Fast jeder zweite Beschäftigte berichtet von wachsender Arbeitsverdichtung durch Digitalisierung
Beschäftigte im Norden haben keine Angst vor Digitalisierung: Sie gehen Digitalisierung selbstbewusst an, berichten aber auch von starker Arbeitsverdichtung
Die Industriebeschäftigten im Norden gehen die Digitalisierung in ihren Branchen selbstbewusster an als ihre Kolleginnen und Kollegen in anderen Regionen Deutschlands. Weder sehen sie durch den Wandel ihre Jobs in Gefahr, noch fühlen sie sich durch die wachsenden Anforderungen überfordert. Auch sind sie mehrheitlich offen für Veränderungen an ihrem Arbeitsplatz. Gleichzeitig spürt jeder Zweite einen steigenden Arbeits- und Zeitdruck. In keiner Region bundesweit ist der Anteil derjenigen, die über eine digitalisierungsbedingte Arbeitsverdichtung berichten, höher.
Das hat die regionale Auswertung des »Monitors Digitalisierung« ergeben – eine der größten Umfragen unter Industriebeschäftigten, die in Deutschland bislang zu dem Thema durchgeführt wurde. Dazu hat die Stiftung Arbeit und Umwelt im Auftrag der IG BCE Beschäftigte aus den Branchen der Gewerkschaft befragen lassen – von Chemie- und Pharmaindustrie über Kautschuk- und Kunststoffbranche bis zu Energie- oder Zementwirtschaft.
An der repräsentativen Online-Erhebung haben sich in Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Hamburg und Bremen fast 1.000 Beschäftigte beteiligt – darunter beispielsweise Mitarbeiter des hannoverschen Autozulieferers Continental, des Holzmindener Duft- und Aromen-Herstellers Symrise oder der Hamburger Aluminiumhütte Trimet.
Einige Ergebnisse in Kürze:
- 72 Prozent der norddeutschen Beschäftigten in den Branchen der IG BCE trauen sich zu, mit der Digitalisierung auch in Zukunft Schritt halten zu können (bundesweit: 71 Prozent).
- 71 Prozent haben keine Sorge, ihren Arbeitsplatz zu verlieren (bundesweit: 64 Prozent).
- 50 Prozent kritisieren eine wachsende Arbeitsverdichtung durch Digitalisierung (bundesweit: 47 Prozent).
- 56 Prozent sind offen für Veränderungen am Arbeitsplatz (bundesweit: 54 Prozent).
- 71 Prozent halten eine stringente Digitalisierungsstrategie ihres Betriebs für unabdingbar für dessen Wettbewerbsfähigkeit in der Zukunft (bundesweit: 66 Prozent).
- 59 Prozent haben darüber heute jedoch kein klares Bild (bundesweit: 56 Prozent).
- 25 Prozent geben an, im Betrieb die notwendigen Rahmenbedingungen für eine Weiterbildung zu Themen der Digitalisierung vorzufinden (bundesweit: 25 Prozent).
»Die Beschäftigten im Norden wollen die Digitalisierung aktiv mitgestalten – aber in vielen Betrieben ist noch unklar, wohin die Reise genau gehen soll«, sagt Ralf Becker, Leiter des IG-BCE-Landesbezirks Nord. »Durch mehr Mitbestimmung, eine bessere Einbindung aller Beteiligten und mehr Engagement der Unternehmen in Fragen der Weiterbildung können wir auch in Zukunft gute Arbeit gestalten."
Deshalb will die IG BCE in der im September startenden Chemie-Tarifrunde eine Qualifizierungsoffensive durchsetzen. Gleichzeitig fordert sie ein Zukunftskonto, das den Beschäftigten angesichts der stetig wachsenden Arbeitsbelastung Möglichkeiten für mehr Freizeit bieten soll. Die Verhandlungen im Norden starten am 7. Oktober in Hannover.
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