Informationen zum Studium verringern soziale Unterschiede bei der Studienabsicht von AbiturientInnen

(Geschätzte Lesezeit: 2 - 4 Minuten)
DIW Berlin

Mit einer Langzeit-Befragung von mehr als 1.500 Berliner SchülerInnen untersuchen DIW Berlin und WZB erstmals kausale Zusammenhänge zwischen Informationen über Nutzen und Finanzierungsmöglichkeiten eines Studiums, Studienabsichten und Uni-Bewerbungen 

Wer in der Schule Informationen zum Nutzen und zur Finanzierung eines Studiums erhält, will nach dem Abitur eher studieren. Das zeigt sich insbesondere bei Kindern, deren Eltern selbst keinen Hochschulabschluss haben: Bei diesen AbiturientInnen erhöhen die bereitgestellten Informationen die Wahrscheinlichkeit, sich auf Studienplätze zu bewerben oder in zulassungsfreie Studiengänge einzuschreiben, um zwölf Prozentpunkte.

Das sind erste zentrale Ergebnisse einer neuen Langzeitstudie, für die das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) und das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) mehr als 1.500 angehende Berliner AbiturientInnen seit 2013 begleitet haben. So kann mit dem Berliner-Studienberechtigten-Panel (Best Up) zum ersten Mal für Deutschland in kausaler Weise nachvollzogen werden, ob bessere Informationen das Verhalten von SchülerInnen wirklich beeinflussen.

Erste Auswertungen zeigen: „Detaillierte und wissenschaftlich basierte Informationen über den Nutzen und die Finanzierungsmöglichkeiten eines Studiums können auf den familiären Bildungshintergrund zurückgehende Unterschiede bei der Studienabsicht reduzieren“, sagt C. Katharina Spieß, Leiterin der Abteilung Bildung und Familie am DIW Berlin und dortige Leiterin des Projekts. Die Autorinnen empfehlen daher, Jugendlichen noch in der Schule genau diese Informationen zum Studium bereitzustellen. „Besonders deutlich wurde, dass gerade für Kinder aus Nichtakademiker-Haushalten Informationen zur Finanzierung und zum Nutzen eines Studiums wichtig sind“, unterstreicht Heike Solga, Direktorin der Abteilung Ausbildung und Arbeitsmarkt am WZB und dortige Projektleiterin.

SchülerInnen schätzen Nutzen eines Studiums nach Workshop realistischer ein

Ein Team von BildungsforscherInnen am DIW Berlin und am WZB konnte im Rahmen des von der Einstein Stiftung Berlin über die Freie Universität Berlin geförderten Best-Up-Projekts erstmals für Deutschland kausal untersuchen, inwiefern die Bereitstellung von Informationen in Schulen mit der Studienabsicht zusammenhängt. Dafür befragten die ForscherInnen zwischen 2013 und 2016 wiederholt SchülerInnen an 27 Berliner Schulen. Aber nur in einigen zufällig ausgewählten Schulen wurden SchülerInnen in einem Workshop detaillierte Informationen zu Nutzen und Finanzierungsmöglichkeiten eines Studiums zur Verfügung gestellt. Um herauszufinden, wie der Workshop wirkt, verglichen die Studienautorinnen die Schulen mit und ohne Infoworkshop miteinander. Die Untersuchung basiert auf den ersten drei Befragungen des Best-Up-Projekts, in deren Rahmen SchülerInnen unter anderem nach ihrer Studienabsicht und Einschätzung zum Nutzen eines Studiums gefragt wurden.

Dabei zeigte sich, dass die vermittelten Informationen von den SchülerInnen verarbeitet werden: Zwei bis drei Monate nach dem Workshop schätzten 79 Prozent der TeilnehmerInnen die Aussichten auf einen gut bezahlten Job mit einem Studienabschluss höher ein als mit einem beruflichen Abschluss. Unter den AbiturientInnen, die nicht an einem Workshop teilnahmen, teilten diese Einschätzung nur 70 Prozent. Ein ähnliches Bild ergab sich bei der Frage nach dem Arbeitslosigkeitsrisiko mit und ohne Hochschulabschluss. Zudem wussten die WorkshopteilnehmerInnen besser über Möglichkeiten der Studienfinanzierung Bescheid.

Informationen veranlassen vor allem Nichtakademiker-Kinder, eher studieren zu wollen

Diese veränderten Nutzen-Kosten-Vorstellungen sowie das erweiterte Wissen zur Studienfinanzierung scheinen zur Anpassung der Studienabsicht beizutragen. So ergaben die Befragungen zwei bis drei Monate und ein Jahr nach dem Workshop, dass die WorkshopteilnehmerInnen eher studieren wollen als ihre MitschülerInnen, die nicht an einem Workshop teilnahmen. Das zeigt sich vor allem bei AbiturientInnen, deren Eltern keinen Hochschulabschluss haben. In dieser Gruppe lag der Anteil derjenigen mit einer Studienabsicht zwei bis drei Monate nach dem Workshop um gut acht Prozentpunkte und ein Jahr nach dem Workshop sogar um zwölf Prozentpunkte höher. Die bereitgestellten Informationen tragen vor allem dazu bei, dass Studienberechtigte aus nicht-akademischen Familien, die bereits im letzten Schuljahr vorhatten zu studieren, ihre Studienabsicht beibehalten und diese in Studienplatzbewerbungen und Einschreibungen umsetzen.

Bei angehenden AbiturientInnen aus akademischem Elternhaus sinkt die Studienabsicht nach dem Workshop kurzfristig sogar – insbesondere bei solchen mit schlechteren schulischen Leistungen. Vermutlich sind diese kurzfristigen Änderungen auf die Gegenüberstellung des Nutzens eines Studienabschlusses und eines beruflichen Abschlusses zurückzuführen. Schon ein Jahr später ist der Effekt aber nicht mehr vorhanden. Es scheint, dass bei SchülerInnen aus akademischen Elternhäusern der Einfluss der Eltern mittelfristig überwiegt – sie wollen oft nicht, dass ihre Kinder einen niedrigeren Bildungsabschluss anstreben als sie selbst.

 

 

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