Geförderte Weiterbildung: Mit der Digitalisierung Schritt halten

(Geschätzte Lesezeit: 4 - 7 Minuten)

Bernhard Kuntz3 Von Fanny Kabelström-Stefani, Berlin.

Die Digitalisierung verändert die Arbeitswelt schnell und grundlegend. Für Management und Mitarbeiter gilt gleichermaßen: Wer mithalten will, muss sich bewegen. Immer wieder. Denn langfristig ist die einzige wirkungsvolle Strategie das lebenslange Lernen. Fortbildungen jedoch sind teuer – und so kann der Anspruch der kontinuierlichen Qualifizierung Arbeitnehmer, aber auch kleine Unternehmen, schnell an die finanzielle Belastungsgrenze führen. Der Staat bietet daher verschiedene Fördermöglichkeiten wie den Bildungsgutschein (BGS) für Arbeitsuchende und Beschäftigte oder das neue Qualifizierungschancengesetz, von dem Unternehmen und Arbeitnehmer gleichermaßen profitieren können.

Der technologische Fortschritt setzt Unternehmen und ihre Mitarbeiter genauso wie Hochschulabsolventen und Arbeitssuchende unter einen spürbaren Anpassungsdruck: Denn für Arbeitnehmer gibt es keine Garantie mehr, den einmal erlernten Beruf bis zum Eintritt in die Rente auszuüben. Sie müssen heute kontinuierlich daran arbeiten, ihre Qualifikationen den sich verändernden Anforderungen anzupassen und sich durch Weiterbildung oder Umschulung immer wieder qualifizieren. Denn eines steht fest: In einer Arbeitswelt, die sich durch die Digitalisierung immer schneller verändert, bestehen langfristig nur die, die ihr Leben lang dazu- oder gar umlernen. Es gibt immer mehr Berufe, die durch den digitalen Strukturwandel früher oder später sogar ganz verschwinden werden. Insbesondere für Geringqualifizierte besteht die Gefahr, dass sie durch Automatisierung ihren Arbeitsplatz verlieren. Und auch Unternehmen bleiben im globalen Wettbewerb nur dann konkurrenzfähig, wenn die Qualifikation ihrer Mitarbeiter dem aktuellen Stand der technologischen Entwicklung entspricht.

Arbeitnehmer in Deutschland sind nicht gut auf die Digitalisierung vorbereitet

Soweit die Theorie. In der Berufspraxis vieler Menschen ist die Arbeitsbelastung so groß, dass schlicht die Zeit fehlt. Und Weiterbildung kostet viel Geld. Aktuell warnen zum Beispiel die Volkshochschulen vor steigenden Kursgebühren, denn die Große Koalition hat angekündigt, die bisherige Befreiung von der Umsatzsteuer abzuschaffen. Dabei ist viel mehr Weiterbildung nötig, denn Arbeitnehmer aus Deutschland sind im weltweiten Vergleich schon jetzt nur durchschnittlich gut auf die Anforderungen der Digitalisierung vorbereitet. Zu diesem Ergebnis kommt die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in ihrem aktuellen »Skills Outlook 2019«. Entscheidend für eine erfolgreiche Anpassung an die Veränderungen ist es laut OECD für alle Bürger, das lebenslange Lernen zu stärken.

Weg zur gef WBGanz oben auf der Bildungswunschliste stehen Fachthemen wie Künstliche Intelligenz oder Automatisierung, so die Ergebnisse der Studie »Digital-fit im Job?« der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY. Im Zusammenhang mit neuen Technologien werden zudem insbesondere hochwertige Fertigkeiten im Bereich Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) immer wichtiger. Für die Studie befragte das Beratungsunternehmen 1.000 Mitarbeiter und Führungskräfte. 74 Prozent der Befragten gaben an, ihr Tätigkeitsprofil habe sich aufgrund der Digitalisierung bereits stark oder in Teilen verändert. Ebenso viele erwarten künftig weitere Veränderungen durch neue Technologien wie intelligente Software und Roboter. Bei Beschäftigten in der Finanzindustrie und der Automobilwirtschaft hat die Digitalisierung einen besonders großen Einfluss auf das Aufgabenprofil. Die Ergebnisse zeigen auch, dass die meisten Menschen den Ernst der Lage erkannt haben: So sind 56 Prozent der befragten Fachkräfte bereit, sich im Urlaub oder in der Freizeit weiterzubilden, 44 Prozent würden sich finanziell beteiligen oder haben bereits eigenes Geld in Qualifizierungen investiert.

Arbeitnehmer und Unternehmen können sich Qualifizierungen staatlich fördern lassen

Dies ist jedoch oft nicht nötig, denn es gibt viele Möglichkeiten, sich eine Weiterbildung oder Umschulung staatlich fördern zu lassen. Die Bundesagentur für Arbeit hat 2018 Weiterbildungen mit knapp 1,8 Milliarden Euro gefördert. Das sei etwa doppelt so viel wie zwölf Jahre zuvor, so das IW Köln in einer aktuellen Studie. Diese Mehrausgaben kämen insbesondere durch Weiterbildungen und Umschulungen zustande, die mit einem Berufsabschluss enden. Die wichtigsten Fördermöglichkeiten sind der Bildungsgutschein (BGS), gefolgt vom Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein (AVGS) und dem Qualifizierungschancengesetz, das Anfang des Jahres in Kraft getreten ist.

Das Qualifizierungschancengesetz fördert die betriebliche Weiterbildung

Das neue Qualifizierungschancengesetz ist ein Förderinstrument für die betriebliche Weiterbildung, das Unternehmen, aber ausdrücklich auch Arbeitnehmern zu Gute kommen soll: »Gerade für Beschäftigte, deren Tätigkeit bedingt durch Strukturwandel oder technologischen Fortschritt von betrieblichen Substituierungs- und Rationalisierungsmaßnahmen bedroht ist, haben Arbeitgeber wenig Anreiz und Interesse, sich im Vorfeld freiwillig an beruflichen Weiterbildungsmaßnahmen zu beteiligen, um beispielsweise vorbeugend gegen deren Arbeitslosigkeit aktiv zu werden. Dies wird insbesondere dann der Fall sein, wenn die Substituierungs- und Rationalisierungsmaßnahmen zu einem Arbeitsplatzabbau führen werden und/oder wenn sich ein Betrieb aufgrund struktureller Wandlungsprozesse in einer Schrumpfungs- oder Restrukturierungsphase befindet«, wie es in einer Empfehlung des federführenden Ausschusses für Arbeit, Integration und Sozialpolitik (AIS) und des Wirtschaftsausschusses (Wi) des Bundesrates heißt.

Und so können Arbeitnehmer auf Grundlage des Gesetzes eine Weiterbildungsberatung bei der Arbeitsagentur in Anspruch nehmen und Unternehmen eine Qualifizierungsberatung. Die Idee: Der Staat möchte Arbeitnehmer bereits während ihrer Beschäftigung fördern, um mit einer Weiterbildung ihre Qualifizierung zu erweitern – besonders im Hinblick auf den digitalen Strukturwandel. Und das unabhängig von Ausbildung, Lebensalter und Betriebsgröße. Dadurch sind Berufstätige und Unternehmen für die Zukunft auf einem immer stärker digitalisierten und automatisierten Arbeitsmarkt gerüstet.

Eine Förderung können Angestellte erhalten, deren Berufsabschluss mehr als vier Jahre zurückliegt und die in den vergangenen vier Jahren nicht an einer entsprechenden Weiterbildung teilgenommen haben. Darüber hinaus muss die Maßnahme Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten vermitteln, die über ausschließlich arbeitsplatzbezogene kurzfristige Anpassungsfortbildungen hinausgehen. Und: Der Arbeitgeber muss sich »in angemessenem Umfang an den Lehrgangskosten« beteiligen. Beantragen können interessierte Unternehmen die Förderung direkt beim Arbeitgeberservice der örtlich zuständigen Arbeitsagentur.

Zertifizierte Weiterbildungsanbieter haben auf die neuen Anforderungen reagiert

Viele zertifizierte Weiterbildungsanbieter haben auf die neuen Anforderungen auf dem Arbeitsmarkt und auf die hohe Nachfrage seitens der Arbeitnehmer und Unternehmen längst reagiert. Bildungswillige finden zahlreiche Angebote für Weiterbildung und Umschulung, die sie fit für den Arbeitsmarkt von heute und morgen machen und die von den Arbeitsagenturen und Jobcentern gefördert werden können. Die Qualifizierungen helfen beim beruflichen Wiedereinstieg oder qualifizieren Beschäftigte fachlich weiter. Dazu gehören vierwöchige staatlich geförderte Weiterbildungen, die wichtige aktuelle Qualifikationen vermitteln: Vom Basiswissen wie Computerführerscheinen für Office-Anwendungen, Kenntnissen für den Aufbau von Websites, das Online Marketing, das Influencer Marketing, die Suchmaschinenoptimierung und die objektorientierte Programmierung mit PHP über spezialisierte Kenntnisse wie Agiles Projektmanagement, Screendesign und User Interface Design, App-Entwicklung, Cloud Computing und SEA-Marketing bis hin zum UX/UI-Design oder der IT-Programmierung für Blockchain-Technologie. Darüber hinaus haben sie Coaching-Programme für den Wiedereinstieg ins Berufsleben und Umschulungen mit IHK-Abschluss im Angebot.

Fazit
Die Fördermöglichkeiten sind da, genauso wie zahlreiche Angebote für die Beratung, das Coaching, die Weiterbildung und Umschulung. Es liegt jetzt an jedem Einzelnen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, die bestehenden Möglichkeiten zu nutzen. Dann muss der digitale Strukturwandel nicht in die berufliche Sackgasse führen, sondern kann eine herausfordernde Chance bieten, die neue Perspektiven eröffnet und den Horizont erweitert.

 

    

 


Bernhard Kuntz3

 
Fanny Kabelström-Stefani ist Geschäftsführerin der cimdata Bildungsakademie GmbH. Die cimdata Bildungsakademie GmbH ist seit 1983 in der Erwachsenenbildung aktiv und bietet geförderte Weiterbildungen und Umschulungen, Ausbildungen, Firmenschulungen und Coaching an. Fanny Kabelström-Stefani ist unter anderem für die Produktentwicklung und die strategische und operative Steuerung der Bildungsmaßnahmen verantwortlich.
 

 

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