Was Bildungsanbieter erfolgreich macht
Ein Beitrag aus unserer »Standpunkte«-Reihe von Robert Fischer, Berlin.
Seit vier Jahren befasse ich mich bundesweit mit Geschäftskonzepten geförderter Maßnahmenträger am Arbeitsmarkt, gestalte ihre Strategien mit und erweitere so meinen Horizont. Dabei bestätigt sich immer wieder, dass erfolgreiche Anbieter sich durch eine Reihe bestimmter Faktoren auszeichnen. Diese Markteinsichten lassen sich in überraschend wenige Grundsätze zusammenfassen.
Was garantiert im Bereich geförderter Bildung den Markterfolg? Eigentlich lässt sich das ganz kurz beantworten: Erfolgreiche, strategisch durchdachte und klug umgesetzte Bildungsangebote. Konkret fällt die Antwort dann allerdings doch ein wenig ausführlicher aus.
Bildungsprodukte, die die Auslastung verbessern
Erfolgreiche Unternehmen achten bei der Geschäfts- und Produktentwicklung auf eine clevere Auslastung der vorhandenen Ressourcen. Es gibt eine simple Grundregel, die ich wieder und wieder bestätigt sehe: Die Basis des wirtschaftlichen Erfolg von Bildungsunternehmen liegt in einem cleveren Schulmanagement. Hochfliegende Produkt-Visionen bringen gar nichts, wenn die Unternehmensführung bei der Umsetzung ihre Hausaufgaben nicht macht.
Dauerhaft erfolgreiche Bildungsunternehmen haben schon bei der Produktentwicklung die konkrete Umsetzung im eigenen Haus im Blick - bis hin zu Dozenten, Räumen und Zeiten. In weniger erfolgreichen Unternehmen bleibt die Planung dagegen abstrakt, bis der Kunde tatsächlich »mit Auftrag droht«. Wenn Bildungsträger neue Maßnahmen planen und zertifizieren, ohne sie auf ihre vorhandenen Ressourcen, Kompetenzen und ihren Organisationsablauf abzustimmen, wird später für eine Maßnahme mit vier Teilnehmern »Kopfstand« gemacht – während der strukturiert vorgehende Wettbewerber sein neues Produkt elegant in den bestehenden Schulbetrieb integriert.
Produkte, die das Gesamtportfolio geschickt ergänzen
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Wichtig ist auch, dass neue Maßnahmen so in das vorhandene Portfolio eingepasst werden, dass die einzelnen Angebote verbunden werden können. Dadurch steigt die Gesamtrendite pro Teilnehmer. Wer neue Angebote stets isoliert entwickelt, hat am Ende ein breites Portfolio an Weiterbildungsprodukten, die untereinander kaum kombinierbar sind. Kombinierbarkeit ist aber Trumpf!
In Zeiten, in denen sich geförderte Maßnahmen nur schwer mit 15 Teilnehmern füllen, bringt erst die Verbindung von Maßnahmen, Modulen und Coachings den wirtschaftlichen Erfolg. Ein schönes Beispiel sind Maßnahmen für den »Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein« (AVGS) der Arbeitsagentur. Die Maßnahmenträger haben hier sehr großen Gestaltungsspielraum. Trotzdem werden oft ausschließlich einstufige Maßnahmen zum direkten Übergang in den Arbeitsmarkt entwickelt – und damit die Chance verschenkt, ganze Wertschöpfungsketten im eigenen Unternehmen aufzubauen. Das gelingt beispielsweise, wenn der eigentlichen Weiterbildung die Feststellung von Kenntnissen vorgeschaltet beziehungsweise der »aktivierte« Teilnehmer dann auch qualifiziert wird.
Bildungsangebote, die den Markt überzeugen können
Erfolgreiche Unternehmen sorgen nicht nur für qualitativ hochwertige Maßnahmen, die gut zu ihrem Gesamtangebot passen – sie achten auch darauf, dass diese Angebote den Markt überzeugen. Neue Bildungsangebote werden dann nachgefragt, wenn sie zum Anbieter, seinen Kernkompetenzen und dem Image passen: Weiterbildungsofferten müssen deshalb authentisch sein und hohe Qualität signalisieren. Sowohl die Teilnehmer als auch die Vermittler in ihren Dienststellen überlegen sehr genau, ob ein bestimmtes Bildungsangebot gegenüber den Offerten der Konkurrenz den größeren Nutzen verspricht und ob dem Anbieter die versprochene Qualität zuzutrauen ist.
Ein Bildungsanbieter mit einer übersichtlichen, stimmigen Produktpalette kann seinen Know-how-Anspruch auch tatsächlich ausspielen und effektiv vermarkten. Wer dagegen mit dem großen »Bildungsbauchladen« und kaum überblickbaren Produktkatalogen hausieren geht, hat es naturgemäß schwer.
Produkte, die besonderen Nutzwert haben
Um den Kunden zu überzeugen, muss der Nutzen einer Bildungsmaßnahme klar einleuchten. Das ist beileibe nicht nur eine Frage des thematischen Zuschnitts. Besonderen Zusatznutzen und damit den Erfolg bringen oft auch neue Modelle der Vermittlung, der Organisation oder des Ablaufs.
Bei der Wissensvermittlung können beispielsweise E-Learning-Anteile, bei der Vermittlungsform unter anderem das »Halbtagslernen« den Unterschied machen. Der entscheidende Vorsprung kann aber auch darin bestehen, dass der Maßnahmenträger die Vorgaben des Bedarfsträgers besonders effektiv an die Realitäten anpasst – etwa, wenn einer Maßnahme, die speziell Roma in Praktika und Ausbildungen vermitteln soll, eine Eignungsfeststellung vorgeschaltet wird, um Analphabeten herauszufiltern.
Zusatznutzen für den Kunden ergibt sich grundsätzlich auch aus der Einbeziehung externer Unternehmen in die eigenen Maßnahmen. Viele Bildungsanbieter beschränken dies bei geförderten Maßnahmen auf das unbedingt Notwendige, weil sie selbst für die Praktikumszeiten beim externen Partner keine Finanzierung erhalten. Doch die Zusammenarbeit mit Unternehmen ist ein entscheidender Faktor dafür, dass die eigenen Angebote effektiv und bedarfsgerecht ausfallen und überdurchschnittlich oft mit erfolgreicher Vermittlung enden.
Produkte, deren Erfolg evaluiert und bei denen nachgefasst wird
»Zweite Bälle« nennen Fußballtrainer die Torchancen, die sich ergeben, nachdem der erste Schuss vom Torwart noch abgewehrt werden konnte. Beharrlichkeit führt nicht nur in der Bundesliga, sondern auch in der Bildungsbranche zum Erfolg. Nach jeder absolvierten Maßnahme gilt eine Nachvermittlungsfrist. Zeit, in der auch eine Evaluation des Bildungserfolgs stattfinden sollte.
Diese Nachbereitung ist aufwändig, sie wird oft als ungeliebte Pflicht gesehen und gar nicht oder nur pro forma betrieben. Ein Fehler ¬- denn richtig betriebenes Nachfassen generiert Chancen zum Wiederverkauf von Leistungen. Und zwar deshalb, weil sich der Kontakt zu Teilnehmern ergibt, die trotz der ersten Maßnahme nicht vermittelt wurden. Ihnen kann man ein weiteres Angebot unterbreiten – und diese Kandidaten kennt man bereits.
Produktportfolios, die einen Einkommensmix generieren
Noch immer setzen viel zu viele Bildungsunternehmen auf nur ein »Umsatzpferd«. Erfolgreiche Träger durchbrechen diese unnötige Abhängigkeit von Arbeitsagentur und Jobcenter und finanzieren sich aus verschiedenen Quellen. Und zwar auch dann, wenn sie der Zielgruppe von Personen mit Vermittlungshemmnissen und dem geförderten Bildungsmarkt treu bleiben.
Von Bedeutung sind besonders Mittel des Europäischen Sozialfonds (bekanntlich hat die neue ESF-Förderperiode 2014 bis 2020 ja vor kurzem begonnen). ESF-Mittel beflügeln zwar nicht unbedingt den Gewinn, aber sie stabilisieren den Umsatz und sind eine gutes Instrument, um die Kapazitätsauslastung zu sichern. Wenn es gilt, neue Wege zu gehen, neue Geschäftsfelder zu erschließen oder Pilotangebote am Mark auszuprobieren, sind ESF-Programme eine Möglichkeit, um den Weg bis zum stabilen Ertrag zu überbrücken.
Noch wichtiger ist es, den Markt an Unternehmenskunden ins Visier zu nehmen und genau auszuloten, wo das eigene Unternehmen sich hier ein zweites Standbein sichern kann.
Fazit: Was zählt, sind gute Ideen – und ihre solide Umsetzung
Erfolgreiche Unternehmen im geförderten Bildungssektor zeichnen sich dadurch aus, dass sie immer wieder mit neuen Produktideen aufwarten, die exzellent zu den bestehenden Kompetenzen und Ressourcen passen. Das gilt nicht nur für die Themen der Maßnahmen, sondern auch für die Angebotsform, die Vertriebswege, die Finanzierung u.v.m.
Wirklich entscheidend ist, dass die Ideen mit strategischem Blick und Mut umgesetzt werden. Denn die Bildungsprodukte müssen sich für das Unternehmen rechnen – und zwar nachhaltig und in der Gesamtschau.
In unserer Reihe »Standpunkte« bieten wir von Zeit zu Zeit engagierten Akteuren aus den Bereichen Weiterbildung, Personalentwicklung und Wissensmanagement die Möglichkeit, sich mit einem aktuellen Thema an unsere Leser zu wenden. Unabhängig vom jeweiligen Inhalt weisen wir darauf hin, dass diese Artikel ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors wiedergeben und nicht zwangsläufig mit der Auffassung der Redaktion in Einklang zu bringen sind.
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