Legale Wege nach Europa: Arbeits- und Ausbildungsmöglichkeiten für Personen ohne Schutzperspektive
Die Europäische Union sucht nach dem richtigen Umgang mit irregulärer Migration, insbesondere mit Blick auf Drittstaatsangehörige ohne Schutzbedarf. Eine neue Studie fragt, inwieweit Deutschland, Frankreich, Italien, Schweden und Spanien sowie die EU legale Alternativen bieten, um in Europa zu arbeiten oder einer Ausbildung nachzugehen. Im Fokus stehen Möglichkeiten für Personen mit geringer und mittlerer Qualifikation, die unter den irregulären Zuwanderern und Zuwanderinnen besonders häufig vertreten sind. Die Studie empfiehlt: Abgestimmt auf ihren Arbeitskräftebedarf und in Zusammenarbeit mit Herkunftsländern sollten die Mitgliedstaaten und die EU diesen Gruppen mehr legale Wege eröffnen bzw. bereits bestehende Zugänge ebnen
Welche legalen Zuwanderungsmöglichkeiten in Erwerb und Ausbildung bieten die Europäische Union insgesamt und ausgewählte Mitgliedstaaten gering- und mittelqualifizierten Drittstaatlerinnen und Drittstaatlern? Tragen diese legalen Wege dazu bei, irreguläre Zuwanderung zu begrenzen? Was ließe sich verbessern? Der SVR-Forschungsbereich ist diesen Fragen in einem gemeinsamen Forschungsprojekt mit dem Migration Policy Institute Europe (MPI Europe) nachgegangen. Die Gesamtanalyse des Projekts, das von der Stiftung Mercator gefördert wurde, trägt den Titel »Legale Wege nach Europa. Arbeits- und Ausbildungsmöglichkeiten für Personen ohne Schutzperspektive«.
Auch wenn die EU-Kommission sich für legale Wege in Erwerb und Ausbildung stark macht: Nach wie vor entscheidet jeder EU-Mitgliedstaat selbst, welchen Drittstaatsangehörigen er erlaubt, zum Zweck der Erwerbstätigkeit zuzuwandern. Die Studie ermittelt verschiedene Ansätze: Schwedens Politik etwa gibt den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern große Freiheiten, bei Bedarf Arbeitskräfte einzustellen: Staatliche Stellen überprüfen dabei nicht, ob tatsächlich Engpässe in bestimmten Berufen bestehen. Im Vergleich dazu kontrollieren Frankreich, Deutschland, Italien und Spanien stärker, wie viele Personen zum Arbeiten ins Land kommen, in welchen Bereichen sie arbeiten können und welche Qualifikationen sie mitbringen.
Frankreich, Italien und Spanien organisieren Erwerbsmigration in den Segmenten niedriger und mittlerer Qualifikation großteils über Vereinbarungen mit Herkunftsländern. In Deutschland geschieht dies vorrangig über die 2015 beschlossene Westbalkan-Regelung, wohingegen Schweden keine Vorgaben macht, aus welchen Ländern Arbeitskräfte kommen können. Dr. Hanne Beirens, Direktorin von MPI Europe, betont: »Durch länderspezifische Regelungen können Regierungen partnerschaftliche Strukturen und Netzwerke aufbauen, die die Zuwanderung erleichtern. Damit bilaterale Programme zur Erwerbsmigration langfristig funktionieren, müssen die Kosten angemessen auf Staat, Betriebe und Zuwandernde verteilt werden«.
Die Studie zeigt, dass reguläre Zuwanderungsoptionen in Arbeit und Ausbildung für Gering- und Mittelqualifizierte aus Drittstaaten insgesamt eng begrenzt sind. Potenzial besteht insbesondere im Bereich der beruflichen Bildung. Hier sieht Dr. Jan Schneider, Leiter des SVR-Forschungsbereichs, auch Handlungsbedarf für Deutschland: »Im Rahmen des neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetzes können junge Erwachsene aus Drittstaaten zukünftig ein Visum zur Suche eines Ausbildungsplatzes erhalten. Bund, Länder und Wirtschaft sollten in Kooperation mit Herkunftsländern innovative Projekte entwickeln, die den Bedarf am deutschen Ausbildungsmarkt mit den Potenzialen in Herkunftsländern zusammenbringen«.
Winfried Kneip, Geschäftsführer der Stiftung Mercator, unterstreicht: »Migration zu gestalten wird eine zentrale Aufgabe der politischen Entscheiderinnen und Entscheider bleiben – auch der neuen Europäischen Kommission. Legale Migration sollte dabei nicht allein als Mittel betrachtet werden, um irreguläre Migration zu begrenzen, sondern stärker in Hinblick auf die Möglichkeiten, die sie bietet, um auch außen- und entwicklungspolitische Ziele zu erreichen und den Bedarf des Arbeitsmarkts zu decken«.
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