Digitale Medien im Unterricht: Ausbildung für künftige Lehrkräfte noch nicht verpflichtend
Eine Studie des Monitor Lehrerbildung liefert erstmals Daten darüber, wie angehende Lehrkräfte für den Einsatz digitaler Medien im Unterricht qualifiziert werden. Das Ergebnis: Lehrangebote zum pädagogisch sinnvollen Einsatz von Tablet oder Smartboard sind noch immer kein Muss im Studium. Bildungsexperten fordern deshalb, das Arbeiten mit digitalen Medien flächendeckend zum Pflichtbestandteil des Lehramtsstudiums zu machen — für alle Fächer und Schulformen.
Damit deutsche Schulen beim Thema Digitalisierung nicht den Anschluss verlieren, hat sich die Kultusministerkonferenz (KMK) bereits 2016 ein konkretes Ziel gesetzt: Bis 2021 sollen alle Schüler jederzeit eine digitale Lernumgebung und einen Internetzugang nutzen können. Damit die technische Ausstattung auch lernförderlich wirkt, bedarf es entsprechend geschulter Lehrkräfte. Diese müssen neben eigener Medienkompetenz auch didaktische Konzepte kennen, um digitale Medien pädagogisch sinnvoll in den eigenen Fachunterricht einzubinden.
Drei Jahre vor der KMK-Zielmarke hat der Monitor Lehrerbildung überprüft, inwieweit diese neuen Anforderungen bereits in der Ausbildung der nächsten Lehrergeneration im Fokus stehen. Hierfür wurden im Winter 2017/18 Bundesländer und lehrerbildende Hochschulen zu Vorgaben und Studienangebot befragt. Das Ergebnis: Angehende Lehrkräfte aller Schulformen und Fächer können aktuell vielerorts ihr Studium absolvieren, ohne jemals mit dem Thema digitale Medien in Berührung zu kommen.
Entsprechende Lehrveranstaltungen sind an vielen Hochschulen nicht verpflichtend, weder für einzelne Fächer, noch fächerübergreifend. Damit bleibt das Thema oft ein optionaler Studieninhalt. In Lehramtsstudiengängen für das Gymnasium sehen beispielsweise lediglich sieben von insgesamt 60 Hochschulen in allen Fächern verpflichtende Lehrveranstaltungen zum Einsatz digitaler Medien vor.
»Der Einsatz digitaler Medien muss Pflichtbestandteil jedes Lehramtsstudiums sein – unabhängig von Schultyp oder Fach«, fordert Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung. Schließlich könne das digital gestützte Lernen die individuelle Förderung in heterogenen Schülergruppen stärken. Inwieweit diese Potenziale auch genutzt werden, hänge dabei stark von der Kompetenz der einzelnen Lehrkraft ab. »Digitale Medien allein sind keine Garantie für gutes Lernen. Sie müssen sinnvoll in das Unterrichtskonzept eingebettet sein und pädagogischen Zielen dienen«, so Dräger.
Auf der Ebene der Länder zeigt die Analyse des Monitors Lehrerbildung ebenfalls Handlungsbedarf. Lediglich in fünf Ländern ist die Thematik aktuell in staatlichen Prüfungsordnungen berücksichtigt. Dabei könnten die Länder stärker steuern, etwa durch rechtlich verbindliche Regelungen zum methodisch-didaktischen Einsatz digitaler Medien in der Lehrerausbildung.
Zusätzlich fordern die Bildungsexperten des Monitors Lehrerbildung eine noch stärkere Vernetzung zwischen den Hochschulen. Aktuell kooperiert rund ein Drittel der befragten Hochschulen beim Thema Digitalisierung mit anderen Einrichtungen.
»Eine Einzelkämpfermentalität der Hochschulen bei einem solch zentralen Thema der Lehrerausbildung können wir uns nicht mehr erlauben«, sagt Ekkehard Winter. Der Geschäftsführer der Deutsche Telekom Stiftung fordert einen besseren Austausch: »Um gute Praxisbeispiele beim Einsatz digitaler Medien in der Lehrerbildung in die Breite zu tragen, sind auch länderübergreifende Kooperationen lehrerbildender Hochschulen unabdingbar.«
Auch strategische Kooperationen zu Möglichkeiten des Einsatzes digitaler Medien im Unterricht zwischen lehrerbildenden Hochschulen und Schulen seien nach Ansicht der Bildungsexperten auszubauen. So könne sichergestellt werden, dass Lehramtsstudium und Schulpraxis in einer sich schnell wandelnden digitalen Welt gut aufeinander abgestimmt sind.
Hintergrund
»Lehramtsstudium in der digitalen Welt – Professionelle Vorbereitung auf den Unterricht mit digitalen Medien?!« ist eine Sonderveröffentlichung des Monitor Lehrerbildung. Befragt wurden 63 Hochschulen und die für die Lehrerbildung zuständigen Ministerien der Bundesländer im Winter 2017/18. Der Schwerpunkt der Betrachtung wurde dabei auf die erste Phase der Lehrerbildung an den Hochschulen gelegt. Daneben kommt auch Fort- und Weiterbildungsangeboten eine große Bedeutung zu, um aktive Lehrkräfte für das Unterrichten mit digitalen Medien zu qualifizieren. Diese standen jedoch nicht im Fokus der vorliegenden Untersuchung.
Der Monitor Lehrerbildung ist die bundesweit einzige Datenbank zum Lehramtsstudium. Sie stellt relevante Daten zu dieser ersten Phase der Lehrerbildung übersichtlich dar. 63 Hochschulen und alle 16 Länder beteiligten sich an der Sondererhebung zum Themenschwerpunkt Digitalisierung des Monitor Lehrerbildung 2017/18. Seit 2012 werden Hochschulen und Länder regelmäßig zu ihren Strukturen der Lehrerbildung befragt. Ein Zeit-, Länder- und Hochschulvergleich ermöglicht die Darstellung von Entwicklungstrends. Sämtliche Daten sowie viele weitere Informationen zum Thema sind frei zugänglich. Der Monitor Lehrerbildung ist ein gemeinsames Projekt von Bertelsmann Stiftung, CHE Centrum für Hochschulentwicklung, Deutsche Telekom Stiftung und Stifterverband.
VERWEISE