Viele Studienkredite verlieren an Attraktivität: Hohe Zinssätze schrecken ab
Rückgang bei Studienkrediten in Deutschland setzt sich fort
Die Zahl der neu abgeschlossenen Studienkredite in Deutschland ist im vergangenen Jahr weiter stark zurückgegangen. Nur noch 16.564 Neuverträge markieren einen historischen Tiefstand für diese Finanzierungsform.
Experte Ulrich Müller vom Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) sieht den Bedeutungs- und Attraktivitätsverlust des KfW-Studienkredits als Hauptproblem für die Studierenden.
Steigende Zinsen schrecken ab
Ein wesentlicher Grund für den Rückgang sind die hohen Zinsen. Mit einem Effektivzinssatz von 7,51 % ist der KfW-Studienkredit in der Auszahlungsphase der teuerste Anbieter. Auch in der Rückzahlungsphase gibt es - abgesehen von den zinslosen Angeboten der Studentenwerke - kein Angebot mehr unter 4,87 %, wie der aktuelle CHE-Studienkredit-Test 2024 zeigt.
Corona-Sondereffekt verpufft
Zwischen 2013 und 2023 ging die Zahl der neu abgeschlossenen Studienkredite um fast 72 Prozent zurück. Allein im vergangenen Jahr ging die Zahl der Neuverträge um mehr als 30 % auf 16.564 zurück, das sind über 7.000 Verträge weniger als im Vorjahr.
Während der Corona-Pandemie stieg die Zahl im Jahr 2020 aufgrund von Sofortmaßnahmen der Bundesregierung kurzzeitig auf 52.000 an, dieser Effekt war jedoch nur von kurzer Dauer. Seit 2021 hält der negative Trend an.
KfW-Studienkredit verliert an Boden
Besonders dramatisch ist der Rückgang beim KfW-Studienkredit, der einst als Marktführer galt. Die Zahl der Neuverträge hat sich 2023 im Vergleich zum Vorjahr fast halbiert und liegt nun bei 8.900.
Ulrich Müller führt dies auf die abschreckenden Zinssätze zurück, die zwischenzeitlich sogar über 9 % lagen. Er betont, dass weder die Konditionen noch die Zinssätze ein attraktives Angebot darstellen.
Alternative Finanzierungsformen bevorzugen
Müller rät, vor der Aufnahme eines Studienkredits alle anderen Finanzierungsmöglichkeiten wie Nebenjobs, Stipendien, BAföG oder elterliche Unterstützung zu prüfen. Für diejenigen, die auf einen Studienkredit angewiesen sind, ist die aktuelle Situation besonders problematisch. Sie sind dringend auf akzeptable Konditionen angewiesen, um ihr Studium erfolgreich abschließen zu können.
Hohe Zinsen dominieren den Markt
Der jährliche Marktvergleich des CHE zu Studienkrediten und Bildungsfonds zeigt derzeit hohe Zinssätze bei fast allen Angeboten. Abgesehen von den zinsfreien Konditionen der Studentenwerke gibt es kein Angebot, das in der Rückzahlungsphase unter 4,87 % Effektivzins liegt.
Studienbeitragsdarlehen in der Rückzahlungsphase
Derzeit erhalten rund 45.000 Studierende in Deutschland Geld aus einem Bildungsfonds oder Studienkredit, das entspricht 1,5 % aller Studierenden. Monatlich werden rund 24 Millionen Euro ausgezahlt, durchschnittlich 535 Euro pro Person. Rund 213.000 Personen befinden sich in der Rückzahlungsphase und tilgen ihre Schulden.
CHE-Studienkredit-Test 2024
Im diesjährigen CHE-Studienkredit-Test 2024 wurden 25 Studienkredite, -darlehen und Bildungsfonds untersucht. Viele dieser Angebote erreichten erneut Spitzenwerte in den Kategorien Zugang, Kapazität, Kosten, Risikobegrenzung und Flexibilität.
Hintergrund
Der CHE-Studienkredit-Test 2024 entstand in Zusammenarbeit mit dem Handelsblatt und erscheint in diesem Jahr in seiner 19. Auflage. Er bewertet anhand von 21 Einzelkriterien Vor- und Nachteile von 25 aktuell verfügbaren Studienkreditangeboten. Datenbasis sind Selbstauskünfte der Anbieter. Mit seinen zahlreichen Detailinformationen bietet er eine transparente Marktübersicht für Studierende und Studieninteressierte. Zusätzlich kann man anhand einer Tabelle eine eigene Bedarfskalkulation erstellen.