Verband ermittelte neue Fakten und Trends des Fernstudienmarktes
Digitale Lerninhalte auf dem Vormarsch: Branchencheck DistancE-Learning gibt Einblicke
Wo stehen wir? Was verändert sich? Und wo geht die Reise hin? Diese Fragen standen im Mittelpunkt einer Mitgliederbefragung des Bundesverbandes der Fernstudienanbieter, um die Entwicklung der Branche zu ermitteln.
Der daraus resultierende Branchencheck DistancE-Learning 2023 gibt Auskunft über die wirtschaftliche Lage der Anbieter, neue Bildungsangebote und digitale Vermittlungsmethoden.
Der Bericht verdeutlicht, dass digitales Lernen immer wichtiger wird und eine flexible Möglichkeit zur (Weiter-)Bildung darstellt. Laut Mirco Fretter, dem Präsidenten des Bundesverbandes, gibt der Branchencheck wichtige Einblicke in die Entwicklungen und Trends der Branche. Der Verband vertritt etwa 80 Prozent der Fernlernenden in Deutschland. Katja Borns-Löhn, Verbandsgeschäftsführerin, präsentierte die Ergebnisse erstmals in der Radiosendung »Campus & Karriere« im Deutschlandfunk.
Stabile Teilnehmer*innen-Zahlen und positive Einschätzung der aktuellen wirtschaftlichen Lage
Seit Ausbruch der Pandemie sind die Teilnehmerzahlen in Fernunterricht und Fernstudium signifikant gestiegen und verbleiben auf hohem Niveau. Die neuen Erfahrungen im Homeoffice und durch Kontaktbeschränkungen haben viele Bürger*innen dazu bewegt, Fernstudium als Möglichkeit zur beruflichen Weiterbildung zu entdecken. Im Gegensatz zum Homeschooling, das vielen Eltern und Schüler*innen Schwierigkeiten bereitete, werden im Fernstudium in der Regel qualitätsgesicherte, didaktisch und pädagogisch anspruchsvolle Bildungskonzepte für berufliche Qualifizierungen angeboten.
Im Jahr 2020 berichteten 50 Prozent der Fernstudienanbieter von gestiegenen Teilnehmerzahlen in Fernunterricht und Fernstudium, wobei 19 Prozent sogar von stark gestiegenen Quoten sprachen. Während des zweiten Lockdowns in Deutschland im Folgejahr stieg die Nachfrage nach digitalen Weiterbildungsangeboten weiter. Auch 2021 freuten sich 50 Prozent der Befragten über wachsende Zahlen (davon 15 Prozent stark gestiegen, 35 Prozent gestiegen), die das Erfolgsjahr 2020 übertrafen.
Trotz schwieriger globaler Bedingungen, einer anhaltenden Wirtschaftskrise und einer insgesamt zurückhaltenden Investitionsbereitschaft melden 50 Prozent der Weiterbildungsanbieter auch im Jahr 2022 eine positive oder stabile Entwicklung der Teilnehmerzahlen. Mirco Fretter betont, dass Investitionen in die eigene Weiterbildung vielen als der beste Weg erscheinen, um der Krise zu begegnen und gestärkt daraus hervorzugehen. Eine Umfrage zur Einschätzung der wirtschaftlichen Lage der Branche im abgelaufenen Geschäftsjahr 2022 zeigt, dass 73 Prozent der Fernstudienanbieter ihre wirtschaftliche Lage als gut bis sehr gut bewerten.
Hohe Innovationsquote schafft zahlreiche neue Bildungsangebote
Fernstudienanbieter reagieren auf die steigende Nachfrage nach Weiterbildungsangeboten, die den Anforderungen des Arbeitsmarktes entsprechen und dem Fachkräftemangel entgegenwirken sollen. Die Entwicklung neuer Angebote und die Aktualisierung bestehender Angebote stellen die größte Herausforderung dar, dennoch planen 62 Prozent der befragten Unternehmen in diesem Jahr neue staatlich zugelassene Fernlehrgänge oder akkreditierte Fernstudiengänge anzubieten. Beliebte Themenbereiche sind Gesundheit/Medizin/Pflege/Ernährung, Wirtschaft/BWL/Kaufmännische Praxis und Psychologie/Verhaltenstraining. Interessant ist dabei der Trend, dass der Fokus zunehmend auf die individuelle Entwicklung des Menschen gelegt wird, was früher eher den Präsenzanbietern zugeschrieben wurde.
Wie gestaltet sich gute digitale Bildung?
Neben den wirtschaftlichen Aspekten, gibt der Branchencheck DistancE-Learning auch Einblicke in die Gestaltung digitaler Bildung. Eine Umfrage zeigt, dass knapp 30 Prozent der Befragten bereits vollständig auf gedruckte Studienmaterialien verzichten. Weitere 36 Prozent bieten den Studierenden die Wahl zwischen digitalisierten und gedruckten Unterrichtseinheiten an. Dies verdeutlicht den Trend hin zu einer immer stärkeren Digitalisierung von Lerninhalten und unterstreicht die Bedeutung von gut gestalteten digitalen Lernplattformen für den Fernstudienmarkt.
Im Rahmen des Branchenchecks DistancE-Learning wurden die Fernstudienanbieter auch zu den Vermittlungsformen befragt, die sie zusätzlich zu gedrucktem oder digitalem Studienmaterial einsetzen, um das Lernen für Fernstudierende zu einem Erlebnis zu machen. Dabei ergab sich, dass 4 von 5 Bildungsanbietern Präsenzphasen als Ergänzung zu ihren Fernstudienangeboten anbieten. »Denn eine häufig fakultative Teilnahme an Lehrveranstaltungen und/oder Seminaren ist für Studierende oft hilfreich, weil sie eine wirkungsvolle (Selbst-)Überprüfung des individuellen Kenntnis- und Leistungsstandes ermöglicht«, erklärte Verbandspräsident Mirco Fretter.
Die TOP 10 der digitalen Bildungsvermittlung werden von synchronen Online-Veranstaltungen angeführt, bei denen Lernende und Lehrende gleichzeitig online sind. Darüber hinaus werden auch Podcasts, Tutorials, Web-based-Trainings, Simulationen sowie asynchrone Veranstaltungsformate wie Webinare oder Online-Vorlesungen häufig als Teil des Fernstudiums angeboten.
Digitale Prüfungsangebote werden immer beliebter
Digitale Prüfungsformate gewinnen bei Fernstudierenden immer mehr an Beliebtheit. Eine Umfrage von FernstudiumCheck.de zeigt, dass 74 Prozent der befragten Fernstudierenden digitale Prüfungsformate wie Online-Klausuren nutzen würden. Weitere 17 Prozent haben diese Formate bereits genutzt. Auch die Fernstudienanbieter setzen vermehrt auf digitale Prüfungsformate wie Online-Tests und überwachte Prüfungen. Laut einer Befragung von Unternehmen würden 55 Prozent der Befragten noch stärker auf digitale Prüfungstools setzen, wenn es keine rechtlichen Hürden gäbe.
Trends 2023: Nachhaltigkeit, Künstliche Intelligenz, Bildungsangebote gegen den Fachkräftemangel und flexible Service-Leistungen
Zum Abschluss der Befragung wurden die Mitglieder des Verbands nach den Trends der digitalen Weiterbildung im Jahr 2023 befragt. Die Befragten sind sich einig, dass das Thema Nachhaltigkeit weiterhin eine wichtige Rolle spielen wird, nicht nur als Themenfeld für neue Bildungsangebote, sondern auch für interne Prozesse und Abläufe. Ein weiteres zentrales Thema wird Künstliche Intelligenz (KI) sein, das seit Jahren branchenübergreifend diskutiert wird und 2023 zum Kernthema für den Bildungs- und Weiterbildungsmarkt wird. KI-Modelle wie ChatGPT werden weiterhin kontrovers diskutiert, sowohl in Bezug auf ihren Einsatz durch Bildungsanbieter als auch auf Seiten der Lernenden.
Auch auf den Fachkräftemangel reagiert die Fernstudienbranche, denn auch sie ist selbst betroffen. Schon heute geben 73 Prozent der Befragten an, dass sich der Fachkräftemangel auch in ihren Unternehmen/ihrer Hochschule bemerkbar macht. Weitere 8 Prozent melden sogar, dass aktuell ausgeschriebene Stellen nicht besetzt werden können. »Wir sind uns sicher, gute digitale Bildung ist eine effiziente Lösung gegen den Fachkräftemangel«, sagt Katja Borns-Löhn, Geschäftsführerin des Bundesverbandes der Fernstudienanbieter. Denn Arbeitnehmer*innen (kein Verdienstausfall) und Unternehmen (so gut wie keine Ausfallzeiten während der Weiterbildung) profitieren gleichermaßen von den flexiblen Studienkonzepten.
»Durch die Vermittlung über digitale Formate kann zudem über die gute Skalierbarkeit der Angebote ein größerer Lerner*innenkreis erreicht werden. So könnte problemlos eine flächendeckende Fachkräftesicherung erfolgen.« Um auch Geflüchtete oder Fachkräfte aus dem Ausland für den deutschen Arbeitsmarkt gewinnen zu können, haben viele Fernstudienanbieter fremdsprachige Weiterbildungsangebote in ihr Portfolio mit aufgenommen oder bieten Fachdeutsch für spezielle Branchen an.
Fernstudierende möchten flexible Serviceleistungen von Bildungsanbietern, die über die Wahl der Studienmaterialien hinausgehen. Sie möchten auch wählen können, ob sie studienbegleitende Seminare in Präsenz oder digital wahrnehmen. Dies führt zu einer wachsenden Verbindung von digitalen und Präsenzangeboten, einschließlich der Nutzung von Videocalls für Sprechstunden und Beratungen.
Fernstudierende wollen bei Prüfungen weder an einen Ort noch an eine feste Zeit gebunden sein. Viele Fernstudienanbieter haben deshalb bereits Online-Klausur-Konzepte entwickelt. Diese bieten den Studierenden eine größere Flexibilität und sind zu Uhrzeiten nutzbar, zu denen herkömmliche Präsenzangebote nicht angeboten werden. Es gibt jedoch unterschiedliche Bildungs- und Hochschulgesetze in Deutschland, die Online-Prüfungen nicht oder sehr explizit regeln. Daher fordert der Bundesverband der Fernstudienanbieter einheitliche und rechtssichere Rahmenbedingungen für digitale Lehre, die auch Online-Prüfungen umfassen.
Hintergrund: Was ist der Branchencheck DistancE-Learning?
Der Branchencheck DistancE-Learning ist eine Mitgliederbefragung des Bundesverbandes der Fernstudienanbieter. 76 Anbieter von Fernunterricht und Fernstudium wurden eingeladen, sich an der Erhebung zu beteiligen. Ziel der Befragung ist es, der Öffentlichkeit aktuelle Zahlen, Fakten und Prognosen über die Branche zu präsentieren, das breite Potenzial digitaler Bildung zu zeigen und auf Bildungstrends reagieren zu können. Im Zentrum der Befragung stehen praxisrelevante Einsichten und Entwicklungstendenzen der Bildungsanbieter.
Der Branchencheck wird mit Start im Jahr 2023 jährlich erhoben, sodass in der Folge Verläufe in einzelnen Befragungsschwerpunkten dargestellt werden können. Die Online-Umfrage erfolgt anonym. Angaben der Befragten lassen sich nicht auf Personen oder ihr Unternehmen/ihre Hochschule zurückführen.