Studienabbrüche im Lehramt – Ein Risiko für die Bildungspolitik

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Leeres Klassenzimmer (Symbolbild)

Kurzrezension eines Aufsatzes von Sebastian Franz im Blog »SCHULE Lernen | Bildung im 21. Jahrhundert« der Bertelsmann Stiftung. Sebastian Franz ist Bildungsforscher an der Universität Bamberg.

Warum Lehramtsstudierende ihr Studium vorzeitig abbrechen – Ursachen, Folgen und Lösungsansätze

Der Lehrkräftemangel ist seit Jahren ein wachsendes Problem im deutschen Bildungssystem, verstärkt durch sinkende Zahlen an Lehramtsabsolvent*innen und hohe Studienabbruchquoten.

Sebastian Franz beleuchtet in seinem Beitrag die Ursachen des Studienabbruchs im Lehramt und analysiert die bildungspolitischen Konsequenzen. Er weist darauf hin, dass eine realistische Einschätzung der Problematik unabdingbar ist, um wirksame Maßnahmen zu entwickeln.

Ursachen des Lehramts-Studienabbruchs: Leistungserwartungen und Praxisferne

Franz beschreibt eine Vielzahl von Gründen, die dazu führen, dass angehende Lehrkräfte ihr Studium abbrechen. Ein zentrales Problem seien die hohen Leistungserwartungen, die viele Studierende an ihre Grenzen bringen. Empirische Studien zeigen, dass geringe Studienleistungen die Wahrscheinlichkeit eines Studienabbruchs deutlich erhöhen.

Verstärkt werde diese Problematik durch die mangelnde Praxisnähe des Studiums: Studierende fühlten sich oft schlecht auf den späteren Berufsalltag vorbereitet, was zu einer Entfremdung vom Berufsziel führe.

Franz betont in diesem Zusammenhang, dass jedoch weder mangelnde Praxisorientierung noch organisatorische Mängel als alleinige Abbruchursachen identifiziert werden können. Vielmehr handele es sich um ein Zusammenspiel individueller und struktureller Faktoren.

Zahlen und regionale Unterschiede: Wie verbreitet ist das Phänomen?

Die statistische Erfassung des Studienabbruchs im Lehramt zeigt ein widersprüchliches Bild. Nach Angaben des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) liegt die Abbruchquote im Lehramt mit 20 Prozent im Bachelorbereich unter dem Durchschnitt anderer Studiengänge.

Regionale Unterschiede machen jedoch deutlich, dass dieser Wert nicht als allgemeingültig angesehen werden kann. Insbesondere aus Mecklenburg-Vorpommern liegen Studien mit Abbruchquoten von über 66 Prozent vor.

Diese erheblichen Schwankungen deuten auf eine mangelnde Vergleichbarkeit der Zahlen hin und machen deutlich, dass eine tiefer gehende Analyse notwendig ist, um den Ursachen auf den Grund zu gehen.

Die Folgen des Studienabbruchs: Konsequenzen für die Studierenden und das Bildungssystem

Die Folgen eines Studienabbruchs können für die Betroffenen ambivalent sein. Während einige den Abbruch als Scheitern erleben, sehen viele ihn auch als wertvolle Chance, sich neu zu orientieren und Wege in andere, besser geeignete Studien- oder Berufsfelder zu finden.

Aus bildungspolitischer Sicht ist jedoch jeder Studienabbruch eine Belastung für das System. Den Hochschulen gehen finanzielle Mittel verloren, und die Kapazitäten, die in die Ausbildung dieser Studierenden investiert wurden, fließen nicht in den Studienbetrieb zurück. Die Studienabbrecherquote stelle somit eine Variable dar, die Prognosen über das Lehrkräfteangebot verlässlicher und präziser machen könnte.

Lösungsansätze: Transparente Information und gezielte Unterstützung

Franz schlägt vor, dass eine transparente Kommunikation der Studieninhalte und -anforderungen potenziellen Studierenden helfen könnte, eine fundierte Entscheidung für ein Lehramtsstudium zu treffen. Diese frühzeitige Information könne unrealistischen Erwartungen vorbeugen und so die Abbruchquote senken.

Darüber hinaus wird die Bedeutung eines unterstützenden universitären Umfelds betont, das neue Lehramtsstudierende besser integriert und soziale Isolation reduziert. Der soziale Austausch und der Aufbau eines tragfähigen Netzwerkes könnten zu einer stärkeren Bindung an das Studium beitragen.

Ein gezieltes Förderprogramm für leistungsschwächere Studierende könnte ebenfalls wirksam sein, um abbruchgefährdete Studierende besser zu unterstützen und im Lehramtsstudium zu halten.

Fazit: Forschungsbedarf und differenzierte Maßnahmen erforderlich

Sebastian Franz zeichnet in seinem Beitrag ein differenziertes Bild der Ursachen und Folgen des Studienabbruchs im Lehramtsstudium. Sein Fazit weist auf die Notwendigkeit weiterer Forschung hin, um wirksame Maßnahmen zur Verringerung des Studienabbruchs im Lehramt zu entwickeln und gleichzeitig die Studienbedingungen gezielt zu verbessern.

Der Lehrkräftemangel, so die Schlussfolgerung, sei ein vielschichtiges Problem, das neben der Zahl der Studienabbrecher*innen auch durch eine bessere Abstimmung von Studieninhalten und Berufspraxis sowie eine optimierte Unterstützung durch die Hochschulen nachhaltig angegangen werden müsse.

Franz' Beitrag liefert eine wichtige Diskussionsgrundlage für die bildungspolitische Debatte um die Zukunft der Lehrerbildung.


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