MINT-Berufe: Workshops mit Rollenvorbildern können Geschlechterstereotype reduzieren

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Ausbildungswege von Frauen und Männern in Deutschland sehr unterschiedlich 

Frauen sind in Berufen des MINT-Bereichs – also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik – nach wie vor deutlich unterrepräsentiert. Wie eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) und der Wirtschaftsuniversität Wien (WU Wien) zeigt, ist das Interesse an Technik und an einem Beruf in diesem Bereich schon unter 12- bis 14-jährigen Schülerinnen und Schülern äußerst unterschiedlich ausgeprägt. Und dies wiederum hat auch mit Geschlechterstereotypen zu tun.

Wie die Analyse eines Berufsorientierungsworkshops zeigt, können geschlechterstereotype Denkweisen jedoch reduziert werden: Bereits nach einem halbtägigen Workshop, in dem die Schülerinnen und Schüler insbesondere mit weiblichen Rollenvorbildern, also im MINT-Bereich tätigen Frauen und Studentinnen, konfrontiert werden, zeigen sich entsprechende Effekte – und zwar noch mehrere Wochen nach der Befragung.

Die Studie basiert auf einer Befragung von rund 250 Schülerinnen und Schülern im Alter von 12 bis 14 Jahren an Wiener Schulen. Da die geschlechterspezifischen Unterschiede in Ausbildungswegen und Berufswünschen in Deutschland und Österreich eine ähnliche Größenordnung haben, können die Ergebnisse auf Deutschland übertragen werden. So ist beispielsweise speziell im MINT-Bereich der Frauenanteil unter den Studierenden mit rund einem Drittel in etwa vergleichbar.


MINT Berufe


Jungen interessieren sich deutlich häufiger für einen MINT-Beruf als Mädchen

In ihrer Untersuchung haben Julia Schmieder aus der Forschungsgruppe Gender Economics des DIW Berlin sowie Simone Häckl und Katharina Drescher von der WU Wien eine Reihe von Faktoren unter die Lupe genommen, die das Interesse an einem MINT-Beruf potentiell beeinflussen. Von den Befragten können sich 38 Prozent der Schüler sehr gut vorstellen, später einen technischen Beruf auszuüben. Unter den Schülerinnen sind es nur fünf Prozent. Eine Rolle spielt dabei, wie Jungen und Mädchen ihre eigenen MINT-Fähigkeiten einschätzen. Es zeigt sich, dass Schülerinnen diese vor allem in Relation zu anderen Fähigkeiten signifikant geringer einschätzen als Schüler. Ein über die Befragung hinausgehendes Experiment bestätigt, dass Mädchen ihre Leistung zudem tendenziell niedriger einschätzen, als sie in Wahrheit ist.

»Dass Mädchen ihre Leistungen unterschätzen, deutet auf ein geringeres Selbstvertrauen im Vergleich zu Jungen hin«, sagt Studienautorin Häckl. »Und das wiederum kann Geschlechterunterschiede auf dem Arbeitsmarkt mit erklären, wenn Frauen weniger Vertrauen in sich haben und deshalb beispielsweise den Wettbewerb mit Männern in gewissen Situationen meiden«.

Geschlechterstereotype Denkweisen sollten auch bei Eltern in Blick genommen werden

Geschlechterstereotype Denkweisen können dazu führen, dass Mädchen weniger mit MINT-Themen in Berührung kommen als Jungen. So zeigt sich beispielsweise, dass Schülerinnen in der Familie weitaus seltener mit technischen Themen konfrontiert werden als Jungen. Auf die Frage, ob ihre Eltern mit ihnen über Technik sprechen, antworteten 41 Prozent der Schüler und nur 21 Prozent der Schülerinnen, dass dies der Fall sei. Auch die Zustimmung zur Aussage »Jungen interessieren sich mehr für Technik als Mädchen« von 52 Prozent unter Schülerinnen und 68 Prozent unter Schülern deutet auf Geschlechterstereotype hin. »Und diese vorhandenen geschlechterstereotypen Denkweisen gehen mit einem geringeren Interesse an Technik aufseiten der Mädchen einher«, erklärt Drescher.

Doch das Potential, stereotype Denkweisen zu ändern, scheint groß: Bereits ein halbtägiger von der Wirtschaftsagentur Wien veranstalteter Workshop, in dem Schülerinnen und Schüler mit insbesondere weiblichen Rollenvorbildern konfrontiert werden und an Erfindungen arbeiten, zeigt nachhaltige Effekte. Noch mehrere Wochen nach dem Workshop lag die Zustimmung zu geschlechterstereotypen Aussagen bei Jungen um 7,7 Prozent niedriger als vor dem Workshop. Bei Mädchen sank die Zustimmungsrate um immerhin 4,7 Prozent.

»Das Potential für Maßnahmen, die Mädchen für MINT-Berufe interessieren sollen, ist also groß«, so Schmieder. »Wenn man die Kürze des untersuchten Programms bedenkt, ist der Effekt umso bemerkenswerter – durch eine wiederholte Konfrontation der Schülerinnen und Schüler mit Rollenvorbildern könnte man also noch weitaus mehr bewirken. Dabei dürfen die Eltern jedoch nicht außen vorgelassen werden. Auch bei ihnen sollten geschlechterstereotype Denkweisen in den Blick genommen werden, damit sie diese gar nicht erst an ihre Kinder weitergeben«.

 

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