Aktuelle Daten zur Personalsituation in Kitas

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Fachkräftebarometer Frühe Bildung 2021

Arbeitsfeld Kita unter Zugzwang – der Rechtsanspruch auf die ganztägige Betreuung von Grundschulkindern verschärft den Fachkräftemangel 

Auch fünfzehn Jahre nach Beginn des Ausbaus der Betreuungsangebote für Kinder unter drei Jahren setzt sich die Personalexpansion in Kindertageseinrichtungen ungebremst fort. Mittlerweile arbeiten dort ähnlich viele Fachkräfte wie Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen.

Dabei fällt es den Einrichtungen zunehmend schwer, offene Stellen zu besetzen – und das, obwohl die Länder die Ausbildungskapazitäten für Erzieherinnen und Erzieher in den letzten Jahren enorm ausgeweitet haben. Der beschlossene Rechtsanspruch auf die ganztägige Bildung und Betreuung von Grundschulkindern wird das Arbeitsfeld vor eine weitere Belastungsprobe stellen.

»Mit welchem Personal und mit welchen fachlichen Standards dieser Rechtsanspruch verwirklicht werden soll, muss von Politik und Trägern rasch geklärt werden«, fordert Professor Dr. Thomas Rauschenbach, DJI-Direktor und Leiter der Autorengruppe Fachkräftebarometer. Insbesondere im Westen zeichnet sich bereits jetzt ein akuter Personalengpass in der Betreuung von Kindern vor dem Schuleintritt ab. Verbessert haben sich dagegen die Beschäftigungsbedingungen für die Fachkräfte. Das sind zentrale Ergebnisse des heute veröffentlichten Fachkräftebarometers Frühe Bildung 2021 der Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte (WiFF).

Personalbedarf wirkt sich positiv auf die Beschäftigungsbedingungen aus

Im Jahr 2020 arbeiteten bundesweit rund 675.650 pädagogisch und leitend Tätige in Kindertageseinrichtungen. Dies entspricht einer Steigerung um 92% seit 2006. Allein zwischen 2018 und 2020 wurden rund 55.000 zusätzliche Fachkräfte von den Kita-Trägern eingestellt. Zwischen 2012 und 2020 ist der Teilarbeitsmarkt Frühe Bildung mit einem Zuwachs von 40% dreimal so stark gewachsen wie der gesamte Arbeitsmarkt in Deutschland (+13%). Der anhaltend hohe Personalbedarf wirkt sich positiv auf die Beschäftigungsbedingungen aus: Die Zahl der befristet Angestellten hat sich in Kitas seit 2015 von 15 auf 12% verringert. Gestiegen sind auch die Gehälter: Der Median des Bruttomonatsentgelts für eine Vollzeitstelle in der Frühen Bildung lag 2019 bei 3.428 Euro und damit 22% über dem von 2012.

Offene Stellen sind schwer zu besetzen

Mit dem Wachstum geht ein Fachkräfteengpass in Kindertageseinrichtungen einher. Während 2008 noch 750 arbeitslos gemeldete Erzieherinnen und Erzieher auf 100 offene Stellen kamen, waren es 2020 nur noch 70. Im Durchschnitt dauert es aktuell etwa 90 Tage, um eine offene Stelle zu besetzen – mehr als doppelt so lange wie 2008. Auch wenn die Corona-Krise die Arbeitslosenquote zwischen 2019 und 2020 von 1,1 auf 1,5% hat ansteigen lassen, liegt diese immer noch weit unter der des Gesamtarbeitsmarkts. Wie Vorausberechnungen zeigen, wird sich der Fachkräftemangel in Westdeutschland bis 2025 massiv verschärfen. Hier könnten – je nach Szenario – zwischen 20.400 und 72.500 zusätzliche Fachkräfte für die Betreuung von Kindern vor dem Schuleintritt fehlen. Im Osten könnten hingegen bis zum Jahr 2030 etwa 30.000 bis gut 50.000 ausgebildete Fachkräfte voraussichtlich nicht in den Arbeitsmarkt einmünden. »Hieraus ergäbe sich ein Spielraum für eine Qualitätsoffensive, mit der die Personalschlüssel zumindest auf die durchschnittlichen Standards in Westdeutschland angehoben werden könnten«, so Professor Rauschenbach.

Ausbildungssystem kann Fachkräftelücke nicht schließen

Zusätzliche Fachkräfte sollen vor allem über den Ausbau der Fachschulen für Sozialpädagogik, die Erzieherinnen und Erzieher ausbilden, gewonnen werden. Im Schuljahr 2019/20 haben erstmals über 41.000 Schülerinnen und Schüler eine Ausbildung zur Erzieherin und zum Erzieher begonnen und damit doppelt so viele wie im Schuljahr 2007/08 (+98%). Insbesondere in den letzten beiden Schuljahren ist das Interesse an der Erzieherinnen- und Erzieherausbildung wieder deutlich gestiegen. Dazu tragen zum einen in nahezu allen Ländern gelockerte Zugangswege bei, etwa in Bezug auf die geforderten beruflichen Vorerfahrungen, und zum anderen die Einführung von neuen vergüteten Ausbildungsformaten. Mittlerweile bieten 13 Länder eine berufsbegleitende Teilzeitausbildung und weitere zehn eine praxisintegrierte Ausbildung (PIA) an. Im Hinblick auf die für Westdeutschland prognostizierte Fachkräftelücke reichen die Bemühungen voraussichtlich dennoch nicht aus. Hier würde in den nächsten Jahren mindestens ein kompletter, im ungünstigsten Fall sogar mehr als drei Jahrgänge an Neuausgebildeten fehlen.

Bei den kindheitspädagogischen Bachelor-Studiengängen, die ebenfalls vorranging auf eine Tätigkeit in der Kindertagesbetreuung zugeschnitten sind, hat sich die Zahl der Absolventinnen und Absolventen in den letzten fünf Jahren bei nur etwa 2.500 pro Jahr eingependelt. »Um die Akademisierung in der Frühen Bildung ist es erstaunlich still geworden. Der Personalmangel und die steigenden Qualitätsanforderungen werden ohne eine stärkere Öffnung für hochschulisch ausgebildete Fachkräfte nicht zu bewältigen sein. Dafür braucht es länder- und trägerübergreifende Strategien«, so WiFF-Leitung Professorin Dr. Kirsten Fuchs-Rechlin, die die Autorengruppe gemeinsam mit Professor Rauschenbach leitet.

Qualitätsentwicklung tritt auf der Stelle

Trotz einer angespannten Personalsituation haben sich seit 2018 in nahezu allen Gruppenformen der Personalschlüssel und damit die rechnerische Relation zwischen einer vollzeittätigen pädagogischen Fachkraft und der Anzahl ganztägig betreuter Kinder leicht verbessert. Im bundesweiten Mittel verringerte er sich bei Krippengruppen von 4 auf 3,8 und bei Kindergartengruppen von 8,3 auf 8,1. Weiterhin bestehen erhebliche Unterschiede zwischen den Ländern: So variiert der Personalschlüssel bei den Kindergartengruppen zwischen 7,1 und 12 Kindern pro Vollzeitkraft, während im Fachdiskurs ein Personalschlüssel von 1 zu 6 empfohlen wird.

Die Zahl der Kindertageseinrichtungen, die über keine ausgewiesene Leitung verfügen, ist weiter rückläufig. Ihr Anteil sank zwischen 2011 und 2020 von 32 auf rund 9%. Die wöchentlichen Stunden, die eine Leitung für Führungs- und Managementaufgaben freigestellt ist, liegen dagegen nach wie vor bundesweit bei 2,1 Stunden pro Fachkraft im Team. Aufgefangen wird dies zum Teil durch das höhere Qualifikationsniveau der Leitungskräfte, die mittlerweile zu 19% über einen einschlägigen Hochschulabschluss verfügen. Insgesamt ist der Anteil der Fachkräfte mit einem einschlägigen Studienabschluss in Kitas weiterhin gering. Bezogen auf alle pädagogisch und leitend Tätigen liegt er bundesweit bei 6% und damit nur 3% höher als noch 2006.

Prekäre Beschäftigungsbedingungen im schulischen Ganztag

Stark ausgebaut wurden in den vergangenen Jahren auch die außerunterrichtlichen Angebote für Grundschulkinder. Die Zahl der Kinder, die sie in Anspruch nimmt, ist seit 2007 um 146% auf zuletzt 1,6 Millionen gestiegen. Die meisten nehmen am Ganztagsbetrieb an Grundschulen teil, zudem werden rund 490.000 Grundschulkinder nachmittags in Kindertageseinrichtungen/Horten betreut. Dabei fallen die Beschäftigungsbedingungen an Grundschulen gegenüber denen in Kindertageseinrichtungen deutlich schlechter aus. Knapp ein Viertel des pädagogischen Personals an Grundschulen ist geringfügig beschäftigt – im Gegensatz zu nur 4% des Personals in der Frühen Bildung. Auch die Befristungsquote ist höher (15 vs. 9%). In der Kinderbetreuung an Grundschulen gehen 46% der Erwerbstätigen einer Beschäftigung mit einem Stundenumfang von weniger als 21 Wochenstunden nach; 12% arbeiten sogar weniger als zehn Wochenstunden. Darüber hinaus ist die Qualifikation des Personals in Ganztagsangeboten an Grundschulen äußerst heterogen: Während 14% über keinen beruflichen Abschluss verfügen (Frühe Bildung: 5%), können 16% sogar eine akademische Ausbildung vorweisen (Frühe Bildung: 9%).

Hintergrund
Das Fachkräftebarometer Frühe Bildung liefert auf Basis amtlicher Daten ausführliche Informationen über Personal, Arbeitsmarkt, Erwerbssituation sowie Ausbildung und Qualifizierung in der Frühpädagogik. Nach 2014, 2017 und 2019 erscheint die nunmehr vierte Ausgabe des Berichts. Weitere Informationen sowie die Publikation zum kostenlosen Download: www.fachkraeftebarometer.de

Die Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte (WiFF) ist ein Projekt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), der Robert Bosch Stiftung und des Deutschen Jugendinstituts e.V. und wird aus Mitteln des BMBF gefördert.

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