Die Frauenquote greift!
Forscherin macht Vorschlag für schrittweise Erweiterung
Die Frauenquote für Aufsichtsräte greift. Allerdings ist sie nur für sehr wenige Unternehmen verpflichtend – dabei stellt die Gleichstellung von Frauen und Männern eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe dar. Der Geltungsbereich könnte und sollte deshalb schrittweise ausgeweitet werden. Wie das gehen kann, zeigt Marion Weckes, Expertin für Unternehmensführung bei der Hans-Böckler-Stiftung: In zwei Schritten könnte die Quote von etwas über 100 auf rund 2.250 Firmen ausgedehnt werden.
Seit 2016 gilt die Geschlechterquote: 30 Prozent der Aufsichtsratsmandate der Kapitalgesellschaften, die börsennotiert und zugleich paritätisch mitbestimmt sind, müssen weiblich besetzt sein. So sitzen nun fast 29 Prozent Frauen in den Kontrollorganen der 107 betroffenen Unternehmen. 2015 waren es erst knapp 23 Prozent. »Es war zu erwarten, dass alle die Quote erfüllen. Andernfalls hätten Stühle in Aufsichtsräten leer bleiben müssen«, sagt die Ökonomin Weckes. Das Erreichte genüge aber nicht: »Wir sind noch weit entfernt von einer hinreichenden, flächendeckenden Beteiligung von Frauen in Leitungsgremien«, so Weckes. Der Geltungsbereich der Quote sei viel zu eng gesteckt. Es sei nicht plausibel, warum sie nur für jene börsennotierten Unternehmen gelte, die »voll mitbestimmt« sind, wo den Beschäftigten also die Hälfte der Aufsichtsratssitze zusteht. Die Geschlechtergleichstellung sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die nicht nur den börsennotierten Unternehmen mit paritätischer Mitbestimmung übertragen werden könne. Zudem gebe es viele Firmen mit mehr als 2.000 Beschäftigten, die keinen paritätisch besetzten Aufsichtsrat hätten.
Weckes plädiert dafür, den Geltungsbereich der Quote auszudehnen und das Kriterium »voll mitbestimmt« zu streichen. Denkbar wäre, dass in einem ersten Schritt alle deutschen »kapitalmarktorientierten« Gesellschaften verpflichtet werden. Damit würde die Frauenquote für alle diejenigen Unternehmen gelten, die wegen ihrer Relevanz für den Kapitalmarkt ohnehin unter strengerer Aufsicht stehen. Im Jahr 2017 waren das 561 Unternehmen. Die Liste der »kapitalmarktorientierten« Gesellschaften wird von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) geführt. Bei Firmen auf der Bafin-Liste wird die externe Berichterstattung in einem gesonderten Verfahren geprüft – eine Lehre aus Skandalen in den USA zu Beginn des Jahrtausends.
Langfristig fordert Weckes, die Aufgabe der Geschlechtergleichstellung allen großen Kapitalgesellschaften im Sinne des Handelsgesetzbuchs (ab 250 Beschäftigte) zu übertragen, unabhängig davon, ob eine Kapitalmarktorientierung vorliegt. Dann wären nicht nur börsennotierte Aktiengesellschaften, sondern auch inhabergeführte GmbHs mit gesetzlich vorgeschriebenem Aufsichtsrat verpflichtet, ihren Beitrag zur Geschlechtergleichstellung zu leisten. Insgesamt würde die Quote dann in rund 2.250 Unternehmen gelten.
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