Fernstudium in Deutschland: Stetiges Wachstum trotz hoher Kosten

Fernlernen, E Learning (Symbolbild)

Deutlicher Anstieg der Fernstudierenden

Das Fernstudium erlebt in Deutschland einen regelrechten Boom. Derzeit sind mehr als 250.000 Menschen in einem Fernstudiengang eingeschrieben - das sind rund 9 Prozent aller Studierenden. Seit dem Wintersemester 2006/07 haben sich die Zahlen fast vervierfacht.

Dies geht aus einer aktuellen Analyse von Marc Hüsch vom Centrum für Hochschulentwicklung (CHE), hervor.

Dominanz weniger Anbieter

Mehr als die Hälfte der Fernstudierenden ist an nur zwei Hochschulen eingeschrieben. Die private, staatlich anerkannte IU Internationale Hochschule verzeichnete im Wintersemester 2022/23 mit 76.279 Studierenden knapp ein Drittel aller Fernstudierenden. An der staatlichen FernUniversität in Hagen waren im gleichen Zeitraum 62.633 Personen eingeschrieben.

Einfluss von Pandemie und flexiblen Studienmodellen

Laut Marc Hüsch haben mehrere Faktoren den Anstieg begünstigt. Besonders die Corona-Pandemie habe die Nachfrage gesteigert, da viele Hochschulen ihre Online-Angebote ausgebaut hätten. Zudem würden private Anbieter gezielt Berufstätige ansprechen, die ein flexibles Studium bevorzugen, das sich mit dem Beruf vereinbaren lässt.

Schwerpunkte im Managementbereich

Das Fernstudienangebot konzentriert sich stark auf die Wirtschaftswissenschaften. Von insgesamt 1.006 Fernstudiengängen entfallen 355 auf diesen Bereich.

Besonders verbreitet sind Studiengänge mit den Schwerpunkten Management und Unternehmensführung. Dagegen gibt es beispielsweise im Bauingenieurwesen nur 15 Fernstudienangebote.

Hohe Studienkosten und Finanzplanung

Die Kosten für ein Fernstudium variieren stark. Der Median der Studiengebühren pro Semester liegt bei 2.207 Euro. Während an staatlichen Hochschulen oft nur Semesterbeiträge wie im Präsenzstudium erhoben werden, verlangen private Hochschulen häufig vierstellige Beträge pro Semester.

Bei vielen Bachelor- und Masterstudiengängen summieren sich die Gesamtkosten auf über 10.000 Euro. Hüsch rät daher zu einer sorgfältigen Finanzplanung, auch wenn Kosten für Unterkunft oder Pendeln wegfallen.

Verzerrung der Hochschulstatistik

Ein wenig beachteter Effekt des Fernstudienbooms betrifft die Hochschulstatistik. Die amtliche Erfassung ordnet die Studierenden dem Bundesland zu, in dem die Hochschule ihren Sitz hat.

Dies führt vor allem in kleineren Bundesländern wie Thüringen, Saarland oder Hamburg zu Verzerrungen. So sind in Thüringen offiziell rund 136.000 Studierende registriert, darunter rund 77.000 Fernstudierende der IU, die vermutlich mehrheitlich nicht in diesem Bundesland wohnen.

Hüsch empfiehlt daher, Fernstudierende in der Hochschulstatistik gesondert auszuweisen oder bereinigte Daten zu verwenden, um Verzerrungseffekte zu vermeiden.

Hintergrund
Für den Artikel »Trend zum Fernstudium: Überblick über das aktuelle Studienangebot, die Entwicklung der Studierendenzahlen und Implikationen für die Hochschulforschung« wurden Daten des Statistischen Bundesamtes für das Wintersemester 2022/23 sowie des Hochschulkompasses der HRK vom Stand Juli 2023 ausgewertet. Die Publikation wurde veröffentlicht in der Reihe »Beiträge zur Hochschulforschung«, 46. Jahrgang, Ausgabe 02/2024. Autor der Analyse ist Marc Hüsch, Senior Expert für Statistik und Datenvisualisierung beim CHE Centrum für Hochschulentwicklung. 


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