Umsetzung der Ziele des Bologna-Prozesses 2000 bis 2020
Immer mehr junge Menschen studieren. Dieser Trend hält nach wie vor an, auch wenn es bei den Studienanfängerzahlen einen leichten Rückgang im Vergleich zum Jahr 2019 gibt. Das wird aus der Unterrichtung durch die Bundesregierung »Bericht der Bundesregierung über die Umsetzung der Ziele des Bologna-Prozesses 2000 bis 2020« deutlich. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes waren im Wintersemester 2019/2020 insgesamt knapp 2,9 Millionen Studierende an deutschen Hochschulen eingeschrieben. Das entspreche einer Steigerung von rund 1,1 Millionen Studierenden im Vergleich zum Wintersemester 1999/2000.
Laut Bundesregierung zeigt diese Zunahme die Wirksamkeit der von Bund und Ländern initiierten Maßnahmen und der Anstrengungen der Hochschulen zur Steigerung der Studierenden- und Akademikerinnen- beziehungsweise Akademikerquote sowie der Öffnung der Hochschulen für neue Zielgruppen. Bund und Länder wollen daher die Programme zur Unterstützung der Hochschulen weiterführen.
Insgesamt stelle die Corona-Pandemie auch die Hochschulen, die Hochschulverwaltung, die Lehrenden, die Studierenden und das ganze Wissenschaftssystem in Deutschland und Europa vor Herausforderungen neuen Ausmaßes, da ab dem Frühjahr 2020 die meisten Veranstaltungen nur noch online oder hybrid stattfinden konnten. Gleichwohl habe das auch die Digitalisierung vorangetrieben. »Vor Beginn der Pandemie wäre es undenkbar gewesen, den Präsenzbetrieb an den Hochschulen in vergleichbarem Umfang auf digitale Formate zu übertragen«, heißt es in der Antwort. Nun gelte es, diesen Weg weiter zu gehen und gleichzeitig die Innovationen, deren Nutzen sich in der Krise gezeigt hat, sinnvoll in Lehre und Forschung, aber auch in die Verwaltung, zu integrieren.
Nichtsdestoweniger strebt die Bundesregierung an, Präsenzveranstaltung und Forschungstätigkeiten vor Ort sowie den internationalen wissenschaftlichen Austausch und akademischen Disput dem jeweiligen Infektionsgeschehen entsprechend möglichst umfassend wieder aufzunehmen. Gerade die Krise habe verdeutlicht, dass die internationale Kooperation der Wissenschaft von immenser Bedeutung sei.
Diesem Gedanken folge die europäische Bildungslandschaft spätestens seit 1998 mit der Sorbonne-Erklärung und ab 1999 mit dem Beginn der Umsetzung des Bologna Prozesses. Damals hatte Deutschland gemeinsam mit Frankreich, Italien und Großbritannien die Grundlage eines gemeinsamen Rahmens für die europäische Hochschulbildung geschaffen. Diesem Rahmen gehören inzwischen 49 Staaten an. Über die vergangenen beiden Jahrzehnte habe sich der Europäische Hochschulraum mit seinen vergleichbaren Studienstrukturen, gemeinsam genutzten Standards bei der Qualitätssicherung, der besseren, europaweiten Anerkennung von Studienleistungen, der adäquaten Nutzung von ECTS und den dazugehörigen, bewerteten Lernergebnissen zu einem weltweit beachteten Raum mit Vorbildfunktion entwickelt. Zu den Kernzielen des Bologna-Prozesses gehört die gegenseitige Anerkennung von Studienleistungen und Studienabschlüssen.
Die Anteile der Abschlussarten der Studiengänge haben sich laut Unterrichtung in den letzten 20 Jahren, eben auch durch die Umsetzung der im Bologna-Prozess vereinbarten Reformen, deutlich verschoben. Die 18.704 Studiengänge, die mit einem Bachelor- oder Masterabschluss enden, machten 91,5 Prozent aller Studiengänge in Deutschland aus, in denen rund 60 Prozent der Studierenden eingeschrieben sind. Das Studienangebot an deutschen Hochschulen sei somit inzwischen überwiegend durch international vergleichbare Bachelor- und Masterstudiengänge geprägt. Noch vor rund 20 Jahren hätte die überwiegende Mehrzahl der Studiengänge, zu einem Diplom-, Staatsexamen- oder Magister-Abschluss geführt, der Anteil der Bachelor- und erst recht der Masterstudiengänge habe zusammen unter einem Prozent gelegen.
In diesem gemeinsamen Hochschulraum habe sich entsprechend die Mobilität deutlich erhöht: Die Zahl der Auslandsstudierenden hat sich laut Unterrichtung seit dem Jahr 2000 mehr als verdoppelt. Im Jahr 2017 studierten 140.000 Studierende mit deutscher Staatsangehörigkeit laut »Wissenschaft weltoffen« im Ausland. Auch die Anzahl der durch das Erasmus-Programm Geförderten sei auf über 40.000 gestiegen. 26 Prozent der deutschen Studierenden in höheren Semestern hätten demnach einen Auslandsaufenthalt absolviert. Die Erreichung des gesetzten 50-Prozent-Mobilitätsziels erfordert laut Bundesregierung jedoch weitere Maßnahmen, insbesondere im Hinblick auf bestimmte Studienfächer und Herkunftsgruppen der Studierenden, wie etwa Studierenden aus Nicht-Akademikerhaushalten.
Aber auch umgekehrt hat die Internationalisierung deutliche Effekte: Nach Angaben des DAAD aus »Wissenschaft weltoffen« waren 2019 an deutschen Hochschulen knapp 320.000 internationale Studierende eingeschrieben. Das entspreche einem Anteil von rund elf Prozent aller Studierenden in Deutschland.
Wie auch die Mobilität der Studierenden hat sich auch die der internationalen Wissenschaftler erhöht: Im Jahr 2018 waren nach Angaben des Statistischen Bundesamtes an den deutschen Hochschulen insgesamt 49.124 wissenschaftliche und künstlerische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit ausländischer Staatsangehörigkeit beschäftigt. Im Vergleich zu 2005 bedeute dies einen Anstieg von knapp 30.000 Personen oder rund 61 Prozent.
Als eine wichtige Aufgabe für den nächsten Zyklus (2021 bis 2024) sieht die »Konferenz der für Hochschulen zuständigen Ministerinnen und Minister des Europäischen Hochschulraums 2020« das Thema Wissenschaftsfreiheit. Dazu soll ein umfassendes Monitoring-System zur Wissenschaftsfreiheit im Europäischen Hochschulraum entwickelt werden. Dieses Monitoring soll sowohl die rechtlichen Rahmenbedingungen zur Wissenschaftsfreiheit und Autonomie der Hochschulen wie auch Verstöße dagegen beinhalten. Die Bundesregierung schreibt dazu: »Es bleibt abzuwarten, wie dieses Monitoring faktisch vollzogen werden kann. Selbstberichterstattung der Staaten, Peer Learning und Support, internationale Dialogforen, Erhebung durch unabhängige, wissenschaftliche Expertengruppen etc. sind denkbar. Dieses diplomatisch schwierige Feld werden die Bundesregierung und die Länder der Bundesrepublik Deutschland aktiv mit bearbeiten.«
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