Werte und Selbstfindung: Identifizieren sich Führungskräfte mit ihrem Job?

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Frau in Führung (Symbolbild)

Bei der Jobwahl von Führungskräften zählt: Tätigkeit vor Unternehmen.

Ein neuer Management-Report zeigt auf: 7 von 10 Befragten entscheiden sich aufgrund der Tätigkeit an sich für ihre aktuelle Stelle und nicht des Unternehmens wegen. Die Motivation im Job wird vorrangig von dem Arbeitsklima (19 %) und von der Abwechslung im Beruf (18 %) beeinflusst. Das Finanzielle ist bei Weitem nicht die wichtigste Motivation: 12 % meinen spontan, dass ihr Gehalt sie zu ihrem Job motiviert.

Im Hinblick auf die Work-Life-Balance sehen 65 % der Führungskräfte diese für sich im Großen und Ganzen verwirklicht. Dennoch reflektieren 4 von 10 zumindest gelegentlich, ob die aktuelle Tätigkeit zu ihrer Persönlichkeit passt. Das bedeutendste Hemmnis für eine Veränderung im Job ist die Angst vor Einkommensverlusten, die knapp zwei Drittel sehr oder eher befürchten.

Mag. (FH) Michaela Kreitmayer, Leiterin Hernstein Institut für Management und Leadership sagt dazu: »Die befragten Führungskräfte denken über ihre Tätigkeit und deren ‚Passform‘ zu ihrer Persönlichkeit nach. Reflektieren eröffnet neue Blickwinkel und bietet Anknüpfungspunkte für Veränderungen und Verbesserungen. Genau dieses Aufdecken kann sehr motivierend wirken und für die Führungskräfte Gestaltungsspielräume auch im bestehenden Job eröffnen.«

Die Befragung der österreichischen und deutschen Führungskräfte ergab außerdem, dass sich 33 % schon einmal in ihrer Karriere beruflich komplett umorientiert haben, 23 % sogar mehrmals. Auch für die Zukunft zeigen sich Führungskräfte offen für Veränderungen: 44 % können sich eine berufliche Neuausrichtung vorstellen.

Ergänzend fügt Michaela Kreitmayer hinzu: »Gerade in bewegten Zeiten sind Führungskräfte gefragt, die flexibel und offen für Neues sind. Speziell jetzt ist es wichtig, bestehende Prozesse zu hinterfragen, um Verbesserungspotenziale zu erkennen und auf die notwendigen Veränderungen zu reagieren. Die klassischen Karrierewege werden immer öfter aufgebrochen. Es ist keine Seltenheit, dass sich auch im Unternehmen Fach- und Führungskarrieren abwechseln.«

Entscheidungsgründe für die Jobwahl

Unter den befragten österreichischen und deutschen Führungskräften geben 72 % an, dass bei der Entscheidung für die aktuelle Position die Tätigkeit an sich und nicht das jeweilige Unternehmen ausschlaggebend war. Bei Führungskräften mit mehr als 20 Jahren Erfahrung sind es sogar 78 %, die damit deutlich über dem Durchschnitt liegen. Möglicherweise gewinnt in diesen Generationen das Thema Employer Branding an Stellenwert.

Die hohe Bedeutung des Arbeitsinhalts wird auch durch eine andere Frage untermauert: 62 % messen der Aussage »Mir ist wichtig, dass ich die Tätigkeit selbst gerne mache« sehr oder eher große Bedeutung bei. Damit liegt dieses Statement vor 5 anderen vorgegebenen Antwortoptionen, die das persönliche Verhältnis zum Job thematisieren und ebenso positiv besetzt sind.

Der soziale Faktor ist die wichtigste Motivation

Auf die offene Frage, was sie im Job am meisten motiviert, antworten 19 %, dass dies das Arbeitsklima und ihr Team seien. Dies gilt vor allem für Befragte aus dem kaufmännisch-administrativen Bereich, die dieses Motiv sogar zu 29 % nennen. 12 % geben ihr Einkommen als Motivation an. Im Ranking aller Antworten liegt dieses Argument an siebter Stelle. Mit steigender Hierarchieebene nimmt der Faktor Gehalt ab: Im oberen Management liegen die Nennungen bei nur 9 %. Nach Branchen spielt die Einkommensfrage in der Finanzwirtschaft mit 19 % die größte Rolle.

Führungskräfte sind mit ihrer Work-Life-Balance zufrieden

Die gegebenen Rahmenbedingungen scheinen jedenfalls dazu zu führen, dass die österreichischen und deutschen Führungskräfte mit ihrer Work-Life-Balance zufrieden sind. 34 % stimmen der Aussage, dass sie »das Gefühl haben, nur am Wochenende bzw. in der Freizeit richtig zu leben«, zu. Im Umkehrschluss ist davon auszugehen, dass zwei Drittel ihre Work-Life-Balance als zufriedenstellend empfinden. Die Zahlen zeigen, dass diese Ausgeglichenheit stark mit dem Lebensalter zusammenhängt:

  • In Österreich liegt die Zufriedenheit mit der Work-Life-Balance bei den unter 40-jährigen Führungskräften bei 60 %, bei ihren älteren Kolleginnen und Kollegen sind es 69 %.
  • Im Vergleich dazu ist dieser Trend in Deutschland noch deutlich stärker ausgeprägt: 50 % der unter 40-Jährigen und 71 % der über 40-jährigen Führungskräfte sind mit der Work-Life-Balance zufrieden.
  • Eine ebenso hohe Ausgeglichenheit zeigen die Inhaberinnen und Inhaber von Unternehmen mit einem Wert von 71 %.

Trotzdem: 4 von 10 denken darüber nach, ob der Job zu ihnen passt

Dieser Ausdruck der Zufriedenheit hält die befragten Führungskräfte nicht von Selbstreflexion ab: 42 % denken darüber nach, ob der aktuelle Job zu ihrer Persönlichkeit passt (10 % häufig, 32 % manchmal). Dieses Verhalten hängt stark mit der jeweiligen Führungserfahrung zusammen: Befragte mit bis zu 3 Jahren Praxis reflektieren dies zu 13 %, unter jenen mit über 20 Jahren Erfahrung sind es nicht einmal halb so viele (6 %). Nach Branchen wird die eigene Position besonders häufig im Dienstleistungsbereich (13 %) und im Bau- und Immobilienwesen (12 %) hinterfragt, unterdurchschnittlich hingegen im Handel und im öffentlichkeitsnahen Sektor (jeweils 6 %).

Investition in Aus- und Weiterbildung für den richtigen Job

Der »richtige Job« ist den befragten Führungskräften etwas wert: 19 % wären bereit, in Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen zu investieren, um die Voraussetzungen für das ideale berufliche Umfeld zu schaffen. 16 % würden eigene Zeit investieren und ebenso viele zeigten – nach eigenen Angaben – die Bereitschaft, auf einen Teil des Einkommens zu verzichten. An vierter Stelle der Nennungen folgt mit 12 % die Akzeptanz eines Ortswechsels, was die oft geäußerte Skepsis an der Mobilität von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern relativiert.

Auffällig ist, dass die Aus- und Weiterbildungsbereitschaft in Österreich mit 23 % deutlich ausgeprägter ist als in Deutschland (17 %). Dafür sind deutsche Führungskräfte (13 %) mobiler als österreichische (9 %) und würden einen Ortswechsel für den richtigen Job in Kauf nehmen.

Künftige berufliche Neuorientierung: Bereitschaft gegeben, aber nicht ohne Bedenken

18 % der Führungskräfte können sich eine künftige berufliche Neuorientierung sehr gut vorstellen, weitere 26 % eher. Diese Bereitschaft ist klar vom Alter abhängig: 26 % der österreichischen Befragten bis 40 können sich einen Wechsel sehr gut vorstellen (Deutschland: 20 %), bei den über 40-jährigen sind es 17 % (Deutschland: 13 %). Nach Branchen ist die Veränderungsbereitschaft im Dienstleistungs- (24 %) und IT/Telekom-Sektor (21 %) besonders hoch.

Gehemmt wird diese Flexibilität durch Angst vor Einkommensverlusten, die 26 % sehr und 38 % eher befürchten. Überdurchschnittlich stark ausgeprägt ist diese Befürchtung in Großbetrieben mit über 5.000 Mitarbeitenden (sehr: 30 %), in Kleinbetrieben mit bis zu 10 Beschäftigen deutlich weniger (22 %).

Eine vergleichsweise geringe Rolle spielt die Angst vor Prestigeverlust: 7 % der Führungskräfte meinen, dass dies ihre Bereitschaft zur Veränderung im Job sehr bremsen würde, 17 % eher.

Hintergrund
Der Hernstein Management Report erhebt seit über 20 Jahren ein jährliches Stimmungsbild unter Führungskräften und Unternehmerinnen und Unternehmern in Österreich und Deutschland. Befragungszeitraum für die aktuelle Ausgabe: Mai 2020, befragte Personen: 1.548 Führungskräfte sowie Unternehmerinnen und Unternehmer, davon 632 in Österreich und 916 in Deutschland. Befragungsart: Online-Befragung, durchgeführt von Triple M Matzka Markt- und Meinungsforschung KG.

 

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