Arbeitnehmer*innen wollen höhere und sichere Renten

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 Rentnerpaar am Meer

DGB und Arbeitnehmerkammern legen Befragung zur Alterssicherung vor

Die Rente soll verlässlich sein, höher als bisher und den Lebensstandard im Alter sichern.

Das wünscht sich die Mehrheit der arbeitenden Bevölkerung in Deutschland, wie eine vom DGB, der Arbeitnehmerkammer Bremen und der Arbeitskammer des Saarlands bei Kantar Public in Auftrag gegebene repräsentative Beschäftigtenbefragung zur Altersvorsorge unter 3.085 Personen im Alter zwischen 18 und 67 Jahren ergeben hat.

Demnach halten 83 Prozent der Befragten das Rentenniveau – also das Verhältnis der Renten zu den Löhnen – für zu gering und fordern höhere Renten. Das sehen auch junge Menschen so: 83 Prozent der 18- bis 29-Jährigen und 85 Prozent der 30- bis 39-Jährigen stimmen dem zu. Noch höher ist die Zustimmung beim Thema Armutsvermeidung: 91 Prozent der Befragten ist es sehr oder äußerst wichtig, dass die Rente Armut vermeiden soll.

»Der Arbeitsauftrag der Menschen an die Bundesregierung ist glasklar: Bei der bevorstehenden Rentenreform muss sie das Rentenniveau – also das Verhältnis von Löhnen und Renten – dauerhaft stabilisieren und im weiteren Schritt auch wieder anheben. Entgegen allen Unkenrufen sehen das auch die Jüngeren so – sie lassen sich nicht mit den Märchen vom Generationenkonflikt hinter die Fichte führen«, sagte Anja Piel, DGB-Vorstandsmitglied.

»Mit 96 Prozent findet es eine überwältigende Mehrheit wichtig bis äußerst wichtig, dass der Lebensstandard gesichert wird. 99 Prozent wollen, dass die Rente Armut vermeidet. Das lässt sich nur mit höheren Renten realisieren, die wie die Löhne steigen«, so Piel. Grundlage für gute Renten seien gute, tarifliche Löhne und eine hohe Zahl sozialversicherungspflichtig Beschäftigter. »Wer das Problem niedriger Löhne nicht angeht und Arbeitgeber nicht an der Flucht aus Tarifverträgen hindert, gefährdet die Sicherheit für viele im Alter«, machte Piel deutlich.

Fast 70 Prozent der Befragten wollen, dass Altersvorsorge auch zukünftig vor allem öffentlich erfolgt – also etwa über die gesetzliche Rentenversicherung.

»Das Ergebnis ist ein klarer Auftrag an die Politik, sich auf die erste, gesetzliche Säule des Rentensystems zu konzentrieren und nicht auf private oder betriebliche Vorsorge. Wenn öffentliches Geld eingesetzt wird, dann genau hierfür«, betonte Peer Rosenthal, Hauptgeschäftsführer der Arbeitnehmerkammer Bremen. Zwar sind die unter 40-Jährigen etwas offener gegenüber betrieblicher und privater Vorsorge, doch auch sie wünschen sich, dass immerhin noch etwa die Hälfte der Alterssicherung gesetzlich erfolgt. Auch unter Jüngeren besitzt die gesetzliche Rentenversicherung offenbar nach wie vor eine große Akzeptanz und soll die dauerhaft stabile Grundlage ihrer Absicherung im Alter sein.

Um das gesetzliche Rentensystem zu stabilisieren und für höhere Renten zu sorgen, würde ein Großteil der Bevölkerung gegebenenfalls lieber höhere Rentenbeiträge zahlen als noch später in Rente zu gehen. Befragte zwischen 18 und 39 Jahren tendieren mit 70 Prozent sogar besonders häufig zu höheren Beiträgen. Dagegen lehnen 81 Prozent der Befragten eine nochmalige Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters auch dann ab, wenn die Lebenserwartung weiter steigen sollte. Nur fünf Prozent können sich überhaupt vorstellen, länger als bis 67 zu arbeiten.

Wer Arbeit über die Altersgrenze hinaus überhaupt für denkbar hält – 61 Prozent tun dies überhaupt nicht – erklärt dafür in aller Regel gute Gesundheit und Arbeitsplatzbedingungen zur Voraussetzung. »Dies unterstreicht die besondere Verantwortung der Arbeitgeber für gute Arbeit bis zur Rente«, so Rosenthal. »Wer einen Fachkräftemangel beklagt, sollte alles dafür tun, dass möglichst viele Beschäftigte es auch gut in den verdienten Ruhestand schaffen.«

Weiteres Kernergebnis der Umfrage: 81 Prozent der Erwerbstätigen und auch 81 Prozent der Selbstständigen selbst wünschen sich eine allgemeine Rentenversicherung für Erwerbstätige, die auch Selbstständige und Beamte umfasst.

»Das ist eine überwältigende Mehrheit der Befragten. Und das ist ein klares Zeichen an die Politik, die Vorsorgepflicht für Selbstständige jetzt endlich einzuführen und nicht mehr nur anzukündigen«, sagte Thomas Otto, Hauptgeschäftsführer der Arbeitskammer des Saarlandes. Die Zustimmung bei Beamten zu einer Erwerbstätigenversicherung ist mit 39 Prozent dagegen eindeutig geringer: »Angesichts des gekürzten Niveaus der gesetzlichen Rente kann das auch nicht verwundern«, so Thomas Otto und betonte: »Im Mittelpunkt unserer Politik steht daher zuerst eine deutlich gestärkte gesetzliche Rente, denn eine Zusammenführung von unterschiedlichen Systemen auf dem schlechteren Niveau ist und kann nicht unser Ziel sein.«

Hintergrund für die hohe Zustimmung der Selbstständigen ist die unzureichende Altersabsicherung. 21 Prozent der Selbstständigen erwarten, im Alter auf Grundsicherung angewiesen zu sein. Auch geben 18 Prozent der Selbstständigen an, aktuell keinerlei Vorsorge zu betreiben, bei Solo-Selbstständigen ist es sogar ein Viertel. Und die teils schwierige Abgrenzung zwischen abhängiger und selbstständiger Tätigkeit sowie die Ausbreitung prekärer Verhältnisse unter Selbstständigen sind hinlänglich bekannt.

»Das in der Öffentlichkeit teilweise gezeichnete Bild von den starken, unabhängigen Selbstständigen gibt es also so nicht. Eine Vorsorgepflicht ist deshalb unumgänglich«, resümierte Otto. Eine Wahlfreiheit für private Altersvorsorgeprodukte – wie aktuell angedacht – sei dagegen wenig sinnvoll. »Gerade für einkommensschwächere Selbstständige bietet ein öffentliches Altersvorsorgesystem eher eine verlässliche Alterssicherung als private Vorsorge«, so Otto abschließend.

Hintergrund
Die Befragung hat das Marktforschungsunternehmen Kantar Public im Auftrag des Deutschen Gewerkschaftsbundes, der Arbeitnehmerkammer Bremen und der Arbeitskammer des Saarlandes durchgeführt. Per Online-Interview wurden vom 3. bis zum 23. Januar dieses Jahres 3085 Personen befragt. Es handelt sich um eine systematische Quotenstichprobe; die Befragung bildet die Ansichten der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter zwischen 18 und 67 Jahren (ohne Rentner*innen) zuverlässig ab. Die Ergebnisse wurden anhand der tatsächlichen Verteilung – etwa nach Alter, Geschlecht oder Region – gewichtet.


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