DAAD: »Neue Normalität im wissenschaftlichen Austausch gestalten«

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DAAD

Der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU und »Erasmus+« hat tiefgreifende Auswirkungen auf die internationalen Austausch- und Kooperationsbeziehungen deutscher Hochschulen. Der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) legt daher zehn Thesen vor, wie die wissenschaftlichen Beziehungen mit Partnerinstitutionen auf den britischen Inseln zukünftig gestaltet werden können.

»Der Brexit hat die wissenschaftliche Kooperation und den Austausch in der Europäischen Union viele wichtige Handlungsmöglichkeiten gekostet. Bei allem Bedauern, gerade mit Blick auf Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte guter Kooperation zwischen deutschen und britischen Hochschulen, gilt es, diese neue Situation zu gestalten«, sagte DAAD-Präsident Prof. Dr. Joybrato Mukherjee. Gerade die individuelle Mobilität Studierender und Forschender ins Vereinigte Königreich sei stark betroffen. »Das Vereinigte Königreich bietet einige der besten Hochschulen Europas und weltweit. Für uns als Förderorganisation der akademischen Mobilität und des wissenschaftlichen Austausches ist es daher unerlässlich, unsere eigenen Förderinstrumente weiterzuentwickeln und unsere Mitgliedshochschulen bei den kommenden Herausforderungen bestmöglich zu unterstützen. Es ist unser Ziel, die Fortführung der guten akademischen Beziehungen mit dem Vereinigten Königreich unter neuen Vorzeichen zu ermöglichen«, so Mukherjee.

Zukunft der Kooperation mit dem Vereinigten Königreich – Zehn Thesen

  1. Der Ausstieg des Vereinigten Königreichs ist nicht allein ein britisches Problem, er ist auch ein Problem für Deutschland und die deutschen Hochschulen. Die enge Zusammenarbeit mit einigen der weltweit besten Hochschulen muss auf neue Füße gestellt werden. Alle Überlegungen im DAAD basieren auf diesem Leitgedanken.
  2. Die britischen Hochschulen haben sich immer wieder gegen den Brexit ausgesprochen. Gleichzeitig sind britische Studierende, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in besonderem Maße Leidtragende des Austritts. Die britischen Hochschulen versuchen intensiv, die Kooperationen mit internationalen Partnern aufrechtzuerhalten. Dieses Momentum will der DAAD für seine Mitgliedshochschulen nutzen.
  3. Den Zeitraum bis zum Ende der Erasmus-Programmgeneration 2014-2020 im Mai 2023 müssen alle Interessierten intensiv nutzen. Für die Mobilität deutscher Studierender ins Vereinigte Königreich sind noch knapp zwei Jahre Austausch mit Stipendien und ohne Studiengebühren verfügbar. Die Programmgeneration 2021-2027 soll in begrenztem Umfang auch Förderungen in Nicht-Erasmus-Partnerländer wie dem Vereinigten Königreich ermöglichen. Der DAAD wird mit den Hochschulen bis 2023 alternative Zugangswege und Finanzierungsmodelle für Studierende entwickeln.
  4. Verhandlungen über Kooperationsmodelle und Gebührenerlass werden bereits auf verschiedenen Ebenen geführt. Eine gesamteuropäische Herangehensweise widerspricht aus britischer Sicht bedauerlicherweise dem politischen Kerngedanken des Brexit, und nationale Vereinbarungen sind angesichts der finanziellen Selbstbestimmung britischer Hochschulen von begrenzter Reichweite. Der DAAD wird daher vorrangig einzelne deutsche Hochschulen und Konsortien bei der Entwicklung von Austauschabkommen zu beraten und unterstützen suchen.
  5. Auf Studiengebühren von EU-Studierenden werden britische Hochschulen schwerlich verzichten. Das Finanzierungsmodell des Studiums im Vereinigten Königreich und die aktuelle Corona-Krise machen es unwahrscheinlich, dass die britischen Hochschulen umfänglich Nachlässe gewähren. Umso mehr müssen Austauschmodelle auf Stipendienleistungen zurückgreifen, die Gebühren einschließen. Der DAAD wird sich um zusätzliche Mittel zur Übernahme dieser Kosten bemühen.
  6. Der gegenseitige Erlass von Studiengebühren (»tuition waiving«) wird nur in kleinen Zahlen gelingen, auch ein Ausbau der Auslandsmobilität britischer Studierender ist nicht wahrscheinlich, da für viele in Deutschland weiterhin eine Sprachbarriere besteht. Gleichwohl kann begrenzter Austausch in bestimmten Fächern mit diesem Modell gelingen und muss verhandelt werden. Dies ist im Wesentlichen auf der Basis institutioneller Vereinbarungen zwischen Hochschulen anzugehen.
  7. Das britische Alan-Turing-Programm ist ein Zeichen dafür, dass die britische Regierung die Auslandsmobilität ihrer Studierenden fördern will. Das erste Programmjahr hat dabei Pilotcharakter, daher sollten deutsche Hochschulen gemeinsam mit dem DAAD auf Austauschprojekte hinarbeiten, die auf britischer Seite Turing-Stipendien einbeziehen.
  8. Drittland-Programme des DAAD, bislang für das EU-Mitglied Vereinigtes Königreich nicht zugänglich, sollen in dem Maße geöffnet werden, wie es finanzierbar und sinnvoll ist. Dies gilt für Stipendienprogramme nach dem Erasmus-Ende genauso wie für die Finanzierung von Austauschprojekten auf Basis von Zuwendungsverträgen an deutschen Hochschulen. Der DAAD steht dazu mit seinen Geldgebern im engen Austausch.
  9. Die Erhöhung der Studiengebühren betrifft insbesondere deutsche Studierende ohne Stipendium. Allerdings können Studienanfängerinnen und -anfänger nun das Auslands-BAföG für ein Studium im Vereinigten Königreich nutzen. Der DAAD fordert daher, die Übernahme von Studiengebühren im Auslands-BAföG zu erhöhen, gerade auch um finanziell schwächeren Studierenden ein Studium im Vereinigten Königreich weiterhin zu ermöglichen. Die Übernahme ist derzeit auf 4.600 Euro für ein Jahr gedeckelt. Zudem sollte das Auslands-BAföG für ein ganzes Studium einsetzbar sein, wie es bereits bspw. für die Schweiz möglich ist.
  10. Die neuen Visabestimmungen sollten so gestaltet werden, dass Aufenthalte für ein Praktikum weiterhin möglich sind. Zudem fordert der DAAD, dass die Anstellung von aus Deutschland vermittelten wissenschaftlichen Lehrkräften (beispielweise von DAAD-Lektoren) auch weiterhin möglich bleibt. Der DAAD wird gemeinsam mit dem Auswärtigen Amt auf entsprechende Regelungen hinwirken.

 

 

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