Kita-Gebührenbefreiungen sind keine effiziente Maßnahme, um die Erwerbstätigkeit von Müttern zu fördern
Studie untersucht auf Basis des Mikrozensus, wie frühere Kita-Gebührenabschaffungen das Erwerbsverhalten beeinflusst haben * Kein Effekt auf Erwerbstätigenquote der Mütter, Wochenarbeitszeit steigt nur kurzfristig * Maßnahmen wie gezieltere steuerliche Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten könnten effizienter sein
Die meisten Bundesländer wollen die im Rahmen des »Gute-KiTa-Gesetz« verfügbaren Gelder des Bundes auch dafür nutzen, alle Eltern in größerem Umfang als bisher bei den Kita-Gebühren zu entlasten. Eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) deutet jedoch darauf hin, dass dies nicht viel bringen wird – jedenfalls dann nicht, wenn das Ziel lautet, mehr Müttern die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit oder eine höhere Wochenarbeitszeit zu ermöglichen. Unter anderem auf Basis von Daten des Mikrozensus haben die DIW-FamilienökonomInnen Mathias Huebener, Astrid Pape und C. Katharina Spieß anhand früherer Gebührenbefreiungen der Jahre 2006 bis 2011 untersucht, wie sich diese auf das Erwerbsverhalten der Eltern ausgewirkt haben. Das Kernergebnis: Wird das letzte Kita-Jahr des Kindes vor der Einschulung gebührenfrei, sind nicht mehr Mütter erwerbstätig als vor der Gebührenreform. Allerdings weiten die bereits erwerbstätigen Mütter kurzfristig ihre wöchentliche Arbeitszeit aus – um vier Prozent oder umgerechnet rund 0,8 Stunden.
»Wenn es darum geht, unter Kosten-Nutzen-Abwägungen ein geeignetes Instrument zu finden, um die Erwerbstätigkeit von Müttern zu fördern, sind Kita-Gebührenbefreiungen auch aufgrund der hohen Mitnahmeeffekte insgesamt als ineffizient zu bewerten«, sagt Mathias Huebener, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Abteilung Bildung und Familie des DIW Berlin.
Denn hinzu kommt, dass von Gebührenbefreiungen längst nicht alle Haushalte gleichermaßen profitieren: Primär sind es höher gebildete Mütter, Mütter in städtischen Regionen, solche ohne Kinder unter drei Jahren und Alleinerziehende, die ihre Arbeitszeit am deutlichsten erhöht haben, wenn für das letzte Kita-Jahr vor der Einschulung keine Kita-Gebühren mehr anfielen. Zudem verschwinden die beobachteten Effekte mittelfristig wieder: Wenn das Kind zehn Jahre alt ist, also etwa zum Ende der Grundschulzeit, macht es für die Erwerbstätigkeit der Mutter keinen Unterschied mehr, ob sie von einem gebührenfreien Kita-Jahr ihrer Kinder profitiert hat oder nicht.
Kita-Nutzungsquote steigt durch Gebührenabschaffung nicht, aber der Betreuungsumfang
Den Berechnungen zufolge, die auf repräsentativen Daten zu fast 330 000 Müttern und gut 250 000 Vätern in Deutschland basieren, gehen durch ein gebührenfreies letztes Kita-Jahr nicht mehr Kinder in eine Kita. Das liegt jedoch auch daran, dass kurz vor der Einschulung ohnehin bereits fast alle Kinder in einer Kita betreut werden – im Jahr 2013 waren es rund 98 Prozent aller fünfjährigen Kinder. Allerdings stieg der wöchentliche Betreuungsumfang in den sechs betrachteten Bundesländern, die das letzte Kita-Jahr gebührenfrei gemacht haben, um rund 0,7 Stunden. Dieses Muster überträgt sich fast eins zu eins auf das Erwerbsverhalten der Mütter: Die Erwerbstätigenquote steigt nicht, aber die wöchentliche Arbeitszeit. Die Ergebnisse berücksichtigen dabei bereits andere Faktoren, die das Erwerbsverhalten der Eltern ebenfalls beeinflussen können. Dazu zählen der generelle Kita-Ausbau für Kinder unter drei Jahren oder der Ausbau ganztägiger Angebote für ältere Kinder.
»Wenn es darum geht, unter Kosten-Nutzen-Abwägungen ein geeignetes Instrument zu finden, um die Erwerbstätigkeit von Müttern zu fördern, sind Kita-Gebührenbefreiungen auch aufgrund der hohen Mitnahmeeffekte insgesamt als ineffizient zu bewerten« Mathias Huebener, Studienautor
Mit Blick auf das »Gute-KiTa-Gesetz« lassen die Analysen darauf schließen, dass durch generelle Gebührenbefreiungen kaum oder gar keine weiteren Mütter eine Erwerbstätigkeit aufnehmen. Zu erwarten wäre, dass bereits erwerbstätige Mütter ihre Arbeitszeit leicht ausweiten. »Auch wenn die Bedeutung einer höheren Arbeitszeit der Mütter nicht zu unterschätzen ist, beispielsweise auch was spätere Rentenansprüche betrifft, ist das für eine solch kostspielige Maßnahme ein maues Ergebnis«, sagt C. Katharina Spieß, Leiterin der Abteilung Bildung und Familie am DIW Berlin. Geeigneter wären nach Ansicht der AutorInnen etwa zielgenauere steuerliche Absetzungsmöglichkeiten von Kinderbetreuungskosten, die an eine Erwerbstätigkeit gebunden sind. Zusätzliche Mittel sollten in weitere Kita-Qualitätsverbesserungen investiert werden statt in Gebührenbefreiungen.
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