Studienabbruch als Chance: Neue Perspektiven im Kampf gegen den Fachkräftemangel
Wie Studienabbrecher*innen dem Fachkräftemangel entgegenwirken können
Ein Studienabbruch wird in der Öffentlichkeit oft als Scheitern wahrgenommen. Rund 30 Prozent aller Studierenden verlassen die Hochschule ohne Abschluss.
Doch eine neue Studie des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) fordert einen Perspektivwechsel: Ein Studium ohne Abschluss muss nicht zwangsläufig als Fehlinvestition betrachtet werden.
Kompetenzen statt Zertifikate
Die Studie verdeutlicht, dass Studienabbrecher*innen zwar ohne formalen Abschluss dastehen, während ihres Studiums jedoch wertvolle Kompetenzen erwerben. Diese könnten in der Arbeitswelt oft genauso relevant sein wie ein Abschlusszeugnis.
Die Autor*innen betonen, dass der Fokus bislang zu stark auf den formalen Abschlüssen liege, während die tatsächlichen Fähigkeiten und Erfahrungen der Betroffenen häufig unterschätzt würden.
Studienabbruch: Ein häufiges Phänomen mit Potenzial
Fast ein Drittel aller Bachelor-Studierenden in Deutschland beendet das Studium ohne Abschluss. Diese hohe Studienabbruchquote wird von Politik und Wissenschaft häufig kritisiert, da sie den Fachkräftemangel verschärfe und öffentliche Bildungsinvestitionen vergeude. Doch diese Perspektive greift möglicherweise zu kurz.
Ein Paradigmenwechsel, der nicht nur den Studienabschluss, sondern auch die während des Studiums erworbenen Kompetenzen und Fähigkeiten wertschätzt, könnte die beruflichen Perspektiven von Studienabbrecher*innen verbessern.
Erste Ansätze zeigen, dass ein Studienabbruch nicht zwangsläufig ein Nachteil sein muss, sondern vielmehr eine alternative Lösung für den Fachkräftemangel darstellen kann.
Fachkräftemangel: Dringlichkeit und Lösungsansätze
Deutschland steht vor einer alarmierenden Herausforderung: Jährlich fehlen bis zu 400.000 Fachkräfte. Neben einer verstärkten Integration von Frauen, älteren Erwerbstätigen und Fachkräften aus dem Ausland könnte die Mobilisierung von Studienabbrecher*innen eine weitere Option sein.
Diese Gruppe wird bislang unterschätzt, obwohl sie mit ihren Lernerfahrungen und Kenntnissen eine wertvolle Ressource für den Arbeitsmarkt darstellt.
Wert von Bildung jenseits von Zeugnissen
Ein nicht abgeschlossenes Studium wird häufig als Verschwendung angesehen, da er der gesellschaftlichen Erwartung widerspricht, ein Studium vollständig abzuschließen. Die Bildungsforschung zeigt jedoch, dass auch ohne Abschluss wesentliche Kompetenzen erworben werden.
Diese könnten durch alternative Mechanismen wie Assessment-Center oder Probezeiten sichtbar gemacht werden, um bestehende Barrieren auf dem Arbeitsmarkt zu überwinden.
Berufsbildung als Herausforderung und Chance
Die stark spezialisierte Berufsausbildung in Deutschland bietet Vorteile für den Berufseinstieg, birgt aber auch Risiken wie eine eingeschränkte berufliche Flexibilität und die Gefahr des Fachkräftemangels in sich schnell wandelnden Branchen. Studienabbrecher*innen könnten als flexible Arbeitskräfte fungieren, die sowohl allgemeine als auch spezifische Fähigkeiten mitbringen.
Schlussfolgerung: Bildung neu denken
Eine Anerkennung der Kompetenzen von Studienabbrecher*innen würde nicht nur den Fachkräftemangel lindern, sondern auch das Bildungssystem flexibler gestalten. Im globalen Vergleich könnten solche Ansätze Innovationen fördern, die sowohl die Wirtschaftskraft stärken als auch den sozialen Zusammenhalt fördern.
VERWEISE
- Zur Studie »Probieren geht über Studieren! Impulse zum Fachkräftemangel aus der Studienabbruchforschung« ...
- vgl.: »Fachkräftemangel: Mit Kooperation statt Konkurrenz dem Studienabbruch entgegenwirken« ...
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