Modernes Rollenverständnis verbessert die Zufriedenheit der Eltern

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Dank der zunehmenden Freiheit, zwischen Elternschaft und Erwerbstätigkeit zu wählen und die Kinderbetreuung individuell zu gestalten, sind Mütter und Väter heute zufriedener mit ihrem Leben als vor 20 oder 30 Jahren. Das zeigt eine Studie auf Basis von Daten der für Deutschland repräsentativen Langzeitstudie Sozio-oekonomisches Panel (SOEP) am DIW Berlin, die eine Forschungsgruppe um den Schweizer Soziologen Klaus Preisner erstellt hat. Die Studie wurde kürzlich in der Fachzeitschrift Gender & Society online veröffentlicht.

Die Mutter kümmert sich um die Kinder, der Vater arbeitet Vollzeit – dieses gesellschaftliche Rollenverständnis hielt sich lange Zeit hartnäckig. In den letzten Jahrzehnten aber haben sich die normativen Erwartungen an Mütter und Väter verändert. Mutterschaft ist heute für die weibliche Identität und ein erfülltes Leben als Frau nicht mehr zwingend. Von Müttern wird nicht mehr erwartet, dass sie ihre Erwerbsarbeit aufgeben, während es zunehmend selbstverständlich ist, dass sich Väter an der Kindererziehung und -betreuung beteiligen.

Diskrepanz zwischen öffentlichen Diskussionen und empirischen Daten

Zusammen mit Forschenden der Universität Konstanz und des Deutschen Jugendinstituts in München hat der Soziologe Klaus Preisner von der Universität Zürich (UZH) untersucht, wie sich diese veränderten gesellschaftlichen Erwartungen auf die Lebenszufriedenheit von Eltern ausgewirkt haben. Um herauszufinden, wie sich die sozialen Normen bezüglich der Elternschaft im Laufe der Jahre entwickelt haben, analysierten die WissenschaftlerInnen Angaben aus der Allgemeinen Bevölkerungsumfrage der Sozialwissenschaften (ALLBUS). Hier wurde auf einer vierstufigen Skala erfasst, wie stark die westdeutschen Befragten folgender Aussage zustimmten: „Es ist für alle Beteiligten viel besser, wenn der Mann voll im Berufsleben steht und die Frau zu Hause bleibt und sich um den Haushalt und die Kinder kümmert.« Um die Veränderungen in der Lebenszufriedenheit zu erfassen, werteten die WissenschaftlerInnen Angaben von 18.397 Frauen und 11.896 Männern aus den alten Bundesländern aus, die im Zeitraum von 1984 bis 2015 im SOEP befragt worden waren.

Das Nachlassen sehr spezifischer normativer Erwartungen an die Elternschaft zeigt sich in den ALLBUS-Daten: Die Aussage »Es ist für alle Beteiligten viel besser, wenn der Mann voll im Berufsleben steht und die Frau zu Hause bleibt und sich um den Haushalt und die Kinder kümmert« wurde im Laufe der Jahre von immer weniger Menschen unterstützt. Während in den 1980er Jahren jede/r Zweite zustimmte, war es 2015 nur noch jede/r Fünfte.

»Während in der Öffentlichkeit in den letzten Jahren vermehrt thematisiert wurde, dass Eltern unter großen Belastungen stehen oder ihre Elternschaft sogar bedauern, zeigt unsere Analyse das Gegenteil«, sagt Klaus Preisner. In den 1980er-Jahren gaben Mütter bei Befragungen mehrheitlich an, weniger zufrieden mit ihrem Leben zu sein als kinderlose Frauen. Das »Glücksversprechen Kind« – auch eine Folge des damaligen Tabus, kritisch über die Mutterschaft zu sprechen – wurde damals nicht eingelöst. »Mit zunehmenden Freiheiten, sich für oder gegen ein Kind zu entscheiden und die Elternschaft zu gestalten, ist der sogenannte ‹maternal happiness gap› verschwunden. Heute finden wir keine Unterschiede mehr in der Lebenszufriedenheit von Müttern und kinderlosen Frauen«, so Preisner.

Lebenszufriedenheit beider Elternteile hat zugenommen

Für die Männer gilt: Im Unterschied zu Frauen wurde von Vätern früher nicht erwartet, sich an der Kinderbetreuung zu beteiligen, Elternzeit zu nehmen oder die Erwerbsarbeit zumindest zeitweise einzuschränken. Den Freuden der Vaterschaft standen also kaum häusliche Verpflichtungen entgegen und Männer mit Kindern waren genauso zufrieden wie Männer ohne Kinder.

Obwohl sich die Erwartungen an Väter geändert haben, hat sich ihre Lebenszufriedenheit dadurch kaum verändert. Väter sind heute nach wie vor genauso zufrieden wie kinderlose Männer. »Der Grund dafür liegt darin, dass Väter, die den neuen Erwartungen gerecht werden, heute mit viel privater und öffentlicher Anerkennung für ihr Engagement belohnt werden«, sagt Preisner.

Moderne Familienpolitik nützt sowohl Eltern wie auch Kindern

Mit den veränderten normativen Erwartungen seien auch neue familienpolitische Maßnahmen wie etwa die Elternzeit nach der Geburt eines Kindes sowie die Schaffung von Betreuungsmöglichkeiten außerhalb der Familie möglich geworden, erklären die AutorInnen. So könnten Mütter und Väter freier entscheiden, wie sie ihre Elternschaft im Hinblick auf Eigen- und Fremdbetreuung gestalten wollen. Darüber hinaus seien die Rollen und Aufgaben zwischen Müttern und Vätern heute weniger ungleich verteilt. Beides wirke sich positiv darauf aus, wie zufrieden Eltern mit ihrem Leben sind. »Diese familienpolitischen Maßnahmen sind nicht nur im Sinne der Gleichstellung von Frauen und Männern von großer Bedeutung. Ebenso wichtig sind sie im Hinblick auf die Lebenszufriedenheit der Eltern und damit letztlich auch der Kinder«, sagt Klaus Preisner.

 

  VERWEISE  

 

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