BIBB-Veröffentlichung zur Integration junger Geflüchteter
»Es gilt«, so Esser weiter, »die Stärken der national und international hoch geschätzten Berufsbildung in Deutschland auszuschöpfen«. Nach seiner Auffassung sollten daher die in der Praxis bewährten Konzepte und Instrumente – insbesondere die der Berufsorientierung, Begleitung und Qualifizierung – ausgeweitet, konzeptionell angepasst und weiterentwickelt werden. »Das Rad muss keinesfalls neu erfunden werden«. Esser regt jedoch an, Potenzialanalysen und Kompetenzfeststellungsverfahren künftig verbindlich und kontinuierlich im Rahmen der Berufsorientierung, Berufsberatung und Arbeitsvermittlung einzusetzen.
Wie groß allein die quantitativen Herausforderungen sein werden, machen Zahlen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) deutlich: Demnach wurden 2015 insgesamt 1,1 Millionen Menschen als Asylbegehrende erfasst. Von den registrierten Asylbewerberinnen und -bewerbern sind mehr als die Hälfte (rund 56 %) unter 25 Jahre und etwa 27 % sogar unter 16 Jahre. Diese Menschen sollten so schnell wie möglich in den Ausbildungs- und anschließend in den Arbeitsmarkt integriert werden, denn sie verfügen bei aller Unterschiedlichkeit ihrer individuellen Bildungsvoraussetzungen über Potenziale und Stärken, die es wertschätzend und anerkennend zu nutzen gilt.
Eine Schlüsselrolle bei der Integration nehmen laut BIBB-Positionspapier insbesondere handlungsorientierte Angebote und betriebliche Phasen ein, wie zum Beispiel Einstiegsqualifizierungen, Praktika und Werkstatttage – besonders für die bereits über 18-Jährigen. Um einen neuen Förderdschungel zu verhindern, sollte der gemeinsame Bildungsketten-Ansatz von Bund, Ländern und der Bundesagentur für Arbeit intensiviert werden. Zugleich müsse dieser Ansatz aber auch um neue Aspekte erweitert werden. So sei es sinnvoll, hier parallel eine durchgängige, systematische und berufsorientierende Sprachförderung sowie die Vermittlung von Lebenswelt- und Arbeitsthemen pragmatisch und flexibel zu integrieren.
Neben den Jugendlichen benötigen aber auch die Betriebe und vor allem das betriebliche Ausbildungspersonal besondere Unterstützung und Begleitung. Gerade kleinen und mittleren Unternehmen muss durch eine Ausweitung des externen Ausbildungsmanagements und der Assistierten Ausbildung unter die Arme gegriffen werden, um ihre Ausbildungsfähigkeit gerade gegenüber jungen Geflüchteten zu stärken. Für betriebliche Ausbilderinnen und Ausbilder sollten in ihrer neuen Rolle als Lernbegleitung im Umgang mit dieser sehr heterogenen Zielgruppe spezielle, individuell ausgerichtete Fortbildungs- und Unterstützungsangebote konzipiert und angeboten werden.
Darüber hinaus gilt es, so eine zentrale Botschaft des BIBB-Positionspapiers, bereits bestehende Regelungen zur Flexibilisierung der dualen Berufsbildung gerade bei der Ausbildung junger Geflüchteter auszuschöpfen. Dies könnte beispielsweise durch die stärkere Nutzung der Teilzeitberufsausbildung, gekoppelt mit einer parallelen Sprachförderung, geschehen. Zudem sollte einerseits die außerbetriebliche Ausbildung und andererseits die modulare Nachqualifizierung – insbesondere für die bereits über 25-Jährigen – weiter ausgebaut werden.
Auch im Zusammenhang mit der Integration junger Geflüchteter spricht sich BIBB-Präsident Esser mit Nachdruck für eine qualitativ hochwertige Berufsausbildung aus. »Eine ‚Ausbildung light‘ ist der falsche Weg. Was wir benötigen, sind gut qualifizierte Fachkräfte und nicht mehr Hilfsarbeiter und Gelegenheitsjobber«, mahnt Esser. »Die Zukunftsfähigkeit der dualen Berufsbildung wird nicht zuletzt an der Flexibilität im Umgang mit diesen Herausforderungen und an der Integrationsfähigkeit gegenüber jungen Geflüchteten, Jugendlichen mit Migrationshintergrund und sozial benachteiligten Jugendlichen gemessen«.
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