Gleichstellung der Geschlechter: Zeit zu handeln
Obwohl Europa weltweit mit führend ist, wenn es um die Gleichstellung der Geschlechter und Frauenrechte geht, erhalten Frauen in der EU durchschnittlich niedrigere Löhne und Renten und sind in wirtschaftlichen und politischen Macht- und Entscheidungspositionen unterrepräsentiert. Ein vom Frauenausschuss des Europaparlaments am 6.2.2017 verabschiedeter Bericht fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, ihre Bemühungen zu intensivieren, um die Gleichstellung von Männern und Frauen zu erzielen.
Frauen und Männer sind in vielen gesellschaftlichen Bereichen nicht gleichgestellt. Laut dem Gleichstellungsindex des Europäischen Instituts für Gleichstellungsfragen (EIGE) befindet sich die EU auf halbem Weg zur Erreichung der Geschlechtergleichstellung. Die Gesamtbewertung der Gleichstellung beträgt 52,9 von 100 Punkten, was einer Steigerung von 1,6 Punkten seit 2005 entspricht. Der Berichterstatter Ernest Urtasun (Grüne/EFA) aus Spanien betont in unserem Videointerview: »Geschlechtergleichstellung muss wieder ganz oben auf der Tagesordnung der EU stehen«.
Gleichstellungsindex des EIGE (Daten von 2012)
Der 2015 Index umfasst Daten bis zum Jahr 2012 und berücksichtigt sechs
Schlüsselbereiche (Arbeit, Geld, Wissen, Zeit, Macht und Gesundheit).
Jeder Mitgliedstaat erhält eine Bewertung von 1 (absolut keine
Gleichstellung) bis 100 Punkten (komplette Gleichstellung).
Beschäftigungsrate von Frauen, Lohn- und Rentengefälle
Im Jahr 2015 erreichte die Beschäftigungsrate von Frauen den bisher höchsten Stand von 64 Prozent. Dennoch liegt sie immer noch erheblich unter der Beschäftigungsrate von Männern, die 76 Prozent betrug. Außerdem ist die Wahrscheinlichkeit für Frauen, Teilzeitarbeitsverträge einzugehen und darin zu verbleiben, viermal höher als für Männer. Frauen sind oft einer erheblichen Doppelbelastung ausgesetzt: Berufstätige Frauen leisten drei Viertel der Hausarbeit und zwei Drittel der elterlichen Erziehung.
Frauen erhalten durchschnittlich niedrigere Löhne und Renten als Männer. Obwohl Frauen im Durchschnitt einen höheren Bildungsabschluss als Männer besitzen, liegt das Lohngefälle zwischen Männern und Frauen in der EU bei 16,1 Prozent (im Jahr 2014). Laut Schätzungen der EU-Kommission sind, wenn sich das Tempo, mit dem Verbesserungen in diesem Bereich erzielt werden, nicht beschleunigt, weitere 70 Jahre nötig, um die gleiche Bezahlung der Geschlechter zu erreichen.
Das geschlechtsspezifische Rentengefälle ist mit 40,2 Prozent (im Jahr 2014) besonders alarmierend. Zudem hat sich das Rentengefälle in der Hälfte der Mitgliedstaaten noch verstärkt.
Frauenanteil in den Parlamenten
Der Gesamtanteil von Frauen in den nationalen Parlamenten stieg von 21 Prozent im Jahr 2005 auf 28 Prozent im Jahr 2016. Im Jahr 2005 waren 30 Prozent der EU-Abgeordneten Frauen, im Jahr 2016 waren es 37 Prozent.
Gender-Gap: Zeit, die »Lücke zu schließen«
Der Bericht über die Gleichstellung von Frauen und Männern in der Europäischen Union 2014-2015, der am 6. Februar vom Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter verabschiedet worden ist, fordert, die Gleichstellung der Geschlechter als politische Priorität zu etablieren. Es sollen die entsprechenden rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden, um eine bessere Vereinbarkeit von Privat- und Familienleben zu ermöglichen (Work-Life-Balance). Des Weiteren wird auf die negativen Auswirkungen von Sparmaßnahmen hingewiesen. Wie der Berichterstatter in seiner Begründung hervorhebt, machten Frauen rund 70 Prozent der Arbeitskräfte im öffentlichen Sektor aus und waren vor allem von Einsparungen in diesem Sektor betroffen. Einsparungen bei den Betreuungs- und Gesundheitsdienstleistungen führten zudem zu einer Rückkehr zu den traditionellen Geschlechterrollen.
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