Soloselbständige: Junge Freiberufler fühlen sich am stärksten belastet
Unsichere Auftragslage, Zeitdruck und Arbeiten bis spät in die Nacht - Soloselbständige sind bei ihrer Tätigkeit großen Herausforderungen ausgesetzt. Die Arbeitszeiten zeichnen sich in dieser Berufsgruppe durch besondere Flexibilität und Unregelmäßigkeit aus, gleichzeitig gönnen sich viele Soloselbstständige kaum Erholungstage und wenig Urlaub. Die Arbeitsbelastung ist hoch.
Das ist das Ergebnis einer Umfrage, die das Institut für Arbeit und Gesundheit der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IAG) für die Initiative Gesundheit und Arbeit (iga) im Frühjahr 2020 unter mehr als 800 Soloselbständigen - also Freiberuflern ohne eigene Angestellte - durchgeführt hat.
Demnach hängt die Arbeitsbelastung mit der Dauer der Selbständigkeit zusammen. Erfahrene Soloselbständige arbeiten zwar insgesamt länger, die Jüngeren neigen aber oft zu extremen Arbeitszeiten und gestalten diese besonders flexibel. Das deutet darauf hin, dass jüngere Soloselbständige eher riskieren, sich gesundheitlich zu überfordern.
Abschalten fällt schwer
Im Mittel nehmen Soloselbstständige 22,6 Urlaubstage im Jahr. Das ist deutlich unter dem Durchschnitt der Beschäftigten in Deutschland, der laut Statistischem Bundesamt bei 30,9 Tagen im Jahr 2019 lag. Fast jede zehnte befragte Person gibt an, überhaupt keinen Urlaub zu nehmen. Die Anzahl der Urlaubstage nimmt mit den Jahren zu und ab dem 35. Lebensjahr wieder ab.
Auch in ihrer Erholungszeit denken die meisten Befragten zumindest gelegentlich an ihre Arbeit, was jedoch von zwei Dritteln nicht als belastend empfunden wird. Anders verhält es sich bei den jüngeren Selbstständigen: Etwa die Hälfte der 25- bis 34-Jährigen nehmen belastende Gedanken an die Arbeit mit in den Feierabend.
Überwiegend gesundheitsbewusst
Bei der Mehrheit der Soloselbstständigen ist laut der Umfrage ein Bewusstsein für die eigene Gesundheit vorhanden: Im Alltag legen sie Wert auf eine gesunde Ernährung, ausreichend Bewegung und die Pflege sozialer Kontakte. Ältere sind zwar nicht ganz so gesundheitsbewusst wie Jüngere, aber offenbar aktiver: Nur bei 18 Prozent der über 55-Jährigen fehlt nach der Arbeit die Energie für weitere Unternehmungen. Dagegen gibt fast jeder zweite der 19- bis 24-Jährigen an, sich nach dem Job nicht mehr zu Freizeitaktivitäten aufraffen zu können. Dass sich die jungen Selbstständigen im Vergleich am stärksten belastet fühlen, seltener einen strukturierten Arbeitstag mit definierten Pausen und Feierabend haben und am wenigsten Urlaub nehmen, könnte eine Erklärung dafür sein.
Die vergleichsweise langen Arbeitszeiten und das hohe Maß an Flexibilität bei deren Gestaltung sprechen für einen Bedarf an Maßnahmen zum Erhalt und zur Stärkung der eigenen Arbeitsfähigkeit. Doch nur wenige Soloselbstständige wünschen sich diese. Jene allerdings, die an Kursen, Trainings und anderen Maßnahmen zur Prävention teilgenommen haben, schreiben ihnen durchaus einen Mehrwert zu. Dabei wählen sie diese eher nach Rahmenbedingungen wie Dauer und Kosten als nach Inhalten aus. Daraus lassen sich Ansatzpunkte für Maßnahmen für Prävention und Gesundheitsförderung ableiten.
Hintergrund
Die Ergebnisse der Umfrage flossen in den iga.Report 46 »Selbst und ständig? Arbeitszeitgestaltung und Gesundheitsverhalten von Soloselbstständigen« ein, der nun erschienen ist. Er gehört zum Themenschwerpunkt New Work, innerhalb dessen die Initiative Gesundheit und Arbeit (iga) eine Reihe von Projekten initiiert hat. Der Begriff steht für neue Anforderungen in der Arbeitswelt und eine daraus resultierende innovative Gestaltung der Arbeit. Treiber dieser Transformation sind der demografische Wandel, die Globalisierung, die Digitalisierung und der Wertewandel. Der iga.Report 46 kann kostenlos im Internet bestellt oder heruntergeladen werden:
In der Initiative Gesundheit und Arbeit (iga) arbeiten gesetzliche Kranken- und Unfallversicherung zusammen. Ziel der Initiative ist es, die Gesundheit im Arbeitsleben zu fördern. iga ist eine Kooperation von BKK Dachverband e.V., der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), dem AOK-Bundesverband und dem Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek).
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