Schulleitungsstudie 2025: Zwischen Vision und Rebellion

Die dritte Cornelsen Schulleitungsstudie zeigt: Deutschlands Schulleitungen treiben Reformen voran – und das zum Teil bis an die rechtlichen Grenzen.
Die Studie offenbart ein bemerkenswertes Bild: Deutschlands Schulleiterinnen und Schulleiter erweisen sich als wahre Reformtreiber, die teilweise sogar bereit sind, an die Grenzen des rechtlich Möglichen zu gehen.
An der repräsentativen Befragung, die das FiBS Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie in Zusammenarbeit mit dem Bildungsforscher Prof. Dr. Klaus Hurrelmann durchgeführt hat, nahmen über 2.000 Führungskräfte aus dem Bildungsbereich teil.
Hurrelmann betont, dass sich die Schulleitungen als Akteure des Wandels verstehen. Sie sind überzeugt, dass Deutschland bei der Umgestaltung des Schulsystems in Richtung mehr Autonomie, Gerechtigkeit und Zukunftsorientierung schon weiter sein könnte. Interessanterweise kursiert unter den Schulleitungen sogar der Begriff »Exzellenz durch Regelbruch«. Hurrelmann charakterisiert sie als »Rebellinnen und Rebellen«, die aktiv für mehr Autonomie ihrer Schulen kämpfen.
HERAUSFORDERUNGEN UND LÖSUNGSANSÄTZE
Personalmangel und Gesundheit als Hauptprobleme
Die größte Herausforderung für die Schulen bleibt der akute Personalmangel: Jede zweite Schule ist von Lehrermangel betroffen. Ohne den Einsatz von Quereinsteigern und Studierenden könnte der reguläre Schulbetrieb kaum aufrechterhalten werden.
Bemerkenswert ist, dass die Gesundheit von Lehrkräften und Schülern mit 48 Prozent erstmals auf Platz zwei der drängendsten Probleme der Schulleitungen vorgerückt ist - im Vorjahr waren es nur 24 Prozent.
Digitalisierung als Chance
Eine positive Entwicklung zeichnet sich im Bereich der Digitalisierung ab. Drei Viertel der Befragten sind mit der digitalen Infrastruktur ihrer Schule zufrieden. Die digitale Ausstattung wird nicht mehr wie in früheren Studien als eines der fünf dringlichsten Themen wahrgenommen.
Beeindruckende 90 Prozent der Befragten sind davon überzeugt, dass die Digitalisierung individualisierte Lernprozesse unterstützt und damit ein enormes Potenzial zur Verbesserung des Lernerfolgs bietet.
Künstliche Intelligenz im Fokus
Künstliche Intelligenz (KI) wird in den kommenden fünf Jahren zu einem zentralen Thema für Schulleitungen werden. Vor allem in den Bereichen Lernerfahrung (60 Prozent) und Prüfungen (55 Prozent) werden durch KI deutliche Veränderungen erwartet.
Berufsschulen als Vorreiter
Die Studie beleuchtet erstmals auch die Situation an Berufsschulen und zeigt interessante Unterschiede auf. Die Leitungen dieser Einrichtungen gehen pragmatischer mit dem Personalmangel um und schätzen besonders die praktische Berufserfahrung von Quer- und Seiteneinsteigern. Sie zeigen sich auch offener gegenüber Digitalisierung und KI.
Trotz ihrer innovativen Ansätze beklagen 96 Prozent der Schulleitungen berufsbildender Schulen eine im Vergleich zu allgemeinbildenden Schulen geringere öffentliche Wahrnehmung ihrer Arbeit.
Ausblick: Transformation des Bildungssystems
Die Studie zeigt, dass Schulleitungen als treibende Kraft für Veränderungen im deutschen Bildungssystem agieren. Trotz enormer täglicher Belastungen bleiben sie lösungsorientiert und blicken optimistisch in die Zukunft, wie Studienleiterin Dr. Sarah Fichtner betont.
Die Mehrheit der Befragten empfindet das deutsche Schulsystem als ungerecht, sieht aber auch konkrete Lösungsansätze wie das Startchancenprogramm, eine spätere Differenzierung nach Schulformen und gebundene Ganztagsschulen.
Die Schulleitungsstudie zeichnet das Bild eines Bildungssystems im Wandel, in dem Schulleitungen als mutige Reformmotoren agieren und innovative Lösungen für die Herausforderungen der Zukunft entwickeln.
Hintergrund
Die vorliegende Cornelsen Schulleitungsstudie 2025 ist bereits die dritte Studie ihrer Reihe. Sie umfasste eine Online-Befragung sowie qualitative Interviews. Insgesamt wurden online 2.405 Schulleitungen befragt, davon 2.063 Schulleitungen, die repräsentativ die allgemeinbildenden Schulen abbilden, sowie 342 Schulleitungen beruflicher Schulen. Zusätzlich wurden 24 qualitative Interviews durchgeführt.
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