Hessen: So viele Frauen berufstätig wie noch nie, aber jede zehnte ohne Berufsabschluss
Vor allem geringfügig Beschäftigte Arbeitnehmerinnen hindert oft ein fehlender anerkannter Berufsabschluss beim beruflichen Weiterkommen. Mit der hessischen Initiative ProAbschluss kann das Nachholen eines Berufsabschlusses über das Förderinstrument »Qualifizierungsscheck« finanziell gefördert werden.
Beflügelt durch die gute Konjunktur haben zahlreiche hessische Unternehmen in den vergangenen Jahren neue Arbeitsplätze geschaffen. Niemals seit Gründung der Bundesrepublik lag der Beschäftigungsstand in Hessen höher. Laut den Angaben der der Bundesagentur für Arbeit waren 2,53 Millionen Personen Ende 2016 sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Dies sind 300.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mehr als noch im Dezember 2009 - und der Anstieg wird sich angesichts der guten Wirtschaftslage im kommenden Jahr aller Voraussicht weiter fortsetzen.
Frauenerwerbstätigkeit deutlich gestiegen
Doch diese Erfolgsmeldung bringt auch die Schattenseiten des Wirtschaftsbooms zutage: Zunehmend fällt es den Unternehmen schwer, geeignetes Personal zu finden. Bislang konnte die gestiegene Arbeitsnachfrage der Unternehmen vor allem dadurch aufgefangen werden, dass die Erwerbsbeteiligung insgesamt steigt. Konkret bedeutet dies, dass vor allem mehr Frauen arbeiten gehen, die früher keiner geregelten Erwerbstätigkeit nachgingen. Während 1997 nur gut 43 Prozent der in Hessen lebenden Frauen in erwerbsfähigem Alter sozialversicherungspflichtig beschäftigt waren, lag der Anteil zuletzt bei knapp 53 Prozent. Dennoch ist die weibliche Beschäftigungsquote noch immer deutlich niedriger als die der Männer, die derzeit knapp 60 Prozent beträgt. Der geschlechtsspezifische Abstand hat sich in den letzten Jahren jedoch verringert und die Beschäftigungsquote dürfte sich auch in den kommenden Jahren weiter angleichen.
Jede/r zehnte Beschäftigte ohne Berufsabschluss
Kaum geschlechtsspezifische Unterschiede bestehen hingegen bei der formalen Qualifikation der Beschäftigten. Vier von fünf in Hessen beschäftigten Frauen (79,7 Prozent) verfügten Ende 2016 über einen anerkannten Berufs- oder akademischen Abschluss oder befinden sich in Ausbildung. Bei den Männern sind dies mit 77,8 Prozent kaum weniger. Dennoch besitzen sowohl bei den beschäftigten Männern als auch den Frauen rund zehn Prozent keinen anerkannten Berufsabschluss (bei den übrigen ist die Ausbildung unbekannt).
Frauen überproportional häufig geringfügig beschäftigt
Ein Unterschied ist jedoch deutlich: Wesentlich mehr Frauen arbeiten in geringfügig entlohnten Beschäftigungsverhältnissen als Männer. Von den hessenweit rund 372.000 ausschließlich geringfügig beschäftigten Personen sind fast zwei Drittel (63 Prozent) Frauen. Vor allem geringfügig Beschäftigte Frauen hindert oft ein fehlender anerkannter Berufsabschluss beim beruflichen Weiterkommen. Für sie ist es generell sehr schwer, in ein »festes« Beschäftigungsverhältnis zu gelangen oder dieses zu sichern, also zum Beispiel eine Vollzeitanstellung zu erlangen. Gerade für diese Frauen würde ein Berufsabschluss ihre beruflichen Perspektiven wesentlich verbessern. Mit der hessischen Initiative ProAbschluss kann das Nachholen eines Berufsabschlusses über das Förderinstrument »Qualifizierungsscheck« finanziell gefördert werden.
Förderung durch den »Qualifizierungsscheck« auch für geringfügig Beschäftigte in Hessen möglich
Um das Nachholen eines fehlenden Berufsabschlusses zu fördern, hat das Hessische Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung (HMWEVL) die Initiative ProAbschluss gestartet. Sie richtet sich gezielt an Beschäftigte, die noch keinen anerkannten Berufsabschluss in ihrem ausgeübten Beruf haben, mindestens 27 Jahre alt sind und ihren Hauptwohnsitz in Hessen haben. Geringfügig Beschäftigte gehören explizit zum Kreis derjenigen, die gefördert werden können. Voraussetzung ist, dass ihr Arbeitgeber Sozialversicherungsbeiträge abführt. Mit dem Förderinstrument »Qualifizierungsscheck« werden abschlussbezogene Weiterbildungsmaßnahmen mit bis zu 50 Prozent, maximal jedoch mit 4.000 Euro je Qualifizierungsscheck, gefördert.