Macht, Autorität, Kontrolle: Wie denken Führungskräfte darüber?
77 Prozent der befragten österreichischen und deutschen Führungskräfte erachten eine regelmäßige Kontrolle der Mitarbeitenden als notwendig – dies erhebt der aktuelle Hernstein Management Report. Eine Mehrheit von 59 % der Führungskräfte meint, dass Macht ein notwendiger Teil der Führungsarbeit sei. Es zeigt sich, dass der Machtbegriff eher negativ besetzt ist und bei knapp einem Drittel der Befragten negative Assoziationen weckt.
»Für mich ist vor allem der Wunsch nach Kontrolle, den mehr als drei Viertel der Befragten kurz nach dem ersten Corona-Lockdown angaben, überraschend. Grundsätzlich sind meines Erachtens jene Führungskräfte langfristig erfolgreich, die über Vertrauen und Ergebnisleistung führen. Und gerade durch die große Zahl an Mitarbeitenden im Homeoffice kann das Vertrauen die elementare Basis für die Führungsarbeit sein. Durch die Arbeit an sich selbst und durch gezielte Maßnahmen im Team kann jedenfalls an der Vertrauenskultur gearbeitet werden«, meint Mag. (FH) Michaela Kreitmayer vom Hernstein Institut zu diesen Ergebnissen.
Autorität ist die »gute Seite« der Macht
84 % der Führungskräfte sehen den Begriff »Autorität« positiv (negativ: 7 %) und assoziieren damit Eigenschaften wie souveränes Auftreten, Ausstrahlung und auch Mitarbeiterorientierung. Umgekehrt haben lediglich 20 % der Führungskräfte positive Wahrnehmungen zum Begriff »Macht« und 30 % negative Assoziationen, wie beispielsweise Machtmissbrauch, Ungerechtigkeit oder Egoismus. 10 % der Befragten stellen überhaupt in Abrede, dass Macht etwas mit Führung zu tun habe. Interessant: In Deutschland wird der Machtbegriff noch etwas kritischer gesehen als in Österreich (33 % versus 27 % negative Assoziationen).
Je höher die Managementebene, desto höhere Priorität für Kontrolle
Die oberste Führungsebene hat die meiste Affinität zu Kontrolle. 32 % stimmen der Aussage voll und ganz zu, dass Führung ohne regelmäßige Kontrolle nicht funktioniert. Im unteren Management sind es mit 22 % deutlich weniger. Interessanterweise sind die Unternehmensinhaberinnen und -inhaber weniger kontrollorientiert als das Top-Management. Sie liegen mit 27 % ungefähr gleich auf mit dem mittleren Management (26 %).
Nach Branchen wird das Kontrollerfordernis am stärksten im Finanzdienstleistungsbereich gesehen (28 %), während diese Meinung im öffentlichen Sektor am schwächsten ausgeprägt ist (17 %).
Führungskräfte vertreten eine positive Fehlerkultur
Wenn Fehler auftreten, spricht sich eine überwältigende Mehrheit von 94 % der Führungskräfte für einen offenen Umgang damit aus, um Lehren aus den Fehlern zu ziehen (davon 59 % voll und ganz). Auf der anderen Seite halten 38 % nach Fehlleistungen rasche Sanktionen für notwendig. Bei Führungskräften der unteren und mittleren Führungsebenen ist die Fehlertoleranz mit jeweils 61 % größer als im Top-Management und unter den Inhaberinnen und Inhabern (jeweils 55 %).
Mag. (FH) Michaela Kreitmayer, Leiterin Hernstein Institut für Management und Leadership, kommentiert dies folgendermaßen: »Es ist schön zu sehen, dass sich 9 von 10 Führungskräften für einen offenen Umgang mit Fehlern aussprechen. Diese Haltung ist gerade für die Weiterentwicklung jeder bzw. jedes Einzelnen wichtig – und auch für das Weiterkommen des Unternehmens. Erst durch das Lernen aus Fehlern wird Innovation möglich gemacht. Und gerade diese ist aufgrund der aktuellen Veränderungen notwendig und ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.«
Kooperativer Ansatz zwischen den Führungskräften
Nicht nur in Bezug auf die Mitarbeitenden zeigt sich der Wunsch nach einem konstruktiven Verhältnis, sondern auch auf der kollegialen Ebene zwischen den Führungskräften. 42 % halten es für sehr wichtig, dass sich Führungskräfte mit anderen vernetzen, weitere 48 % sehen das eher so. Mit 47 % hat die gegenseitige Vernetzung im Dienstleistungsbereich den höchsten Stellenwert, im Handel mit 38 % den relativ geringsten.
Gegen eine offene Informationskultur zwischen den Abteilungen sprechen sich nur 17 % klar aus. Sie stimmen der Aussage, dass es manchmal besser sei, wenn die anderen Abteilungen nicht alles wüssten, voll und ganz zu. 45 % der Befragten sind eher dieser Ansicht. Besonders ausgeprägt ist diese Haltung bei Führungskräften im Personalbereich: Von ihnen stimmen 26 % voll und ganz der betreffenden Aussage zu.
Eine Konkurrenz zwischen den Führungskräften wird von einer klaren Mehrheit von 57 % abgelehnt. Nur 9 % stimmen der Aussage voll und ganz zu, dass diese die Organisation vorwärtsbringen würde. Das obere Management kann einer Konkurrenz zwischen Kolleginnen und Kollegen noch am meisten abgewinnen. Hier befürworten 17 % diese voll und ganz. Hingegen liegt der diesbezügliche Wert der Inhaberinnen und Inhaber genau im Durchschnitt: Sie lehnen ebenfalls eine Konkurrenz zwischen den Führungskräften ab
Hintergrund
Der Hernstein Management Report erhebt seit über 20 Jahren ein jährliches Stimmungsbild unter Führungskräften und Unternehmerinnen und Unternehmern in Österreich und Deutschland. Befragungszeitraum für die aktuelle Ausgabe: Mai 2020; befragte Personen: 1.548 Führungskräfte sowie Unternehmerinnen und Unternehmer, davon 632 in Österreich und 916 in Deutschland. Befragungsart: Online-Befragung, durchgeführt von Triple M Matzka Markt- und Meinungsforschung KG.
VERWEISE
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