Mindestlohn: Von 12 Euro würden knapp 7,2 Millionen Beschäftigte profitieren
7,8 Millionen Niedriglohnjobs im April 2021
Gut jede und jeder fünfte abhängig Beschäftigte (21 %) in Deutschland arbeitete im April 2021 im Niedriglohnsektor. Damit wurden rund 7,8 Millionen Jobs unterhalb der Niedriglohnschwelle von 12,27 Euro brutto je Stunde entlohnt.
Wie das Statistische Bundesamt weiter mitteilt, waren dies knapp 250.000 Jobs weniger als im April 2018. Der Anteil der niedrigentlohnten Jobs an allen Beschäftigungsverhältnissen blieb unverändert. Zum Niedriglohnsektor zählen nach der hier verwendeten internationalen Definition alle Beschäftigungsverhältnisse, die mit weniger als zwei Drittel des mittleren Verdienstes (Median) entlohnt werden.
Der leichte Rückgang der Anzahl an Niedriglohnempfänger*innen gegenüber 2018 lässt sich darauf zurückführen, dass im April 2021 aufgrund der Corona-Krise viele Beschäftigte zu 100 % in Kurzarbeit waren und in der Verdiensterhebung nicht berücksichtigt wurden, da sie ausschließlich Kurzarbeitergeld erhielten. Es ist davon auszugehen, dass der Anteil der Niedriglohnempfänger*innen in dieser Beschäftigtengruppe überproportional hoch gewesen wäre.
92 % der Beschäftigten im Niedriglohnsektor von 12 Euro Mindestlohn betroffen
Im Koalitionsvertrag hat die neue Bundesregierung vereinbart, dass der gesetzliche Mindestlohn auf 12 Euro pro Stunde angehoben werden soll. Bezogen auf die nun vorliegenden Zahlen von April 2021 bedeutet dies, dass knapp 7,2 Millionen Beschäftigte beziehungsweise 92 % der Beschäftigten im Niedriglohnsektor von dieser geplanten Mindestlohnerhöhung profitieren würden. Zu den übrigen 8 % gehören mit Praktikant*innen sowie Minderjährigen auch Personengruppen, die zwar zum Niedriglohnsektor zählen, bei denen eine Mindestlohnerhöhung aber nicht unmittelbar zu einer Verdienststeigerung führen würde.
Hinweise zur Datenqualität
Dies sind erste Ergebnisse aus der für den April 2021 erstmals durchgeführten neuen Verdiensterhebung, in der 58.000 Betriebe Angaben zu Verdiensten und Arbeitszeiten von rund 7,5 Millionen abhängig Beschäftigten gemacht haben. Coronabedingte Sondereinflüsse (unter anderem durch Kurzarbeit sowie ein hoher Anteil an Antwortausfällen) führen dazu, dass die Angaben zu Verdiensten unterhalb des zum Erhebungszeitraum geltenden Mindestlohns von 9,50 Euro brutto je Stunde (seit 1. Juli 2021: 9,60 Euro brutto je Stunde) nur eingeschränkt belastbar sind. Für die hier dargestellten Ergebnisse zum Niedriglohnsektor gilt eine deutlich höhere Niedriglohnschwelle. Daher sind diese Ergebnisse hiervon nicht berührt.
Methodische Hinweise
Zum Niedriglohnbereich zählen alle Beschäftigungsverhältnisse, die mit weniger als zwei Drittel des mittleren Verdienstes (also 12,27 Euro brutto je Stunde im April 2021) entlohnt werden. Auszubildende sind bei dieser Analyse nicht berücksichtigt.
Die Festlegung der Niedriglohngrenze, unterhalb derer alle Verdienste als Niedriglohn gelten, folgt einem Ansatz, den unter anderem die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) anwenden. Entsprechend dieser Definition wird von Niedriglohn gesprochen, wenn der Bruttostundenverdienst kleiner als zwei Drittel des Medianverdienstes ist.
Der Median ist der mittlere Wert einer aufsteigend geordneten Datenreihe. Ober- beziehungsweise unterhalb des Medians des Bruttostundenverdienstes liegt jeweils die Hälfte der Beschäftigungsverhältnisse im April 2021. Verglichen mit dem arithmetischen Mittel ist der Median weniger durch (mögliche) Ausreißereffekte verzerrt. Im April 2021 lag der Medianverdienst in der Gesamtwirtschaft (ohne Auszubildende) bei 18,41 Euro brutto je Stunde.