Gender Pay: Deutsche Studentinnen sehen Frauen als benachteiligt
- Knapp 90 Prozent der Studentinnen sehen Frauen beim Gehalt gegenüber Männern benachteiligt; fast zwei Drittel der männlichen Kommilitonen stimmen dem zu
- 71 Prozent der Studierenden wünschen sich mehr Offenheit in Sachen Gehalt
- Studierende tun sich schwer damit, ihre Gehaltserwartung für den Berufseinstieg einzuschätzen (68 Prozent)
Die Gender Pay Debatte hat auch auf deutschen Campussen Spuren hinterlassen. Bei der von univativ im April 2018 durchgeführten Umfrage unter rund 1.100 deutschen Studierenden war für 93% der Befragten das Thema »Gender Pay Gap« nicht neu – unabhängig vom Geschlecht. Allerdings sehen Studentinnen größeren Handlungsbedarf: 89% glauben, dass Frauen beim Gehalt benachteiligt werden und drei Viertel begrüßen die Gender Pay Diskussion als »dringend fällig«. Ihre männlichen Kommilitonen stimmten diesen Aussagen weniger häufig zu. Generell sind deutsche Studenten aber recht locker im Umgang mit dem sensiblen Thema: Die deutliche Mehrheit spricht offen über ihr Gehalt und wünscht sich eine Enttabuisierung des Themas in Deutschland.
Studierende halten öffentlichen Gender Pay Diskurs für überfällig
Die öffentliche Diskussion zum Thema Lohngerechtigkeit hat auch den Weg in deutsche Hochschulen gefunden: 93% der Befragten gaben unabhängig vom Geschlecht an, bereits davon gehört zu haben. Interessant fanden das Thema insgesamt 69% - dabei deutlich mehr Frauen (84%) als Männer (51%). Etwa jeder zweite männliche Befragte (49%) interessiert sich nicht für das Thema. Dieser Zwiespalt spiegelt sich auch in den Aussagen zur Bedeutung des Themas: Eine Hälfte (51%) nimmt die Debatte als einen übertriebenen »Hype« wahr, während die andere Hälfte (49%) den Diskurs als »dringend fällig« einstuft; bei den Kommilitoninnen sind es sogar drei von vier (75%), die das Thema als dringend einschätzen. Dass Frauen beim Gehalt gegenüber Männern benachteiligt werden, sehen 78% aller Befragten so – die jungen Männer liegen mit einer Zustimmung von 64% allerdings unter diesem Durchschnitt.
Eltern sind Ansprechpartner Nummer Eins in Sachen Einkommen
Entgegen des in Deutschland traditionell reservierten Umgangs mit Gehaltssummen geben sich Studierende offen: 69% finden es nicht unangenehm, mit anderen über das eigene Gehalt zu reden. Die häufigsten Gesprächspartner sind dabei an erster Stelle die Eltern (87%), gefolgt von engen Freunden (75%) und der Familie (55%). Auf dem vierten Platz folgt der Finanzberater (38%) vor Kommilitonen (35%) und sogar den eigenen Arbeitskollegen (30%). Umgekehrt sind es insgesamt wiederum die Eltern, die den Befragten am häufigsten das eigene Einkommen offenbart haben (75%) – den männlichen Befragten nannten aber noch häufiger enge Freunde eine konkrete Zahl (73%).
Studierende wünschen sich mehr Offenheit und Transparenz
Mehr als zwei Drittel (71%) der Studierenden sind der Meinung, dass in Deutschland offener über Gehälter gesprochen werden sollte. Somit ist es auch nicht überraschend, dass sich 68% schwer damit tun, ihre persönliche Gehaltserwartung für den Berufseinstieg abzuschätzen. Mehr als jeder Dritte (40%) gibt an, dass Unwissenheit und fehlende Informationsquellen Gründe hierfür seien. Auch keine oder fehlende Vergleichsmöglichkeiten (39%) erschweren besonders den jungen Frauen (47%) die Orientierung. Jeder Dritte (29%) ist durch sehr unterschiedliche Aussagen verunsichert. Frauen sind zudem zurückhaltender (24%) als Männer (14%), wenn es darum geht, andere nach ihrem Einstiegsgehalt zu fragen.
Größere Transparenz für eine gerechtere Gehaltsverteilung
70% der studierenden Frauen und 59% der studierenden Männer gehen davon aus, dass eine größere Transparenz dafür sorgen würde, dass Gehalt insgesamt fairer verteilt wäre. Sie versprechen sich darüber hinaus, dass der persönlichen Leistung im Rahmen von Gehaltsverhandlungen eine höhere Bedeutung zukommen würde (52%). Mit einem höheren Gehalt für Frauen rechnen unter dieser Prämisse 58% der Studentinnen und 38% der Studenten. Dass mehr Transparenz zu mehr Neid und Missgunst führt, sehen vor allem die männlichen Befragten so (53% vs. 44%). Generell einfachere Gehaltsverhandlungen versprechen sich rund die Hälfte der Befragten (47%), während ein Viertel (24%) eher vom Gegenteil ausgeht. Allgemein fühlen sich Studierende – insbesondere junge Männer – als ihres Glückes Schmied: 60% bzw. 63% sehen das Gehalt als persönliche Verhandlungssache und weniger als fremdbestimmten Wert.
»Die heutige Studentengeneration will bei der Gestaltung ihrer Arbeitswelt aktiv partizipieren und hat klare Vorstellungen, wie diese aussehen soll. Unsere Befragung zur Lohngerechtigkeit macht darüber hinaus deutlich, dass der Wunsch nach mehr Transparenz bei diesem Thema kein Lippenbekenntnis ist. Vielmehr legt der Fach- und Führungsnachwuchs diesen Maßstab auch an sich selbst an – wie der offene Umgang mit dem Thema Gehalt demonstriert. Faire und an Leistung gemessene Bezahlung ist ein grundlegender Anspruch dieser Generation. Unternehmen müssen deshalb im Wettbewerb um qualifizierten Nachwuchs stärker darauf eingehen«, kommentiert Olaf Kempin, Gründer und Co-Geschäftsführer von univativ, die Ergebnisse.
Hintergrund
Der »unicensus kompakt« ist eine Blitzumfrage der univativ GmbH & Co. KG, Darmstadt. Der Personaldienstleister befragt dafür regelmäßig bundesweit mehr als 1.000 Studenten in Deutschland zu für sie relevanten Themen.
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