Gender Pay Gap: Doch keine geschlechtsspezifischen Ursachen?
Untersuchung: Drei Viertel des Gender Pay Gap lassen sich mit Strukturunterschieden erklären
Im Jahr 2016 war der durchschnittliche Bruttostundenverdienst von Frauen mit 16,26 Euro um 21 % niedriger als der von Männern (20,71 Euro). 2014 und 2015 (revidiert) hatte der unbereinigte Gender Pay Gap bei jeweils 22 % gelegen. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) anlässlich des Equal Pay Day am 18. März 2017 weiter mitteilt, lassen sich fast drei Viertel des unbereinigten Gender Pay Gap auf strukturelle Unterschiede zurückführen: Die wichtigsten Gründe für die Differenzen der durchschnittlichen Bruttostundenverdienste waren Unterschiede in den Branchen und Berufen, in denen Frauen und Männer tätig sind, sowie ungleich verteilte Arbeitsplatzanforderungen hinsichtlich Führung und Qualifikation. Darüber hinaus sind Frauen häufiger als Männer teilzeit- oder geringfügig beschäftigt.
Untersuchungen der Ursachen des Verdienstunterschieds sind alle vier Jahre auf Basis der Verdienststrukturerhebung möglich. Aktuell liegen Ergebnisse für das Jahr 2014 vor.
Danach kann das verbleibende Viertel des Verdienstunterschieds nicht durch die lohnrelevanten Merkmale erklärt werden. Dieser sogenannte bereinigte Gender Pay Gap lag 2014 bundesweit bei 6 % (unbereinigter Gender Pay Gap 2014: 22 %). Das heißt, dass Frauen bei vergleichbarer Qualifikation und Tätigkeit pro Stunde durchschnittlich 6 % weniger als Männer verdienten. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass der bereinigte Gender Pay Gap möglicherweise geringer ausgefallen wäre, wenn weitere lohnrelevante Einflussfaktoren für die statistischen Analysen zur Verfügung gestanden hätten. So lagen beispielsweise zu den familienbedingten Erwerbsunterbrechungen keine Informationen vor.
Im Zeitverlauf zeigt sich sowohl beim unbereinigten als auch beim bereinigten Gender Pay Gap ein stetiger aber langsamer Rückgang. Das bedeutet: Frauen holen bei der Bezahlung langsam auf. Der weiterhin bestehende Abstand zu den Männern lässt sich immer deutlicher auf Unterschiede in den lohnrelevanten Merkmalen zurückführen.
Um EU-Vergleiche zum unbereinigten Gender Pay Gap zu ermöglichen, orientiert sich das Statistische Bundesamt bei der Berechnung an Vorgaben von Eurostat, dem Statistischen Amt der EU. Diese schließen aufgrund der EU-weit einheitlich verfügbaren Daten bestimmte Beschäftigtengruppen bei der Ermittlung des Indikators aus. Auf Grundlage der Verdienststrukturerhebung für das Jahr 2014 war es für Deutschland erstmals möglich, bislang nicht berücksichtigte Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in die Analysen einzubeziehen und so Aussagen für die gesamte Wirtschaft zu treffen. Im Vergleich zu der von Eurostat vorgegebenen engeren Abgrenzung ergeben sich bei Berücksichtigung von Beschäftigten in den Wirtschaftsabschnitten „Land- und Forstwirtschaft, Fischerei“ und „Öffentliche Verwaltung, Verteidigung; Sozialversicherung“ sowie in Kleinstbetrieben sowohl in Bezug auf das Ergebnis für den unbereinigten als auch für den bereinigten Gender Pay Gap keine relevanten Abweichungen. Auch unter Einbezug der genannten Beschäftigtengruppen liegen im Jahr 2014 der unbereinigte Verdienstunterschied bei 22 % und der bereinigte bei 6 %.
Hintergrund
Der Gender Pay Gap ist die Differenz des durchschnittlichen Bruttostundenverdienstes der Männer und Frauen im Verhältnis zum Bruttostundenverdienst der Männer. Es stehen dabei zwei Indikatoren mit unterschiedlicher Intention zur Verfügung. Der unbereinigte Gender Pay Gap vergleicht den Durchschnittsverdienst aller Arbeitnehmer beziehungsweise Arbeitnehmerinnen in allgemeiner Form miteinander. Mithilfe des unbereinigten Gender Pay Gap wird auch der Teil des Verdienstunterschieds erfasst, der durch schlechtere Zugangschancen von Frauen hinsichtlich bestimmter Berufe oder Karrierestufen verursacht wird, die möglicherweise ebenfalls das Ergebnis benachteiligender Strukturen sind. Der bereinigte Gender Pay Gap hingegen misst den Verdienstabstand von Männern und Frauen mit vergleichbaren Qualifikationen, Tätigkeiten und Erwerbsbiographien.
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