Welche Berufschancen haben Hochschulgraduierte, welche Fähigkeiten bringen sie mit?
Die Europäische Kommission will die Nachverfolgung der Werdegänge von Hochschulgraduierten in den Mitgliedsländern der EU fördern. Eine Maßnahme hierfür ist die EUROGRADUATE-Pilotbefragung, zu der nun ein erster Bericht veröffentlicht wurde. Das DZHW war an der internationalen Koordination der Studie beteiligt und führte die Befragung in Deutschland durch. Weitere Pilotländer waren Griechenland, Kroatien, Litauen, Malta, Norwegen, Österreich und Tschechien.
Bei der Querschnittsstudie wurden Bachelor- sowie Masterabsolvent*innen ein Jahr sowie fünf Jahre nach dem Hochschulabschluss befragt. Themen waren der Übergang in den Arbeitsmarkt, die Beschäftigungssituation, Kompetenzen, internationale Mobilität, Gesundheit und politische Partizipation.
Zwischen den untersuchten Ländern gibt es deutliche Unterschiede, unter anderem in der Übereinstimmung zwischen Studium und Beschäftigung: In Deutschland, Österreich, Norwegen und Tschechien haben über 70 Prozent der Mastergraduierten schon gut ein Jahr nach dem Hochschulabschluss eine Stelle gefunden, die sowohl inhaltlich als auch dem Niveau nach ihrem Studium entspricht. Dagegen liegt dieser Anteil in Litauen nur bei rund 50 Prozent, in Griechenland und Malta bei knapp 60 Prozent. In Kroatien und Griechenland sind die befragten Mastergraduierten im Ländervergleich zudem relativ häufig arbeitslos. Insgesamt lässt sich feststellen, dass sich Graduierte, die aktivierende, problemorientierte Lehrformen durchlaufen haben und studienbezogene Arbeitserfahrung besitzen, besser auf den Arbeitsmarkt vorbereitet fühlen und eher eine adäquate Beschäftigung finden. Gemischte Lehrstile, die neben Vorlesungen problemorientiertes und projektbasiertes Lernen ermöglichen, scheinen auch für die Entwicklung der fachlichen und sozialen Fähigkeiten der Graduierten vorteilhaft zu sein. Zusätzliche Aktivitäten, wie studienfachbezogene Praktika oder Auslandssemester, gehen mit höheren unternehmerischen, sozialen und Problemlösungskompetenzen einher. »Diese Ergebnisse geben Hinweise darauf, wo Hochschulpolitik ansetzen kann, um den Berufserfolg von Graduierten zu verbessern«, kommentiert Dr. Kai Mühleck, der die Pilotstudie am DZHW leitet.
Unter den erwerbstätigen Mastergraduierten erzielen diejenigen, die ein technisches bzw. ingenieurwissenschaftliches Studium absolviert haben, die höchsten Einkommen. Dies gilt für alle untersuchten Länder mit Ausnahme Maltas. Länderübergreifend ist auch festzustellen, dass Frauen geringere Einkommen beziehen als Männer. Hierin unterscheiden sich die Länder jedoch deutlich: Die Einkommensdifferenzen variieren bezogen auf das Stundeneinkommen zwischen 10 Prozent (Deutschland und Norwegen) und 50 Prozent (Litauen).
Hochschulbildung zielt jedoch nicht nur auf eine gute Beschäftigung und arbeitsmarktrelevante Kompetenzen ab. Sie soll auch dazu beitragen, junge Menschen zu aktiven Bürgerinnen und Bürgern demokratischer Gesellschaften auszubilden. Deshalb bezieht die EUROGRADUATE-Pilotbefragung Themen wie politisches Interesse und politische Partizipation ein. Graduierte, die sich im Rahmen des Studiums engagiert haben, geben auch noch ein Jahr nach dem Studium ein höheres politisches Interesse und mehr politische Beteiligung an. »Solche Erkenntnisse zeigen den gesellschaftlichen Beitrag, den Hochschulbildung leisten kann«, resümiert Dr. Kai Mühleck.
Insgesamt waren zwölf Organisationen aus zehn Ländern an der Durchführung der Studie beteiligt. Die Gesamtkoordination lag beim Research Centre for Education and the Labour Market der Universität Maastricht. Ein zweiter Bericht des EUROGRADUATE-Projektes wird sich mit der Möglichkeit einer zukünftigen europaweiten Befragung befassen.
Hintergrund
Das Deutsche Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) ist ein durch Bund und Länder gefördertes Forschungsinstitut mit rund 300 Mitarbeitenden und Sitz in Hannover und Berlin. Als internationales Kompetenzzentrum der Hochschul- und Wissenschaftsforschung verbindet es exzellente interdisziplinär und international ausgerichtete, erkenntnisorientierte Grundlagenforschung mit problemorientierter Forschung. Das DZHW führt Datenerhebungen und Analysen durch, erstellt forschungsbasierte Dienstleistungen für die Hochschul- und Wissenschaftspolitik und stellt der Scientific Community eine Forschungsinfrastruktur im Bereich der Hochschul- und Wissenschaftsforschung zur Verfügung.
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