DIGITAL-INDEX 2024/25: Digitale Resilienz gewinnt an fundamentaler Bedeutung

Deutschland auf dem Prüfstand: D21-Digital-Index 2024/25 zeigt Defizite und Handlungsbedarf
Die neue Bundesregierung steht vor zentralen Herausforderungen: Die Wirtschaft muss angekurbelt, Fachkräfte gesichert, gesellschaftliche Spaltungen überwunden und die Bürger*innen beim kritischen Umgang mit digitalen Informationen unterstützt werden.
Ein entscheidender Faktor dabei ist die Digitalisierung. Doch wie gut ist Deutschland darauf vorbereitet?
Antworten liefert der D21-Digital-Index 2024/25, den die Initiative D21 in Zusammenarbeit mit Kantar erhoben hat.
Digitalisierung als Schlüssel zur Zukunftsfähigkeit
Marc Reinhardt, Präsident der Initiative D21, hebt hervor, dass Digitalisierung weit mehr als Technologie sei: Sie beeinflusse Wirtschaft und Gesellschaft grundlegend und sei ein zentraler Erfolgsfaktor für Innovationskraft, soziale Teilhabe und Wettbewerbsfähigkeit. Sollte dieser Zusammenhang nicht hinreichend verstanden werden, könnte dies nicht nur die wirtschaftliche Position Deutschlands, sondern auch die demokratische Stabilität gefährden. Der aktuelle D21-Digital-Index zeige, dass es erheblicher Anstrengungen bedürfe, um das volle Potenzial der Digitalisierung auszuschöpfen.
ZENTRALE ERKENNTNISSE DER STUDIE
Unterschätzung der Auswirkungen Künstlicher Intelligenz
Obwohl 77 Prozent der Befragten glauben, dass neue Technologien wie Künstliche Intelligenz (KI) bestimmte Berufe ersetzen werden, beziehen nur 27 Prozent dies auf ihre eigene Tätigkeit. Während sich knapp die Hälfte der Beschäftigten erhofft, dass KI unliebsame Aufgaben übernimmt, gehen lediglich 15 Prozent davon aus, dass ihr eigener Arbeitsplatz durch die Technologie obsolet werden könnte. Dieser »Vogel-Strauß-Effekt« zeigt, dass viele die Transformationskraft von KI unterschätzen.
Digitale Resilienz bleibt ausbaufähig
Nur 63 Prozent der Deutschen fühlen sich gut auf den digitalen Wandel vorbereitet – ein Wert, der seit zwei Jahren stagniert. Insbesondere ältere Menschen sowie Personen mit niedrigerem Bildungsniveau und geringerem Einkommen haben Schwierigkeiten, sich in der digitalen Welt sicher zu bewegen. Auch geschlechtsspezifische Unterschiede sind erkennbar.
Digitale Basiskompetenzen auf niedrigem Niveau
Lediglich 49 Prozent der Deutschen verfügen über grundlegende digitale Kompetenzen, etwa im Umgang mit digitalen Textbearbeitungsprogrammen oder sicheren Passwörtern. Seit 2022 stagniert dieser Wert, während die EU bis 2030 anstrebt, dass 80 Prozent der Bürger*innen über digitale Basiskompetenzen verfügen. Um dieses Ziel noch zu erreichen, wären jährlich Fortschritte von 7 Prozentpunkten notwendig.
Weiterbildungslücke gefährdet die Zukunft der Arbeitswelt
Bereits 63 Prozent der Erwerbstätigen benötigen digitale Kompetenzen in ihrem Beruf, unabhängig von Branche und Tätigkeitsfeld. Besonders hoch ist der Anteil im Beratungsbereich (81 Prozent), aber auch im Handwerk steigt der Bedarf (43 Prozent). Trotz dieser Anforderungen haben nur 16 Prozent der Beschäftigten in den letzten zwölf Monaten eine digitale Weiterbildung über ihren Arbeitgeber in Anspruch genommen.
Lebenslanges Lernen als Wettbewerbsfaktor
Während sich 65 Prozent der Bürger*innen in den vergangenen zwölf Monaten informell digitales Wissen über Tutorials oder Internetrecherchen angeeignet haben, nutzten nur 20 Prozent formale Weiterbildungsangebote. Gerade komplexe Themen wie Künstliche Intelligenz erfordern jedoch tiefgehende Lernangebote, um Innovationskraft und gesellschaftliche Teilhabe zu sichern.
HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN DER STUDIE
1. Nationale digitale Kompetenzoffensive
Deutschland braucht eine umfassende Weiterbildungskultur, die digitale Kompetenzen von der Schulbildung bis ins hohe Alter fördert. Neben formalen Schul- und Berufsbildungsangeboten sollten ältere Generationen verstärkt durch gezielte Programme unterstützt werden.
2. Souveräner und sicherer Umgang mit digitalen Tools
Cybersicherheit und kritisches Denken im Umgang mit digitalen Informationen sind essenziell. Eine zentrale Koordinierungsstelle für Cybersicherheitskompetenzen könnte dazu beitragen, Bürger*innen für Online-Gefahren zu sensibilisieren. Derzeit trauen sich nur 58 Prozent der Deutschen zu, verdächtige E-Mails zu erkennen, und lediglich 51 Prozent können Online-Quellen sicher bewerten.
3. Vorbereitung der Beschäftigten auf KI-Transformation
Um mit den Veränderungen durch Künstliche Intelligenz Schritt zu halten, sind transparente Informationen über ihre Auswirkungen und gezielte Weiterbildungsmaßnahmen erforderlich. Unternehmen können so die Innovationskraft und die Beschäftigungsfähigkeit ihrer Mitarbeitenden sichern.
4. Gezielte Förderung benachteiligter Gruppen
Besonders ältere Menschen und Personen mit niedriger Bildung oder geringem Einkommen benötigen spezifische Unterstützung, um nicht vom digitalen Wandel abgehängt zu werden. Da diese Gruppen häufig skeptisch gegenüber der Digitalisierung eingestellt sind, droht ohne gezielte Maßnahmen eine wachsende digitale Kluft.
RESÜMEE: DIGITALISIERUNG ZUR PRIORITÄT MACHEN
Lena-Sophie Müller, Geschäftsführerin der Initiative D21, betont die Dringlichkeit digitalpolitischer Investitionen: »Deutschland braucht eine ehrliche Debatte über die anstehenden Umbrüche und massive Investitionen in digitale Kompetenzen. Die digitale Transformation darf nicht länger aufgeschoben werden.« Der D21-Digital-Index 2024/25 zeigt, dass konkrete Maßnahmen erforderlich sind, um Deutschland für die digitale Zukunft fit zu machen und wirtschaftliche sowie gesellschaftliche Stabilität zu gewährleisten.
Hintergrund
Der D21-Digital-Index 2024/2025 ist eine repräsentative Studie der Initiative D21, durchgeführt von Kantar. Sie erfasst die deutschsprachige Bevölkerung ab 14 Jahren in Privathaushalten
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