Covid19: Unterschiedliche Pandemie-Betroffenheit im Mittelstand
IfM Bonn: Die wirtschaftlichen Folgen für die Unternehmen sollten umfassend betrachtet werden
Seit über einem Jahr stellt die Corona-Pandemie den Mittelstand in Deutschland vor große Herausforderungen. Allerdings sind die Unternehmen von den Pandemiefolgen unterschiedlich betroffen: Ein Großteil von ihnen kann unter Einhaltung eines Hygienekonzeptes weitestgehend unbehindert agieren. Dagegen sind die wirtschaftlichen Konsequenzen für diejenigen mittelständischen Bereiche der Wirtschaft gravierend, die aufgrund der pandemischen Situation (teilweise dauerhaft) schließen müssen, wie Kultur, Gastronomie, Tourismus, Einzelhandel.
»Um die Herausforderungen für den Mittelstand korrekt einschätzen zu können, müssen sowohl die Auswirkungen der Pandemie auf die Unternehmen als auch diejenigen durch die antipandemischen Maßnahmen betrachtet werden«, fordern Prof. Dr. Friederike Welter (IfM Bonn/Universität Siegen) und Hans-Jürgen Wolter (IfM Bonn) in ihrem jüngsten Hintergrundpapier »Perspektiven für den Mittelstand in der Covid 19-Pandemie. Teil 2: Herausforderungen für den Mittelstand«. Neben der Betroffenheit der mittelständischen Wirtschaft haben sie darin auch die individuelle Betroffenheit der Unternehmer und Unternehmerinnen so-wie die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Schäden betrachtet.
»In der öffentlichen Diskussion um Lockerungen werden vielfach nur die schädlichen wirtschaftlichen Folgen der antipandemischen Maßnahmen diskutiert. Weniger Beachtung findet hingegen die Tatsache, dass eine ungebremst ver-laufende Pandemie nicht nur zu steigenden Neuinfektionen führen würde, sondern auch zu einer erheblichen Verunsicherung der Konsumenten. Entsprechend könnte es sein, dass die Konsumenten von sich aus weitestgehend das öffentliche Leben meiden anstatt in den Einzelhandelsgeschäften einkaufen bzw. ins Theater oder Restaurant zu gehen«, zeigt die IfM-Präsidentin auf. »Gleichwohl darf man aber auch die persönliche Komponente für die Unternehmer und Unternehmerinnen nicht außer Acht gelassen werden: Einerseits müssen sie sich selbst und ihre Belegschaft vor der Pandemie in Acht nehmen. Andererseits fürchten viele von ihnen um den Fortbestand ihres Unternehmens bzw. um die der Arbeitsplätze ihrer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.« Je mehr mittelständische Unternehmen jedoch im Zuge der Pandemie schließen müssen, desto mehr ist die Vielfalt des Mittelstands gefährdet.
Zugleich weist das Hintergrundpapier darauf hin, dass die antipandemischen Maßnahmen die wirtschaftlichen Belastungen durch pandemiebedingte Erkrankungen oder Quarantänezeiten in Folge eines ungebremsten Pandemieverlaufs deutlich reduziert haben. Diese sind erheblich, auch wenn sich das exakte Ausmaß nicht quantifizieren lässt: Einer überschlägigen Rechnung zufolge würden allein durch Isolierung oder Quarantäne jeden Tag rund 800.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte ausfallen, wenn die Inzidenz bei 200 Fällen je 100.000 Einwohner läge und man durchschnittlichen fünf enge Kontakten je Infizierten unterstellt.