Frauen in Führungspositionen: Kaum Fortschritte zu beobachten
Hamburg ist Führungskräfte-Hauptstadt
Die Debatte um Frauen in Führungspositionen wird in Deutschland seit Jahren geführt, zuletzt immer intensiver. In der Folge ist dagegen relativ wenig passiert. Die Zahl der Frauen an der Spitze nimmt kaum zu. Der Frauenanteil an der Führungsschicht in den Betrieben liegt bei derzeit 22,6 Prozent und damit nur um 0,1 Prozentpunkte höher als vor 24 Monaten.
Dies zeigt eine CRIFBÜRGEL-Studie, in der rund 3,5 Millionen Positionen von Führungskräften aus knapp 1,3 Millionen Unternehmen in Deutschland hinsichtlich Alter, Geschlecht und Regionen analysiert (Stichtag 30.10.2018) wurden. Bei den ausgewerteten Führungspositionen handelt es sich um Geschäftsführer, Aufsichtsratsmitglieder und -vorsitzende und um Vorstandsmitglieder und -vorsitzende.
Die ostdeutschen Bundesländer nehmen beim Thema Frauen in Führungspositionen eine Vorreiterrolle ein. Brandenburg liegt mit einer Frauenquote in Führungspositionen von 28,3 Prozent wie schon vor zwei Jahren (26,1 Prozent) bundesweit an der Spitze. Aber auch in Sachsen (27,1 Prozent) und Mecklenburg-Vorpommern (26,8 Prozent) liegt die Frauenquote in Spitzenpositionen deutlich höher als im Bundesdurchschnitt (22,6 Prozent).
Hessen liegt mit einer Quote von 22,6 Prozent im Bundesdurchschnitt. Nachholbedarf hinsichtlich der Frauenquote haben vor allem Baden-Württemberg (18,8 Prozent), Bayern (19,6 Prozent) und Nordrhein-Westfalen (20,7 Prozent).
Bei steigender Unternehmensgröße nimmt der durchschnittliche Anteil von Frauen in Spitzenpositionen kontinuierlich ab und steigt dann bei den Großunternehmen wieder an. Während in kleinen Firmen mit bis zu zehn Mitarbeitern mehr als jede vierte Führungskraft eine Frau ist (26,1 Prozent), sinkt die Chefinnenquote bei 101-bis-500-Mitarbeiter-Unternehmen auf 12,1 Prozent. Bei Großunternehmen mit mehr als 10.000 Mitarbeitern liegt der Anteil von Frauen in Führungspositionen bei 16,8 Prozent.
Ähnlich verhält sich die Frauenquote in Unternehmen hinsichtlich des Kriteriums Umsatz. Den höchsten Frauenanteil in Führungspositionen haben Firmen mit einem Umsatz unter 1 Million Euro (24,9 Prozent). Bei Unternehmen mit mehr als 100 Millionen Umsatz steigt die Frauenquote in Führungspositionen auf 11,9 Prozent.
In der Analyse der Branchen liefert das Gesundheitswesen mit einer Frauenquote von 38,0 Prozent den höchsten Wert. Aber auch im Handel (26,9 Prozent) und im Verlagswesen (24,0 Prozent) nehmen Frauen überdurchschnittlich häufig Führungspositionen ein. Wenige Frauen in Führungspositionen sind indes im Maschinenbau (9,3 Prozent), im Baugewerbe (9,7 Prozent), in der Energieversorgung (11,2 Prozent) und in der Schifffahrt (11,9 Prozent) vertreten.
Obwohl die Politik seit Jahren eine höhere Frauenquote in deutschen Aufsichtsräten fordert, beträgt der Frauenanteil aktuell 17,1 Prozent. Dies zeigt eine Analyse von rund 93.000 Positionen von Aufsichtsräten (Aufsichtsratsmitglieder und Aufsichtsratsvorsitzende) in deutschen Unternehmen.
Auch bei der Frauenquote in Aufsichtsräten zeigen sich drei ostdeutsche Länder führend. In Brandenburg (23,9 Prozent), Mecklenburg-Vorpommern (22,8 Prozent) und in Sachsen (21,8 Prozent) ist die Quote bundesweit am höchsten. Den geringsten Anteil meldet hingegen das Saarland mit 14,0 Prozent weiblichen Aufsichtsräten.
Unabhängig von der Analyse von Frauen in Führungspositionen liefert die aktuelle Studie noch weitere Ergebnisse. Werden die ausgewerteten Führungspositionen in das Verhältnis zu der Einwohnerzahl in den Bundesländern gesetzt, zeigt sich, dass Hamburg die Hauptstadt der Chefs und Chefinnen ist - in keinem anderen Bundesland gibt es so viele Führungskräfte wie in der Hansestadt. In Hamburg kommen auf 10.000 Einwohner 493 Führungskräfte. Aber auch in Sachsen (430 Führungskräfte je 10.000 Einwohner), Brandenburg (421), Berlin (420), Bayern (390), Thüringen (375), Hessen (373) und in Mecklenburg-Vorpommern (365) liegen die Werte über dem Bundesdurchschnitt. Dieser liegt bei 368 Chefinnen und Chefs je 10.000 Einwohner. Auf anteilig am wenigsten Führungskräfte in Deutschland bringt es Niedersachsen mit lediglich 310 Entscheidern je 10.000 Einwohner.
Laut der Untersuchung sind knapp ein Viertel (24,0 Prozent) der Führungskräfte beiderlei Geschlechts bereits älter als 61 Jahre. Während sich die meisten Geschäftsführer, Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglieder aus der Gruppe der 51- bis 60-Jährigen (32,8 Prozent) und der 41- bis 50-Jährigen rekrutieren (28,6 Prozent), ist der Anteil an Führungskräften mit 30 Jahren und jünger gering ausgeprägt. Hinsichtlich Entscheidernachwuchs wird sich in den nächsten Jahren einiges tun müssen. Nach der Studie sind 18,0 Prozent der Chefs und Chefinnen bereits über 65 Jahre alt und damit kurz vor dem oder bereits im Rentenalter und somit bedarf es bald einer Nachfolgeregelung. Die meisten Vorgesetzten in diesem Alter arbeiten in Rheinland-Pfalz. Hier liegt der Anteil der über 65-jährigen Chefs bei 20,3 Prozent.
Die Führungskraft ist in Deutschland 51,9 Jahre alt. Während die statistisch ältesten Führungskräfte in Baden-Württemberg (Durchschnittsalter: 53,8 Jahre) und Bayern (53,0 Jahre) arbeiten, gehen in Brandenburg (50,6 Jahre), Thüringen und Sachsen-Anhalt (je 50,8 Jahre) statistisch die jüngsten Führungskräfte ihrer Tätigkeit nach.
LINKS