigung von niedrigen Arbeitsentgelten
Für den Übergangsbereich von Minijobs in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung – bisher die Midijobs – gelten ab 1. Juli 2019 neue Regelungen. Was sich genau ändert, hat das Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen (UDE) zusammengestellt.
Ab einer Einkommensgrenze von 450 Euro im Monat enden die Mini-Job-Regelungen, da die Beschäftigten beitrags- und steuerpflichtig werden. Allerdings setzt der Eingangsbeitragssatz nur auf einem reduzierten Niveau von ca. 10,4 % an, um einen abrupten Sprung in der Beitragsbelastung zu vermeiden. Mit steigendem Bruttoverdienst steigt der Beitragssatz progressiv an bis das reguläre Niveau von 20,1 % erreicht ist (Renten-; Kranken-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung).
Ab dem 1. Juli wird der reguläre Arbeitnehmerbeitragssatz von 20,1 % bis auf ein Einkommen von 1.300 Euro ausgedehnt. Zuvor lag der obere Schwellenwert bei 850 Euro. Dies führt dazu, dass der Beitragssatzanstieg langsamer erfolgt und auch Einkommen bis zu 1.300 Euro noch eine Beitragsentlastung erfahren. Neu ist auch, dass die reduzierten Beitragssätze keine negativen Auswirkungen auf die Höhe der Rentenanwartschaften mehr haben. Bei einem Monatseinkommen von z.B. 1.000 Euro errechnen sich daraus auch die Rentenpunkte, obwohl der Arbeitnehmerbeitragssatz abgesenkt ist.
Die Reform soll Geringverdienende finanziell entlasten – besonders Frauen, die in Teilzeit arbeiten. Die Zahl der Beschäftigten im bisherigen Midijob-Bereich (400 bis 850 Euro) liegt bei etwa 1,3 Millionen Personen. Angenommen wird, dass von dem neuen »Übergangsbereich« rund 3.5 Millionen Beschäftigte profitieren. Keine Rolle spielt, ob das Entgelt Ergebnis einer Vollzeit- oder eine Teilzeitbeschäftigung ist, ob andere Einkünfte z.B. aus selbstständiger Tätigkeit vorliegen oder der/die Partner*in gut verdient. »Handelt es sich hier um einen sinnvollen sozialen Ausgleich oder wird einfach Teilzeitarbeit ungezielt begünstigt?« fragt der IAQ-Forscher Prof. Dr. Bäcker kritisch. Denn die entstehenden Mindereinnahmen werden aus Beitragsmitteln finanziert, ebenso die späteren Mehrausgaben bei der Rentenversicherung.
»Insgesamt kann es kaum das Ziel sein, Beschäftigte – und hier handelt es sich weit überwiegend um Frauen – durch finanzielle Anreize im Bereich niedriger Arbeitsverdienste und niedriger Arbeitszeiten festzuhalten. Vielmehr muss die gläserne Decke von Arbeitsverhältnissen im niedrigen Stunden- und Einkommensbereich überwunden werden, so dass auch ausreichend hohe Rentenansprüche erworben werden können!« fordert Bäcker.
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